Auswirkungen des Börsencrashs:Schlechte Aktien für Deutschlands Zukunft

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Der Kursrutsch an den Börsen droht die Ressentiments gegen sinnvolle Geldanlagen zu verstärken. Das ist kein gutes Zeichen, denn Aktien sind keineswegs viel riskanter als festverzinsliche Papiere oder Immobilien - aber sie bieten höhere Ertragschancen.

Alexander Hagelüken

Die beiden Nachrichten treffen zufällig zusammen, doch sie sagen viel aus. Weltweit beben die Finanzmärkte. Und gleichzeitig wird bekannt, dass nur noch eine halbe Million Bundesbürger Aktien halten, so wenige wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Wunderbar, wird sich mancher Skeptiker denken, der die Börsen für ein gefährliches Kasino hält: Wenigstens sind die meisten Deutschen von diesem Wahnsinn, von dieser Geschäftemacherei der Banken nicht betroffen.

In Wahrheit ist es kein gutes Zeichen, dass wohl viele Bundesbürger in den vergangenen Jahren trotz des Booms bei Zertifikaten einen Bogen um Aktien machten. Und es besteht die Gefahr, dass viele aus dem Crash an den Börsen erneut die falschen Schlüsse ziehen.

Was sich gerade an den Börsen abspielt, hat durchaus Logik. Die Kurse in den Vereinigten Staaten und Europa waren aufgeblasen. In ihnen steckte zu viel billiges Geld der US-Notenbank, steckten leichtfertig vergebene Kredite und die Gier von Investoren nach kurzfristigen Profiten. Nun entweicht seit Monaten die Luft aus den Notierungen, und diese Korrektur könnte durchaus noch Wochen oder Monate anhalten.

Selbst nachdem die amerikanische Notenbank am Dienstag erneut die Zinsen gesenkt hatte, sind die Probleme nicht beseitigt. Die dauernden Geldspritzen von Fed-Chef Ben Bernanke sind Teil der Probleme, weil sie die Aktienkurse zu sehr von der Realität entfernen, vom Wirtschaftswachstum und den Unternehmensgewinnen.

Die näheren Aussichten für die Börsen sind also wenig positiv. Doch man sollte die aktuellen Kursverluste in den richtigen Zusammenhang stellen. Wer vor zehn Jahren Papiere des Deutschen Aktienindex Dax kaufte, hat bis heute ohne Dividenden mehr als fünfzig Prozent gewonnen - das Platzen der dot.com-Blase zu Anfang des Jahrtausends eingerechnet.

Wer das Glück hatte, vor fünf Jahren direkt nach der Blase einzusteigen, hat seinen Einsatz sogar fast verdreifacht. Solchen langfristigen Investitionen können aktuelle Kursverluste viel weniger anhaben, als all die Fernsehbilder von entsetzten Börsenmaklern suggerieren.

Wer mit einigen Jahren Perspektive an den Börsen anlegt, für den sind Aktien keineswegs viel riskanter als festverzinsliche Papiere oder Immobilien, aber sie bieten höhere Ertragschancen. Das liegt daran, dass die Aktienmärkte eben kein Glücksspiel-Casino sind. Auf Dauer steigen die Kurse nur, wenn die Volkswirtschaften wachsen und die Unternehmen Geld verdienen. Auf mehrere Jahre gesehen, sind die Aussichten dafür nicht schlecht.

So haben sich etwa die deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren umstrukturiert, um global wettbewerbsfähiger zu sein. Und es entstehen neue Wirtschaftsmächte wie China und Indien mit profitablen Unternehmen und zahlungskräftigen Konsumenten. Alles Chancen für Anleger. Der Börsenboom der vergangenen Jahre ist auch diesen realwirtschaftlichen Erfolgsfaktoren zu verdanken - und nicht nur Übertreibungen wegen billigen Notenbankgeldes und leichtfertiger Immobilienkredite.

Im derzeitigen Abwärtstrend droht alles, Erfolgsfaktoren wie Exzesse, zu einem stinkenden Gebräu vermischt zu werden, das den Bundesbürgern signalisiert: Finger weg von Aktien! Wenn die Masse der Deutschen diese Maxime verinnerlicht, wird die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich zunehmen.

Mit Aktien konnte man in den vergangenen Jahren viel Geld verdienen. Diese Gewinne haben vor allem die erzielt, die schon wohlhabend waren. Viele andere Deutsche klammerten sich an Sparbücher - und bescherten so höchstens Aktionären von Banken gute Profite. Diese gesellschaftliche Zweiteilung ist umso prekärer, als die Deutschen in Zukunft wegen der schrumpfenden gesetzlichen Rente mehr privat fürs Alter vorsorgen müssen. Und dafür eignet sich ein gewisser Anteil von Aktieninvestments besonders gut.

© SZ vom 23.1.2008/sho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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