Aufstockung:Oben geht noch was

Dem Himmel ein Stück näher ? Späteren Dachausbau einplanen

Ist der Dachstuhl hoch genug, kann er auch Jahre später noch ausgebaut werden. Was neuen Wohnraum schafft, sorgt bei Mietern manchmal für Ärger.

(Foto: Kai Remmers/dpa-tmn)

Viele Vermieter wollen ihren Dachboden ausbauen, doch die Regeln dafür sind kompliziert. Was Eigentümer und Mieter wissen sollten.

Von Andrea Nasemann

Wohnraum in den Städten ist knapp. So mancher Eigentümer überlegt deshalb, den Dachspeicher auszubauen. Allerdings ist dieses Vorhaben rechtlich betrachtet nicht immer unkompliziert. Kann ein Mieter zum Beispiel den Dachboden aufgrund eines separat geschlossenen Mietvertrags nutzen, darf der Vermieter den Raum bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit nicht einfach kündigen. Beide Seiten müssen sich dann in einem Aufhebungsvertrag über die Beendigung des Mietvertrags einigen.

Ist der Speicher dagegen mitvermietet, darf er innerhalb einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, wenn der Vermieter durch den Ausbau neue Mietwohnungen schaffen will. "Der Vermieter muss darlegen, was er konkret bauen will. Das Bauvorhaben muss auch zulässig sein", erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

Die neuen Wohnungen müssen später auch tatsächlich vermietet werden. Es genügt nicht, wenn der Vermieter selber einziehen will. Nicht zulässig ist eine Teilkündigung des Dachbodens, wenn der Vermieter die Räume weiterverkaufen will und erst der Käufer Wohnraum schafft. "Auch wenn der Vermieter eine Teilkündigung des Dachbodens zu Recht ausgesprochen hat, kann der Mieter eine Härte einwenden und gestützt auf die sogenannte Sozialklausel widersprechen", ergänzt Ropertz. Zudem hat der Mieter, der den Dachboden räumen muss, Anspruch auf eine entsprechende Reduzierung der Miete.

Nicht nur die Mieter eines Dachbodens können ihr Nutzungsrecht verlieren. Auch die anderen Mieter im Haus müssen es dulden, wenn der Vermieter den Dachboden ausbauen will. Sie müssen es hinnehmen, wenn wegen des Dachausbaus Versorgungsleitungen durch ihre Wohnungen gezogen werden. Werden zusätzlich ein Aufzug oder verstärkte Steigleitungen eingebaut, kann der Vermieter elf Prozent der Kosten pro Jahr auf die Mieter umlegen, die von dieser Wohnwertverbesserung profitieren.

Soweit es während der Bauphase zu Beeinträchtigungen wegen Lärm oder Dreck kommt, können die betroffenen Mieter die Miete mindern. Für die Höhe der Mietminderung kommt es immer auf den Einzelfall an und darauf, wie Gerichte darüber entschieden haben. Bei einem Dachgeschossausbau direkt über der Wohnung eines Mieters hatte das Landgericht Berlin wegen Dreck und Lärm eine Minderung von 33 Prozent anerkannt (64 S 357/95). Zehn Prozent konnte ein Mieter verlangen, der durch erheblichen Lärm infolge Arbeiten mit der Kreissäge und Bohrmaschine beeinträchtigt war. Der gestörte Fernsehempfang begründete weitere fünf Prozent Minderung, da die Gemeinschaftsantenne entfernt wurde. Das verschmutzte Treppenhaus wurde zusätzlich mit zwei Prozent angesetzt (Landgericht Berlin, 63 S 439/93). 50 Prozent sprach der Bundesgerichtshof einem Mieter zu, der direkt im Dachgeschoss wohnte. In der Wohnung wurden über einen Zeitraum von einer Woche sämtliche Dachziegel entfernt und diese über eine Bauschuttrutsche in einen Container befördert. Die Beeinträchtigungen wurden mit 40 Prozent und das Gerüst mit zehn Prozent bewertet (VIII ZR 181/12).

Geht der Dachgeschossausbau mit einer Dämmung der Dachgeschossdecke einher, entfällt das Mietminderungsrecht des Mieters für die ersten drei Monate der Sanierungsmaßnahmen. Das Minderungsrecht des Mieters ist aber nur dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine energetische Sanierung handelt - reine Reparatur- oder Erhaltungsmaßnahmen zählen hier nicht. "Wenn der Mieter wegen des Dachgeschossausbaus seine direkt darunterliegende Wohnung überhaupt nicht mehr benutzen kann, kann er in jedem Fall die Miete mindern", erklärt der Münchner Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Heiko Wagener. In diesem Fall braucht der Mieter gar keine Miete mehr zu bezahlen. Der Mieter muss dann das Ausmaß beziehungsweise die Ursache der Gebrauchsbeeinträchtigung darlegen, er muss aber keine Minderungssätze angeben.

"Bei Bauarbeiten sind Vermieter gut beraten, frühzeitig die Mieter zu informieren und das Ausmaß der bevorstehenden Baumaßnahmen zu erklären", rät Rechtsanwalt Wagener. Denn wer rechtzeitig und offen kommuniziert, trifft als Vermieter auf mehr Verständnis, als wenn er den Mieter vor vollendete Tatsachen stellt.

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