Architekt Tom Kaden:"Wir bauen oberhalb der Hochhausgrenze"

Ein Gespräch über die Vorteile vorgefertigter Holzkonstruktionen und das fehlende Blockhausfeeling.

Interview von Sabine Richter

Tom Kaden gehört zu den Pionieren im Holzbau. Er ist Geschäftsführer der Kaden+Lager GmbH und führt gerade in Heilbronn den Nachweis, dass Bauen mit Holz auch über die Hochhausgrenze hinaus möglich ist.

SZ: Der mehrgeschossige innerstädtische Holzbau scheint sehr gute Perspektiven zu haben. Woher der Sinneswandel?

Tom Kaden: Ich möchte noch nicht gleich von einem Sinneswandel sprechen, sondern eher von einer zunehmenden Sensibilisierung zum Zusammenhang der Themen nachwachsende Baustoffe und Klimaerhitzung. Wir dürfen bei aller Euphorie nicht vergessen, dass die mehrgeschossigen urbanen Holzkonstruktionen in Deutschland noch bei zwei Prozent Marktanteil liegen. Gerade die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern bilden die wahre Leistungsfähigkeit des modernen Holzbaus nicht ab. Eine rühmliche Ausnahme bildet hier die novellierte Bauordnung des Landes Baden-Württemberg.

Sind tatsächlich auch Hochhäuser in Holzbauweise möglich?

Natürlich! Nicht nur wir planen und bauen oberhalb der Hochhausgrenze. Es gibt aktuelle Planungen in Wien mit 24 Stockwerken, gebaute Beispiele in Vancouver, Bergen und London.

In den Ballungsgebieten herrscht ein dringender Mangel an preiswerten Wohnungen. Ist Holz eine Lösung?

Die präfabrizierte mehrgeschossige Holzkonstruktion ist geradezu prädestiniert für die innerstädtische Verdichtung. Wir können mit dem gut geplanten Holzbau extrem kurze Bauzeiten realisieren, haben im Vergleich zu anderen Baustoffen geringere Konstruktionsflächen und bauen mit einem Werkstoff, der - man kann es nicht oft genug sagen - im europäischen Wald nachwächst.

Architekt Tom Kaden: Tom Kaden, Jahrgang 1961, ist Architekt und Geschäftsführer der Kaden+Lager GmbH in Berlin. Mit dem Baustoff Holz beschäftigt er sich seit vielen Jahren, auch mit der industriellen Vorfertigung.

Tom Kaden, Jahrgang 1961, ist Architekt und Geschäftsführer der Kaden+Lager GmbH in Berlin. Mit dem Baustoff Holz beschäftigt er sich seit vielen Jahren, auch mit der industriellen Vorfertigung.

(Foto: oh)

Was spricht insbesondere für Holz als Material für serielles Bauen?

Serielles Bauen geht eigentlich auch in seinen Ursprüngen auf den Holzbau zurück. Ich verweise hier zum Beispiel auf die frühen Entwicklungen von Konrad Wachsmann mit seinen Entwürfen für das Unternehmen Christoph & Unmack. Wir können heute alle Wände, Decken und Dächer komplett vorfertigen und weitestgehend wetterunabhängig montieren. Dabei spielt natürlich die Serie, die Wiederholbarkeit, eine große Rolle. Und natürlich muss und kann serielles Bauen städtebaulich-architektonisch anspruchsvoll sein.

Bisher galten Schall- und Brandschutz sowie Wärmedämmung als Schwachstellen. Sind diese Probleme gelöst?

Darauf gibt es eine einfache Antwort: Alle anstehenden Bauaufgaben sind mit dem Baustoff Holz sicher zu realisieren. Wir stehen hierbei für das sogenannte hybride Bauen, das heißt wir sagen nicht, dass man nur mit Holz glücklich wird. Wir mischen mit den Werkstoffen Stahl und Stahlbeton, wo es uns und den beteiligten Ingenieuren sinnvoll erscheint.

Holz-Hochhaus

In Berlin wurde 2008 ein siebengeschossiges Holz-Wohnhaus errichtet. Damals galt das als Novum.

(Foto: Gero Breloer/dpa)

Welche Fassaden sind bei Holzbauten möglich?

De facto sind alle Fassadensysteme möglich. Wir entscheiden das immer im Rahmen der jeweiligen Bauaufgabe.

Mit Holzbauten wird immer ein gewisses "Blockhausfeeling" verbunden? Ist das noch so?

Das war auch im historischen Holzbau nicht so - egal, ob wir den europäischen, den amerikanischen oder den asiatischen Kulturkreis betrachten. Insofern hat der moderne Holzbau mit diesen Vorurteilen auch nichts zu tun. Im Übrigen sind wir der Auffassung, dass der "richtige Holzbau" unbedingt als solcher zu erkennen sein muss. Die Qualitäten dieses wunderbaren Werkstoffes sind für uns sehr nüchtern betrachtet die guten Dämmeigenschaften, die positive Bauphysik, die konstruktive Variabilität und die energiearme "Produktion". Erst dann können wir auch über die zweifellos wunderbaren "sichtbaren" Qualitäten reden. Und wenn wir ein Hotel im alpinen Raum bauen, wird man natürlich auch sehr viel von diesen Qualitäten sichtbar belassen.

Und die Kosten? Lässt sich mit Holz günstiger bauen?

"Billiger" bauen wir nicht. Wenn wir aber alle Komponenten - CO₂-Bindung, nachwachsender Rohstoff, energiearme Produktion, kurze Bauzeiten, mehr Nutzfläche durch schlankere Konstruktionen - in Betracht ziehen, sind wir am Ende tatsächlich günstiger.

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