Auswirkungen der Finanzkrise:Morgan Stanley holt Japaner an Bord

In den achtziger Jahren fürchtete Amerika noch die "gelbe Gefahr". Heute ist das Geld aus Asien hochwillkommen.

Christoph Neidhart

Mitsubishi UFJ wird sich mit 900 Milliarden Yen, etwa 5,8 Milliarden Euro, bei Morgan Stanley einkaufen. Mit dem Deal, der "so bald wie möglich" abgewickelt werden soll, gehen bis zu 20 Prozent von Morgan Stanley in den Besitz der japanischen Megabank über. Morgan Stanley ist nicht nur keine Investmentbank mehr; das Institut ist auch nur noch zu zwei Dritteln amerikanisch. Schon im Dezember verkaufte die Bank 9,9 Prozent ihrer Anteile an die China Investment Corporation, den Staatsfonds Chinas.

Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ

Die Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ will Anteile an Morgan Stanley kaufen.

(Foto: Foto: dpa)

Schon im August hat Mitsubishi UFJ die kalifornische Regionalbank UnionBanCal, die ihr zum Teil bereits gehörte, vollständig übernommen. Am Montag schnappte sich der japanische Finanzdienstleister Nomura für nur 20 Milliarden Yen (1,3 Milliarden Euro) die Ableger von Lehman Brothers in Asien. Auch um die Trümmer der Lehman-Niederlassungen in Europa bietet Nomura mit.

Kurz vor Bankrott sah es so aus, als könne Lehman Brothers in asiatischen Händen überleben. Die staatliche Korean Development Bank KDB hatte über eine Teilübernahme verhandelt, lehnte schließlich jedoch ab, weil die Konditionen der Koreaner den Lehman-Managern zu schlecht waren.

Konservative Banken

Wie in New York und in Europa hat der Kollaps der alten Wall Street auch die Börsen in Asien auf wilde Talfahrt geschickt. Im Westen deutet man dies als ein Übergreifen der Finanzkrise auf die gesamte Wirtschaft. Doch in Asien taugen die Börsen kaum als Konjunkturindikatoren - und nur bedingt als Beweis für ein gesundes Finanzwesen.

Als Japans Banken in Anfang der neunziger Jahren unter der Last fauler Kredite fast zusammenbrachen, bewegte sich der Nikkei nahe 20000. Inzwischen sind die Bank saniert, aber der Nikkei dümpelt bei 12090. Ähnliches gilt für China.

Außer an den Börsen hat sich die jüngste Kreditkrise in Japan bisher kaum bemerkbar gemacht. Die Banken sind konservativ, sie haben sich, das wurde ihnen oft vorgeworfen, den neuen Instrumenten der Schuldverbriefung verweigert. Deshalb erleiden sie nach dem Kollaps der vermeintlichen finanziellen Wunderpapiere nun weniger Verluste.

Shinsei, Mizuho, mehrere Regionalbanken und auch Mitshubishi UFJ haben zwar Geld verloren - sie hatten große ausstehende Guthaben bei Lehman - und müssen ihre Gewinnerwartung deshalb reduzieren. Aber das sind Abschreibungen, die ihr Überleben nicht bedrohen. Gewiss wird die Kreditkrise auf Japans Exporte drücken und sich so auf die Wirtschaft auswirken. Das Land befindet sich bereits in einer milden Rezession, aber dramatische Folgen erwarten Volkswirte nicht.

Gefragte Staatsfonds

Als Japan in den achtziger Jahren boomte, floss schon einmal viel Geld in die USA. Japanische Investoren kauften das Rockefeller-Center in New York, Columbia Motion Pictures, Nintendo und vieles mehr. Bis das Kaiser Wilhelm zugeschriebene Wort von der "Gelben Gefahr" umging und der US-Kongress das Geld aus Japan abzuwehren begann. Jetzt ist Geld aus Asien willkommen. Viel Geld. Auch aus Staatsfonds, die bloß stille Teilhaber würden, wie die G8-Finanzminister noch im Frühjahr versicherten. Als ob US-Investoren in Asien stets stille Teilhaber gewesen wären.

US-Finanzminister Henry Paulson hat die Partnerstaaten aufgefordert, ihre Banken nach seinem Modell ebenfalls zu "retten". In Tokio stieß er damit auf Unverständnis. Japans Banken sind saniert, ihre Kassen voll. Ihnen drohte zu Beginn des Jahrzehnts ein ähnliches Debakel. Bis der Staat sie einer vergleichbaren Restrukturierung unterzog.

Daraus ist Mitsubishi UFJ hervorgegangen, eine Fusion der Bank des einstigen Rüstungsbetriebs Mitsubishi und der skandalgeplagten UFJ (United Financial of Japan), deren wichtigster Anteileigner der Autokonzern Toyota war. Die beiden Banken waren damals weltweit die Firmen, welche die größten Verlust einfuhren. Jetzt entdeckt ihre Nachfolge-Bank in den Trümmern der US-Kreditkrise immer neue Kaufgelegenheiten.

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