Anleger misstrauen Italien:Die Finanzkrise kehrt zurück

Hat das neue Rettungspaket für Griechenland alle Probleme gelöst? Keineswegs. Die Sorgen um das hochverschuldete Italien wachsen erneut. Bei den Anlegern steigt das Angstbarometer - und auch die Deutsche Bank misstraut dem Land offenbar.

Eigentlich sollte das Rettungspaket für Griechenland auch die Ansteckungsgefahr in der Euro-Schuldenkrise eindämmen. Doch schon eine Woche nach den Beschlüssen von Brüssel nehmen die Sorgen um Italien zu. Die Ratingagentur Fitch warnt, das südeuropäische Land brauche womöglich ein weiteres Sparpaket, wenn die Wirtschaft nicht wie geplant in Schwung kommt.

Silvio Berlusconi

Der italienische Premierminister Silvio Berlusconi bei einer Parlamentsdebatte im Mai.

(Foto: dpa)

Italien besorgt sich derzeit im 24-Stunden-Takt Geld an den Kapitalmärkten. Am Mittwoch platzierte das Land eine Anleihe im Wert von knapp einer Milliarde Euro. Der Zinssatz betrug vier Prozent. Im Mai lag der Zinssatz noch bei 2,5 Prozent. Bereits am Dienstag war Italien gezwungen gewesen, für seine Anleihen so hohe Zinsen zu bieten wie seit September 2008 nicht mehr - dem Höhepunkt der Finanzkrise.

An diesem Donnerstag will das Land weitere 2,5 Milliarden Euro aufnehmen. "Der wichtigste Punkt ist, dass die Renditen verglichen mit der vergangenen Auktion sehr, sehr viel höher sind. Das ist keine gute Situation", sagt Marc Ostwald, Experte bei Monument Securities. Das Misstrauen der Investoren wächst.

Das Angstbarometer für Italien steigt

So hat die Deutsche Bank in den vergangenen sechs Monaten italienische Anleihen im Wert von sieben Milliarden Euro gegen einen Ausfall versichert. Die Deutsch-Banker, schon in der Finanzkrise 2008 vielen Konkurrenten eine Nasenlänge voraus, rechnen offenbar mit dem Schlimmsten.

Der Markt für Kreditausfallversicherungen gilt als Angstbarometer in der Schuldenkrise. Die Prämien für Policen - in der Fachsprache Credit Default Swaps (CDS) genannt - drücken aus, wie Investoren die Bonität eines Staates einschätzen. Je größer die Furcht vor einem Staatsbankrott, desto höher der Preis.

Die Kosten einer Ausfallversicherung für italienische Staatsanleihen haben sich seit April verdoppelt. Derzeit liegt die Prämie bei 290 Basispunkten. Das bedeutet: Wer einen Kredit an Italien in Höhe von einer Million Euro durch den Kauf eines CDS gegen Zahlungsausfall versichern will, muss jährlich 29.000 Euro Prämie zahlen.

Der Markt für Kreditausfallversicherungen ist völlig intransparent

Der globale CDS-Markt wird von einer Handvoll internationaler Großbanken kontrolliert. Die Geschäfte sind intransparent, weil sie nicht über eine Börse abgewickelt werden. Dennoch gelten die CDS-Preise als verlässlicher - wenn auch schwankungsanfälliger - Indikator für das Vertrauen der Anleger in die Zahlungsfähigkeit einzelner Staaten und Unternehmen.

Italien liegt im Vertrauens-Ranking noch im Mittelfeld. Zum Vergleich: Für griechische Staatsanleihen mussten in der Spitze bis zu 200.000 Euro Prämie bezahlt werden, um eine Million Euro zu versichern. Vergleichbare Policen für deutsche Papiere kosten rund 6000 Euro. Für französische Anleihen werden rund 12.000 Euro fällig, knapp doppelt so viel wie noch im Frühjahr.

Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, will in den kommenden Jahren 48 Milliarden Euro sparen und den Staatshaushalt bis 2014 ausgleichen. Die Regierung geht dabei von einem Wachstum in diesem Jahr von 1,1 Prozent aus, bis 2014 soll es sich auf 1,6 Prozent beschleunigen. "Wenn dieses Wachstum nicht erreicht wird, muss die Regierung womöglich weitere Maßnahmen bei Steuern und Ausgaben in Erwägung ziehen", sagte Fitch-Analyst David Riley der Zeitung Corriere della Sera.

Die Investoren sind vorsichtig geworden. "Der Westen kann nur hoffen, die nächsten Jahre zu überleben", unkt Bill Gross, der Investmentchef von Pimco, einer US-Tochter der Allianz. Pimco verwaltet mit 250 Milliarden Dollar den größten Anleihefonds der Welt. Gross meint, das westliche Wirtschaftswachstum würde nicht ausreichen, um die hohen Schulden abbauen zu können. Die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs rechnen ebenfalls mit einer schwachen Wirtschaftsentwicklung in den Euro-Krisenstaaten. Chancen, dass sich die Kurse der betroffenen Staatsanleihen erholen, sehen sie nicht.

Die Deutsche Bank hat neben den italienischen auch andere südeuropäischen Staatsanleihen abgesichert. So wurden die Risiken in fünf Peripherieländern im ersten Halbjahr 2011 um 70 Prozent auf 3,67 Milliarden Euro zurückgefahren. Die Teilkasko für italienische Staatsanleihen sei Politik des Hauses. Die Deutsche Bank habe die italienischen Staatspapiere überwiegend von der Postbank geerbt, die sie im Dezember übernommen hatte. Man müsse die Risikomodelle von Mutter- und Tochterbank einander angleichen, lautet die offizielle Begründung für die Absicherungsgeschäfte.

Auch an den Börsen regiert die Skepsis. Der Deutsche Aktienindex Dax verlor am Mittwoch zeitweise 1,7 Prozent. Damit bekommt die Europäische Zentralbank im Nachhinein recht: Die Notenbanker hatten von Anfang an gewarnt, dass die Rettung der Griechen allein die Schuldenkrise nicht lösen würde.

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