Aufschwung an den Börsen:Mindestens ein Zwischenhoch

Deutschlands Leitindex Dax steigt über 5000 Punkte, und Asiens Börsen sind geradezu euphorisch. Beobachter warnen trotzdem vor möglichen Rückschlägen.

S. Boehringer und A. Hagelüken

Am Montag war es soweit: Der Deutsche Aktienindex stieg über 5000 Punkte - neuer Höhepunkt eines Zwischenspurts, bei dem Standardaktien seit Anfang Juli mehr als zehn Prozent zulegten.

Aufschwung an den Börsen: Erstaunliche Erholung: Die Börsennotierungen in den Schwellenländern aber auch in den Industriestaaten haben sich trotz der Finanzkrise seit dem Frühjahr erholt. Für dern Vergleich verschiedener Börsencharts klicken Sie bitte auf das Bild.

Erstaunliche Erholung: Die Börsennotierungen in den Schwellenländern aber auch in den Industriestaaten haben sich trotz der Finanzkrise seit dem Frühjahr erholt. Für dern Vergleich verschiedener Börsencharts klicken Sie bitte auf das Bild.

(Foto: Grafik: SZ, Foto: Reuters)

Die Kletterei konterkariert Skeptiker, die dem Dax nach dem Anstieg von März bis Juni einen langen Abstieg voraussagten, weil die Krise grausiger werde als bisher gedacht. Viel stärker noch als der Dax entwickeln sich Börsen in Schwellenstaaten. Wie geht es weiter? Hier die wichtigsten Argument, ob der Daumen für die nächsten Monate nach oben zeigt - oder nach unten.

Christian Jasperneite, Chef-Anlagestratege beim Bankhaus M.M. Warburg, hält die jüngste Rally teils für "liquiditätsgetrieben". Will sagen: Die Finanzmärkte haben in den vergangenen Monaten viel Geld von den Zentralbanken bekommen, das zumindest teilweise angelegt sein will.

Lukrative Anlagen aber sind wegen des niedrigen Zinsniveaus dünn gesät. Da verfällt mancher darauf, auf eine schnelle Entspannung der Weltkonjunktur zu setzen oder auch aus langfristigen Erwägungen schon mal in Aktien zu investieren - ganz in der Hoffnung, dass es keine schweren Rückschläge gibt.

Die Konjunktur erholt sich

"Es gibt ein Tauziehen am Markt zwischen denen, die glauben, das Glas ist halb voll und denen, die es nach wie vor für halb leer halten", erklärt Gerhard Schwarz, Leiter der globalen Aktienstrategie bei Unicredit in Deutschland.

Sein Researchteam besteht aus Anhängern der optimistischen Variante. Positiv sind zum Beispiel einige Quartalsberichte der vergangenen Wochen. Und: "Deutschland als Exportnation profitiert von der Stabilisierung des Welthandels", erläutert Schwarz. Und in den Schwellenstaaten ist dieser Effekt noch viel deutlicher. Die Exportnationen waren zu Beginn der Krise deutlicher abgestürzt als solche Länder mit guter Binnenkonjunktur. Wenn sich jetzt der Welthandel stabilisiert, kommt ihnen das zugute - und ihren Börsen.

China beispielsweise meldete für das zweite Quartal ein Wachstum von fast acht Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Und damit mehr, als erwartet worden war. Entsprechend gehört der Aktienmarkt in Schanghai mit einem Plus von 75 Prozent seit Jahresbeginn zu den Börsen, die am meisten hinzugewonnen haben.

Schwellenländer boomen

Chinas Aktienmärkte sind für Ausländer undurchsichtig, doch ihr Kursanstieg ist kein Einzelfall. Auch Brasilien und Indien boomen. Die Krise fällt in vielen Schwellenländern weniger stark aus, als noch vor einigen Wochen befürchtet. Sie verzeichnen höchstens eine Wachstumsdelle. Weshalb manche Anleger und Analysten auf diese Märkte setzen. Skeptiker warnen jedoch, dass der Kursanstieg in einigen Staaten die Züge einer neuen Blase trage.

Ja, der Deutsche Aktienindex meldet für die vergangene Woche mit fast neun Prozent den stärksten Kursanstieg des ganzen Jahres. Nur: Der Anstieg fand bei relativ dünnen Umsätzen statt - ein Anzeichen dafür, dass er nicht von Dauer sein könnte.

Angesichts der anhaltenden Rezession zumindest in den Industriestaaten sind einige Beobachter sehr skeptisch, ob die jüngsten Anstiege anhalten. "Die Luft an den Aktienbörsen wird etwas dünn in dieser Höhenlage. Da ist viel Rückschlagspotenzial vorhanden", meinte ein Händler am Montag. Der deutsche Leitindex ist nur noch gut drei Prozent von seinem Jahreshoch von 5177 Punkten entfernt.

Steigerung auf niedrigem Niveau

Während die Schwellenländer zumindest robustes Wachstum zeigen, kann davon bei den Industriestaaten noch nicht die Rede sein. Einige Beobachter gießen deshalb Wasser in den Wein. Die Aktienmärkte kalkulierten gerade eine schnelle Erholung der Konjunktur ein, sagt Anlagestratege Jasperneite von M.M. Warburg.

"Eine schnelle Erholung ist aber selbst nach den jüngsten positiven Konjunkturzahlen so nicht zu erwarten", warnt er. Das V-Szenario - schnell runter, aber auch steil wieder rauf - sei unrealistisch. Zu niedrig sei die Kapazitätsauslastung in vielen Branchen, die jüngsten Erfolgsmeldungen basierten zum Teil auf einer Steigerung auf sehr niedrigem Niveau. Jasperneite hält den Dax daher für relativ hoch bewertet.

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