Banken in der Krise:Dreck in der Geldmaschine

Die großen Finanzhäuser haben viele Probleme: Das Image ist ramponiert, die Geschäftsmodelle wackeln und kleinere Konkurrenten profitieren. Nun suchen die Banken nach Möglichkeiten, mit denen sich auch in diesen turbulenten Zeiten noch Geld verdienen lässt. Ein paar Ideen gibt es schon.

Martin Hesse

Es heißt, hochrangige UBS-Banker hätten sich in diesen Tagen im kalifornischen Pebble Beach mit Edel-Kunden zum Golf verabredet. Andere Spitzenmanager werden sich am Sonntag beim Formel-Eins-Rennen in Singapur zeigen, wo die UBS ein großer Sponsor ist. Business as usual bei der Schweizer Großbank, die vor einer Woche beichten musste, ein einzelner Händler habe mal eben 2,3 Milliarden Dollar verspielt?

Commerzbank Branches Ahead Of Earnings

"Die Lehman-Pleite war der herausragende Auslöser, aber bei weitem nicht der einzige Grund für den Wandel des Investmentbanking."

(Foto: Bloomberg)

Mag sein, dass UBS die Klischees von der verschwenderischen Gier- und Glamour-Branche weiter bedient. Normalität aber herrscht bei den großen Investmentbanken seit mindestens vier Jahren nicht mehr. Die Branche erlebt einen dramatischen Wandel. Skandale zerstören das Image, Regulatoren setzen den Finanzkonzernen zu. Vor allem aber kommen die Finanzmärkte, von denen die Investmentbanken leben, nicht zur Ruhe. Die alten Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr wie einst - und neue Konkurrenten versuchen, aus den Problemen der Etablierten Kapital zu schlagen.

Bis heute wird die Pleite von Lehman Brothers als Zeitenwende für das Investmentbanking gesehen. Zwar hat der Crash die Branche verändert wie kein zweites Ereignis - doch der Wandel begann schon früher. 2007 erreichte der Boom seinen Höhepunkt, vom Sommer dieses Jahres an ging es bergab. Im Frühjahr 2008 schluckte J.P. Morgan den Rivalen Bear Stearns und verhinderte so mit staatlicher Hilfe die Pleite. Später flüchtete Merrill Lynch in die vermeintlich starken Arme der Bank of America, die heute nur ein Schatten ihrer selbst ist.

"Die Lehman-Pleite war der herausragende Auslöser, aber bei weitem nicht der einzige Grund für den Wandel des Investmentbanking", sagt Leon Saunders Calvert, der für den Informationskonzern Thomson Reuters das Investmentbanking analysiert. Die Globalisierung und der Aufstieg der Wachstumsmärkte (Emerging Markets) verändern die Branche schon länger.

"Das Geschäft bewegt sich weg von den etablierten Volkswirtschaften in die Emerging Markets, allen voran China", sagt Calvert. Doch dort sei das Geschäft bei weitem nicht so profitabel. Es kostet Geld, neue Teams aufzubauen und überhaupt einen Fuß in die teils staatlich abgeschotteten Märkte zu bekommen. Der Wettbewerb mit lokalen Banken ist hart, der Kuchen, der zu verteilen ist, noch vergleichsweise klein.

All das hat etablierten Investmentbanken wie Goldman Sachs und Deutsche Bank im klassischen Geschäft der Beratung bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A), Börsengängen und anderen Finanzierungen schon länger zugesetzt. Doch bis 2007 war genug für alle da. Erst der Lehman-Crash warf die Frage auf, was Investmentbanken überhaupt sein sollen. Riesige Handelshäuser, die mit riskanten Spekulationen Geld für sich und ihre Kunden verdienen oder verlieren? Oder eher Berater, die Gebühren kassieren und als Makler Unternehmen und Staaten bei der Finanzierung helfen?

Die Kleinen profitieren

Nach Lehman haben Investmentbanken ihr Handelsgeschäft reduziert, auch auf Druck der Politik, die in den USA eine Trennung des Eigenhandels vom übrigen Bankgeschäft verlangt. Doch der Fall UBS zeigt, dass manche Institute weiter ein großes Rad drehen. So geben Goldman Sachs und die Deutsche Bank an, sie hätten ihren Eigenhandel weitgehend eingestellt - in Bankenkreisen hält sich jedoch das Gerücht, im Schatten des Handels für Kunden riskierten sie noch immer eine Menge auf eigene Rechnung. Insgesamt verdienen die Investmentbanken jedenfalls weniger mit dem Handel als früher, auch wenn er noch immer mehr einbringt als die Beratung.

Die Geldmaschine stottert, das zeigt auch ein Blick auf die Gesamteinnahmen. 2007 kassierten die Investmentbanken 117 Milliarden Euro an Gebühren, dieses Jahr sind es bislang nur halb so viel (Grafik). Weggebrochen sind auch die Einnahmen aus dem Geschäft mit Finanzinvestoren. Sie waren bis 2007 ein Hauptertragsbringer für Banken, nun aber backen sie kleinere Brötchen. Und jetzt setzt den Investmentbanken die Euro-Krise zu. "Die Staatsschuldenkrise wirkt negativ auf das Aktien- und Anleihengeschäft wie auch auf Fusionen und Übernahmen", sagt Wilhelm Schulz, Leiter des europäischen M&A-Geschäfts bei der Citigroup.

Die Investmentbanken suchen Antwort auf die Frage, welches Geschäftsmodell den seit 2007 ununterbrochenen Turbulenzen am besten widerstehen kann. Citibanker Schulz hält eine weltumspannende Universalbank, die alle Geschäfte abdeckt, für überlegen: "Einer der vielen Vorteile von Universalbanken ist, dass sie weniger anfällig für die starken Schwankungen in den klassischen Bereichen des Investmentbanking sind." Gerade in Zeiten großer Turbulenzen an den Märkten schätzten Kunden es, wenn eine Bank auch im Kreditgeschäft an ihrer Seite stehe. "Zudem sind große Transaktionen heute so komplex, dass eine Universalbank sie effizienter begleiten kann als ein spezialisiertes Beraterhaus."

Mag sein, doch solche komplexen Großfusionen gibt es heute selten. "Die Universal-Investmentbanken haben seit 2007 kontinuierlich Marktanteile verloren", diagnostiziert Branchenexperte Calvert. Dazu haben auch die Skandale der vergangenen Jahre beigetragen. Goldman, Deutsche Bank und andere gerieten in die Schlagzeilen, weil Staatsanwälte ihnen vorwerfen, mit komplizierten Hypothekengeschäften Kunden über den Tisch gezogen zu haben. "Viele große Investmentbanken haben in den vergangenen Jahren eine Image-Krise durchgemacht", sagt Calvert. Natürlich wirke auch der Fall UBS auf alle zurück.

Profiteure des Misstrauens, das den Großen entgegenschlägt, sind kleinere, reine Beraterhäuser. Erstens kommt ihnen der Trend zu kleineren Übernahmen und Fusionen zu Gute. Zweitens unterstellt man ihnen weniger Interessenkonflikte. Drittens suchen sie sich Nischen, in denen sie überlegenes Know How haben. Rothschild und Lazard gehören zu den etablierten Investmentbanken, die sich auf Beratung konzentrieren. Vor allem in den USA mischen daneben auch unbekanntere Namen wie Jefferies oder Evercore mit.

Doch auch in Deutschland besetzen Beraterhäuser wie Goetzpartners, Metzler oder Klein & Coll. erfolgreich Nischen. Sollen sich doch die Großen in der Formel 1 des Investmentbanking weiter blaue Flecken holen, sagt man sich dort.

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