Aufruhr an der Wall Street:Dow Jones zu verkaufen

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Er ist das Symbol der Wall Street schlechthin - jetzt soll er verkauft werden: der Dow-Jones-Index. Sein Eigner Murdoch braucht Geld.

Nikolaus Piper

Wer wissen will, wie es der amerikanischen Wirtschaft geht, der schaut zuerst auf den Dow Jones. Der Dow Jones Industrial Average (DJIA) ist der berühmteste aller Aktienindizes; er wird seit 113 Jahren berechnet und umfasst heute die 30 wichtigsten US-Industrie- und Finanzunternehmen.

Medienunternehmer Murdoch, dem der Verlag Dow Jones & Co. gehört, hat das Indexgeschäft zum Verkauf gestellt. (Foto: Foto: AP)

Doch nun muss sich die Welt möglicherweise bald auf einen neuen Namen für den Dow einstellen. Der Medienunternehmer Rupert Murdoch, dem der Verlag Dow Jones & Co. gehört, hat das Indexgeschäft zum Verkauf gestellt. Wie das Wall Street Journal berichtet - die Wirtschaftszeitung gehört ebenfalls zu Murdochs Reich -, wurde die Investmentbank Goldman Sachs damit beauftragt, einen Erwerber für die Indizes zu finden.

Stolze Geschichte

Als mögliche Käufer gelten die Agentur Bloomberg und die New York Stock Exchange, die Börse an der Wall Street selbst. Ein neuer Eigentümer würde vermutlich den Namen ändern müssen, weil der Verlag Dow Jones & Co seinen wertvollen Markennamen schützen will.

Verkauf und Namensänderung wären ein Einschnitt für die Wall Street. Der Dow blickt auf eine lange und stolze Geschichte zurück. Ende 1882 gründete der damals 31 Jahre alte Journalist Charles Dow in Manhattan ein Unternehmen zur Verbreitung verlässlicher Finanznachrichten. Zusammen mit seinen Partnern, dem Statistiker Edward Jones und dem Journalisten Charles Bergstresser, gab er den Customer's Afternoon Letter heraus, einen zunächst handgeschriebenen Börsenbrief, aus dem 1889 das Wall Street Journal wurde.

Bereits 1884 veröffentlichte Dow Jones & Co. einen Index, der neun Eisenbahngesellschaften, eine Dampfschifffahrtslinie und das bis heute bestehende Finanzunternehmen Western Union umfasste. Er sollte eine repräsentative Bilanz des Börsentages liefern.

Am 26. Mai 1896 erschien im Wall Street Journal erstmals der Dow Jones Industrial Average, damals noch aus zwölf Unternehmen bestehend. Der Index schloss nach dem ersten Handelstag bei 40,94 Punkten. 113 Jahre später, am vorigen Freitag, erreichte er 9506 Punkte. Der Mischkonzern General Electric ist das einzige Unternehmen, das seit 1896 ununterbrochen im Dow vertreten ist.

Rüsten fürs Internet-Zeitalter

Warum will Murdoch überhaupt so ein Juwel verkaufen? Offizielle Erklärungen gibt es nicht, wohl aber begründete Vermutungen: Es ist die Medienkrise. Murdoch hatte Dow Jones im Herbst 2007, kurz vor Ausbruch der Krise, für 5,3 Milliarden Dollar gekauft, weil er das Wall Street Journal haben wollte.

Es war zu viel Geld: Bisher musste Murdochs Konzern News Corp. 2,8 Milliarden Dollar auf die Neuerwerbung abschreiben. Gleichzeitig investiert Murdoch Milliarden, um seine Zeitungen, darunter das Wall Street Journal, für das Internet-Zeitalter zu rüsten. Er braucht also Geld. Da liegt es nahe, Geschäftsteile zu verkaufen, die nicht notwendig sind, aber trotzdem hohe Erlöse bringen können.

So ein Geschäftsfeld sind die Indizes. Dow Jones gibt Tausende Indizes heraus, neben dem DJIA etwa den Dow Jones Stoxx 600, einen wichtigen Indikator für die europäischen Märkte. Die Indizes bringen, anders als Murdochs Zeitungen, stabile Erträge. Die Kunden, überwiegend Finanzinstitute, zahlen für die Nutzung Abonnement-Gebühren. Der Wert der Indizes wird an der Wall Street auf 700 Millionen Dollar geschätzt. Offen bleibt, ob jemand so viel Geld zu bezahlen bereit ist, wenn er kurz danach den berühmten Namen Dow Jones aufgeben muss.

© SZ vom 24.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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