Finanzberatung:So gewinnt der Kunde in der Bank

Von wegen: Banker haben oft nicht das Wohl des Kunden im Blick, sondern die Provision. Zehn Punkte, die Verbraucher bei der Finanzberatung beachten sollten.

H. Wilhelm und M. Zydra

1. Vor einem Beratungstermin sollte sich jeder überlegen: Was möchte ich eigentlich? Das mag trivial klingen, ist es jedoch nicht. Oft kommt es zu Beratungsgesprächen, weil der Banker den Kunden anruft und vorschlägt, er solle doch mal wieder vorbeikommen. Oder man macht in regelmäßigen Abständen einen Termin - aus dem Gefühl heraus, man sollte sich doch endlich mal um sein Geld kümmern. Deshalb ist eines ganz wichtig: Der Kunde sollte sich überlegen, was er sich von der Beratung verspricht. Gibt es kurzfristige Anliegen wie ein Festgeld, das gerade ausläuft und neu angelegt werden soll? Oder möchte man Geld zurücklegen für einen Hausbau oder für die Altersvorsorge? Je konkreter die Vorstellungen des Kunden sind, desto besser kann er das Gespräch steuern und umso weniger kann es ihm passieren, dass ihm einfach etwas verkauft wird. "Ganz wichtig ist auch, dass man sich Gedanken macht, welches Risiko man bereit ist, in Kauf zu nehmen, das heißt, mit wie viel Verlust man leben kann", sagt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Für sie ist die Beschäftigung mit der eigenen Risikoneigung zentral. Viele Anleger machen sich erst dann darüber Gedanken, wenn der Banker seine standardisierten Fragen dazu stellt - und sind dann überrumpelt. Oft bleibt die Vorstellung auch sehr theoretisch. Man kann aber vorbauen. Zum Beispiel durch Gespräche mit Freunden und dem Partner. Der Lehrstuhl für Bankbetriebslehre der Universität Mannheim hat ein Werkzeug entwickelt, mit dem Interessierte ein besseres Verständnis von Chancen und Risiken bei Geldanlagen entwickeln können.

Finanzberatung: Vorbereiten heißt die Devise, um die Tricks der Banker zu durchschauen.

Vorbereiten heißt die Devise, um die Tricks der Banker zu durchschauen.

Wie sieht mein Budget aus?

2. Ebenfalls sollte sich der Verbraucher vor der Beratung überlegen: "Wie hoch ist mein Monatsbudget? Was sind meine festen und meine variablen Ausgaben? Wie viel kann ich pro Monat realistisch zurücklegen?", empfiehlt Verbraucherschützerin Mohn. Wer sich das in Ruhe zu Hause vor der Beratung überlegt, der hat auch die Chance, noch mal in Kontoauszüge und Unterlagen nachzusehen und so einen realistischeren Eindruck von der eigenen finanziellen Situation zu bekommen.

Ein Zeuge kann nicht schaden

3. Im nächsten Schritt sollte sich der Anleger überlegen, ob er nicht jemanden zum Gespräch mitnehmen möchte. "Falls es später zu einer rechtlichen Auseinandersetzung wegen einer möglichen Falschberatung kommt, dann hat man einen Zeugen", erklärt die baden-württembergische Verbraucherschützerin Pamela Bantle. Dabei sollte es sich nicht unbedingt um die eigene Frau oder um den großen Bruder handeln: "Eine Zeugenaussage von Verwandten oder Partnern ist vor Gericht weniger gewichtig." Man sollte einen guten Freund mitnehmen, dem man vertraut. "Das hat auch den Vorteil, dass ein Außenstehender nicht involviert ist und die finanzielle Situation vielleicht objektiver betrachten kann", so Bantle. Mit dem guten Freund sollte man dann nach dem Gespräch die Empfehlungen des Beraters noch einmal in Ruhe diskutieren und ein Gedächtnisprotokoll verfassen.

Wie ist die Gesprächsführung?

4. Wenn der Bankkunde so vorbereitet und samt Bekanntem zum Gespräch erscheint, sollte er zunächst auf die Gesprächsführung des Beraters achten. "Ganz schlecht ist, wenn er sich nicht genau nach dem finanziellen Hintergrund erkundigt", sagt Verbraucherschützerin Bantle. So sollte jeder Banker zum Beispiel bei einer umfangreichen Beratung fragen, ob der Kunde noch ein Darlehen abzuzahlen hat. Ebenfalls wichtig: "Ein guter Berater verschweigt Risiken nicht, sondern spricht sie offen an", sagt Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Er sollte die Ängste des Kunden ernst nehmen, besprechen und ihn nicht dafür in eine Ecke stellen, so die Forderung der Verbraucherschützerin.

