Banken kaschieren Risiken:Mit wenig Kapital ein großes Rad drehen

Schuldenspielchen: Um die Bilanzen besser aussehen zu lassen, fahren die Banken ihre kurzfristigen Schulden zum Quartalsende regelmäßig herunter.

Trickreich: Internationale Großbanken senken einem Zeitungsbericht zufolge zum Quartalsende regelmäßig die Schuldenlast und verschleiern damit ihre tatsächlichen Risiken.

Kurz vor der Veröffentlichung der Ergebnisse hätten die Institute in den vergangenen fünf Vierteljahren ihre kurzfristigen Kredite deutlich herunterfahren, berichtete das Wall Street Journal.

Das Blatt berief sich dabei auf Daten der Federal Reserve Bank of New York. Im Schnitt liege die Schuldenlast dann um 42 Prozent unter den Spitzenwerten im Verlauf des Quartals. In dem Artikel werden namentlich die großen US-Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley sowie die Bank of America, JP Morgan Chase und die Citigroup genannt.

Bilanzen besser aussehen lassen

Die starke Verschuldung der Banken gilt als eine wesentliche Ursache für die Finanzkrise. Die Geldhäuser sind daher seit Monaten darum bemüht, ihre Risiken in den Büchern abzubauen, um Investoren und Regulierer zu beruhigen.

Oft geht dies mit Verlusten einher, was offenkundig die Kreativität der Finanzchefs anstachelt: Die legale Praxis, die Schuldenlast zum Quartalsende zu senken und erst anschließend wieder zu erhöhen, lässt die Bilanzen zum jeweiligen Stichtag besser aussehen. Der Zeitung zufolge gab es in den vergangenen Jahren stets Schwankungen bei den Krediten, aber nicht so stark wie 2009.

Schulden außerhalb der Bilanz geparkt

Konkret geht es den Daten zufolge um kurzfristige Finanzierungen am sogenannten Repo-Markt, die in kürzester Zeit zurückgeführt werden können. Hier besorgen sich Banken frische Mittel, die sie zum Kauf von Wertpapieren verwenden.

Diese wiederum werden als Sicherheiten für weitere Kredite eingesetzt, mit denen sie neue Papiere erwerben. Auf diese Weise können die Institute mit nur wenig eigenem Kapital durchaus ein großes Rad an den Märkten drehen.

Die Handelsgeschäfte waren im vergangenen Jahr Gewinnbringer Nummer eins für stark im Investmentbanking aktive Geldhäuser wie die Deutsche Bank. Dabei wurde stets betont, dass die Milliardengewinne trotz geringerer Risiken erzielt worden seien.

Weltweit üblich

Ein Sprecher des größten deutschen Geldhauses äußerte sich nicht dazu, ob die Frankfurter die Schulden im Quartalsverlauf ebenfalls stark herauf- und herunterfahren. Finanzkreisen zufolge ist die Praxis weltweit üblich.

Die in dem Artikel genannten Banken waren genau wie die Fed of New York zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Das Prozedere weckt es böse Erinnerungen an die Insolvenz von Lehman Brothers. Die Bank hatte ihre desolate Lage mit dubiosen Bilanzpraktiken geschönt. Sie parkte demnach rund 50 Milliarden Dollar außerhalb der Bilanz und reduzierte mit diesem als "Repo 105" bekanntgewordenen Bilanztrick ebenfalls ihre Schuldenlast. Die meisten Investoren erkannten deshalb zu spät, wie schlimm es um das Institut stand. Im September 2008 brach Lehman zusammen und löste damit eine Schockwelle an den Finanzmärkten aus.

Just zu diesem Zeitpunkt begannen die 18 US-Großbanken laut Wall Street Journal mit ihren Schuldenspielchen. Denn von da an schauten die Anleger mit Argusaugen auf die Risiken, um nicht ein weiteres Mal Schiffbruch zu erleiden.

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