Armut:Stumme Schreie

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In Afrika gibt es nach wie vor keine Verbesserung der Armut. Dennoch bleibt die Hoffnung: In Ostasien verzeichnet die Weltbank deutliche Fortschritte.

Nikolaus Piper

Insgesamt 1,4 Milliarden Menschen müssen mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag auskommen. Nach einer neuen Studie der Weltbank ist die Zahl der Armen um eine knappe halbe Milliarde höher als bisher vermutet. Trotzdem gebe es große Fortschritte, schreiben die Experten der Bank.1981 lebte in den Entwicklungsländern jeder Zweite in extremer Armut, heute ist es nur noch jeder Vierte. 2,6 Milliarden Menschen verfügen über weniger als zwei Dollar am Tag.

In Afrika ist die Lage unverändert schlecht: 50 Prozent der Menschen leben in Armut. (Foto: Foto: dpa)

Ziel zum Greifen nahe

Die Zahlen zeigten, dass die Welt vermutlich das Ziel erreichen werde, bis 2015 die extreme Armut gegenüber dem Stand von 1990 zu halbieren, sagte Justin Lin, Chefökonom der Weltbank. Die Halbierung der Armut gehört zu den so genannten Millenniums-Zielen, die die Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2000 in New York beschlossen hatte.

Insgesamt 600 Millionen Menschen konnten seit 1981 der Falle extremer Armut entkommen, sie sind aber nach dem Stand von Schwellenländern und erst recht von Industrieländern immer noch arm, so die Weltbank.

Die Revision der Zahlen ist das Ergebnis besserer Daten über die Lebenshaltungskosten, die die Experten durch Haushaltsbefragungen in vielen Entwicklungsländern ermittelt hatten. Die Marke von 1,25 Dollar entspricht der Armutsgrenze im Durchschnitt der ärmsten Länder.

Bisher wurde meist von einer etwas niedrigeren Armutsgrenze von einem Dollar ausgegangen. Die Ergebnisse der Studie reflektieren noch nicht die Konsequenzen der jüngsten Preisexplosion bei Energie und Lebensmitteln.

China und Indien im Aufschwung

Dramatische Fortschritte bei der Armutsbekämpfung hat vor allem Ostasien erzielt. Im Jahr 1981 war dies noch die ärmste Region der Welt, in China lebten damals 835 Millionen Menschen von weniger als 1,25 Dollar pro Tag (in heutigen Preisen), 2005 waren es nur noch 207 Millionen.

Auch außerhalb Chinas ist der Anteil der Armen in Ostasien deutlich von 40 auf 29 Prozent gesunken, wegen des Bevölkerungswachstums ist deren absolute Zahl jedoch gleich geblieben. In Indien ist die Zahl der Menschen in extremer Armut zwar von 420 auf 455 Millionen gestiegen, deren Anteil ging jedoch von 60 auf 42 Prozent zurück.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wo sich die Lage noch keineswegs verbessert hat.

Unverändert ernst ist die Lage in Afrika. Der Anteil der Menschen in extremer Armut liegt bei 50 Prozent. Sie ist genauso hoch wie zu Beginn der achtziger Jahre. Mitte der neunziger Jahre war dieser Anteil sogar bis auf 56 Prozent gestiegen; seither ist er wieder leicht gesunken.

Das ist Ausdruck der Wachstumserfolge einiger afrikanischer Staaten. Die Zahl der Armen auf dem Kontinent hat sich trotzdem seit 1981 von 200 auf 380 Millionen fast verdoppelt.

Im Durchschnitt geben arme Afrikaner nach Ermittlungen der Weltbank nur 70 US-Cents am Tag aus. Wenn der Trend anhielte, würden bis 2015 ein Drittel aller Armen der Welt in Afrika leben, schreiben die Experten. "Da die Armut in Afrika so tief ist, braucht man hier mehr Wachstum als in anderen Regionen, um dieselbe Wirkung auf den Abbau der Armut zu erzielen."

Weniger Arme in Lateinamerika

Schwierig ist die Armutsbekämpfung auch in den Ländern mit mittlerem Einkommen. Hier sprechen die Experten von einer regelrechten "Hürde" für die Armen: Für Schwellenländer legte die Weltbank die Armutsgrenze bei zwei Dollar pro Tag fest.

Zwar sei es in Lateinamerika und im Nahen Osten gelungen, den Anteil der nach diesem Maßstab Armen zu senken, wegen des Bevölkerungswachstums habe dies aber nicht gereicht, um auch die absolute Zahl der Besitzlosen zu senken. In Osteuropa und Zentralasien gebe es sogar relativ mehr Arme als 1981. Dort hat sich die Lage allerdings in jüngster Zeit leicht gebessert.

© SZ vom 28.8.2008/kim/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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