Es geht nicht ums Verkaufen

5. "Aufmerksam sollte man dagegen werden, wenn der Banker gleich auf konkrete Produkte zu sprechen kommt", warnt Bantle. Es solle schließlich nicht ums Verkaufen, sondern ums Beraten gehen.

Und immer an das Protokoll denken

6. Bankberater müssen das Gespräch mit dem Kunden protokollieren. Das Protokoll ist standardisiert: Der Kunde wird befragt zu seinem Einkommen, seiner Risikobereitschaft, seinen Zielen und seiner Erfahrung im Umgang mit Wertpapieren. "Das Protokoll soll den Kunden schützen, doch es kann die Bank auch von der Haftung befreien", sagt der Düsseldorfer Anlegeranwalt Jens Graf und gibt ein Beispiel: Häufig, so Graf, würde Kunden geschmeichelt, indem der Berater sagt, der Kunde kenne sich ja schon ganz gut aus. "Wenn dieser Satz dann im Protokoll steht, hat die Bank einen Vorteil, denn der Kunde wird ja als erfahrener Anleger beschrieben", sagt Graf. Kunden sollten sich deshalb selbstkritisch fragen, ob sie wirklich Erfahrung mit Aktien hätten. "Häufig ist es nämlich so, dass Anleger Aktien auf Anraten des Bankberaters gekauft haben, und das ist kein wirklicher Erfahrungsschatz." Und noch eine Falle kennt Graf: Wenn der Berater sagt, man könne sich das Angebot in Ruhe überlegen und erst morgen zur Unterschrift kommen. "Man sollte dann im Protokoll festhalten, dass man auf Basis der gestrigen Beratung den Vertrag unterschreibt", so Graf. Sonst sei die Bank aus der Beraterhaftung entbunden. Generell gilt: Der Kunde muss das Protokoll nicht unterschreiben; der Kunde hat aber das Recht, alles, was ihm wichtig erscheint, in eigenen Worten in das Protokoll mit aufnehmen zu lassen. Weigert sich die Bank, dann ist das ein schlechtes Zeichen.

Wie viel verdient die Bank?

7. Kunden müssen wissen, was die Bank am Verkauf des Produkts verdient. Denn nur so wird der Interessenskonflikt der Berater deutlich, wie der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach festgestellt hat. Die Geldhäuser, so die obersten Richter, könnten dem Kunden Produkte nur deshalb andienen, weil die Provision darauf sehr hoch ist - nicht aber der Nutzen für den Sparer. "Am besten sagt der Anleger dem Berater, dass er ein Produkt wünsche, das gänzlich ohne Provision - auch Kickback, Rückvergütung und Retrozession genannt -, verkauft wird. Die Bank darf nur an der Börsengebühr für den Kauf des Wertpapiers verdienen", rät Rechtsanwalt Jens Graf. Diese Bedingung, nur ein Kickback-freies Investmentprodukt erwerben zu wollen, sollte der Kunde unbedingt ins Protokoll mit aufnehmen.

Nur keine Eile

8. Keine Eile: Grundsätzlich sollte der Kunde niemals am selben Tag der Finanzberatung unterschreiben. Anleger sollten sich mehrere Angebote bei mehreren Banken einholen. Zum Vergleich der Angebote empfiehlt es sich auch, einen unabhängigen Berater miteinzubeziehen, dem der Kunde ein Honorar für die Hilfe bezahlt. Doch Vorsicht: Mancher Honorarberater verkauft zusätzlich Provisionsprodukte, deshalb sollte sich der Kunde auch bei einem Honorarberater schriftlich versichern lassen, dass er nicht doppelt kassiert.

Aber doch nicht am Telefon

9. "Wenn der Kunde zu Hause von einem Finanzberater angerufen wird, sollte man sofort auflegen", rät Rechtsanwalt Jens Graf. Sobald man sich auf ein Gespräch einlasse, habe man verloren.

Zwei Wochen Widerrufsfrist

10. Kunden dürfen Geschäfte, die am Telefon, per Fax, Post und E-Mail abgeschlossen wurden, innerhalb von zwei Wochen widerrufen. "Grundlage ist das Fernabsatzgesetz. Dazu kommt das Haustürwiderrufsrecht bei zu Hause oder am Arbeitsplatz abgeschlossenen Verträgen,", sagt der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil. "Doch sobald der Kunde am Schalter unterschreibt, ist das Geschäft endgültig besiegelt", so Mattil; es sei denn, der Anbieter räume ein freiwilliges Widerrufsrecht ein. Einzig Privatdarlehen dürften laut Verbraucherkreditgesetz immer widerrufen werden, egal auf welche Art sie abgeschlossen wurden.

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