Angst vor der Pleite:Kein Durchkommen bei Kaupthing

Nachdem Island taumelt, sind die deutschen Kunden der größten Bank des Landes verunsichert.

Marco Völklein

Mit Sorgen blicken derzeit viele deutsche Sparer nach Island. Im Land der Geysire brodelt es. Der Staat steht kurz vor dem Bankrott. Ob Russland dem Land einen vier Milliarden Dollar schweren Kredit gewährt, ist offen.

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(Foto: Foto: dpa)

Die Regierung in Reykjavik hat die zweitgrößte Bank des Landes, Landsbanki, sowie die drittgrößte Bank, Glitnir, unter ihre Kontrolle gestellt. Das größte Geldhaus des Landes, Kaupthing, erhielt am Mittwoch von Schweden einen Notfallkredit von 516 Millionen Euro. Der schwedische Arm der Bank steht zum Verkauf. Die Kaupthing-Aktien fielen in Stockholm um 34 Prozent, bevor sie vom Handel ausgesetzt wurden.

Islands Kontrollbehörden zuständig

Beim Namen Kaupthing horchen viele Sparer in Deutschland auf. Denn die Bank hatte in der Bundesrepublik und anderen europäischen Ländern Kunden mit Hochzinskonten angelockt. Auf ihrer Internetseite beruhigt die Bank: "Kaupthing wird den regulären Geschäftsbetrieb fortsetzen." Im Callcenter der Bank war am Mittwoch trotz mehrmaliger Versuche kein Durchkommen.

Nach Auskunft der deutschen Finanzaufsichtsbehörde Bafin untersteht Kaupthing nicht ihrer Aufsicht, sondern den isländischen Kontrollbehörden. Bei der Einlagensicherung gelte die isländische Regelung. Die Regierung in Reykjavik hatte am Montag ihre Garantie so erweitert, dass alle privaten Anleger in unbegrenzter Höhe gesichert sind - nach Angaben von Kaupthing gilt diese Staatsgarantie aber nur für Einlagen in Island und nicht für die deutschen Kunden.

Normalerweise müssen Banken, die in Deutschland Geschäfte betreiben wollen, bei der Bafin eine Genehmigung einholen. Erteilt die Bafin diese Erlaubnis, wird die Bank zugleich verpflichtet, in die deutsche Mindestsicherung einzuzahlen. Diese sichert 90 Prozent der Einlagen ab, höchstens aber 20.000 Euro pro Sparer. Viele deutsche Banken gehören zudem freiwillig einem Einlagensicherungsfonds an, der für Beträge, die über diese 20.000 Euro hinausgehen, einsteht.

Bei Kaupthing läuft es anders. Die Bank benötigt keine Bafin-Erlaubnis, da sie bereits in einem Land, das dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angeschlossen ist, eine Lizenz hat. Mit diesem "europäischen Pass" ist es der Bank möglich, in anderen EWR-Staaten Geschäfte zu betreiben. Die gesetzliche Mindestsicherung der Einlagen richtet sich nach dem Land, das den Pass ausgestellt hat - im Fall von Kaupthing also die isländische Mindestsicherung. Und die garantiert für Einlagen von bis zu 20.887 Euro.

Die jeweilige Mindestsicherung ist in den Details unterschiedlich ausgestaltet, richtet sich im Grundsatz aber nach Vorgaben der EU. So schreibt etwa der Gesetzgeber in den Niederlanden vor, dass die ersten 20.000 Euro zu 100 Prozent abgesichert sind; Beträge von 20.000 bis 40.000 Euro nur noch zu 90 Prozent. Wer also 30.000 Euro bei einer Bank deponiert hat, die nur diesen Schutz bietet, erhält im Pleitefall 29.000 Euro zurück. Allerdings hat die Regierung in Den Haag bereits angekündigt, den Schutz auf 100.000 Euro erhöhen zu wollen.

Der isländische Schutz gilt sowohl für Isländer als auch für ausländische Kunden. Im Ernstfall müssten deutsche Sparer ihr Geld bei der isländischen Einlagensicherung einfordern, erklärt der Bafin-Sprecher. Der Sicherungsfonds verfügt nach eigenen Angaben über Sicherheiten und Garantiezusagen von 19 Milliarden isländischen Kronen (rund 100 Millionen Euro). Sollte das Vermögen nicht ausreichen, darf der Sicherungsfonds laut Satzung auch Kredite aufnehmen.

Unruhe in den Niederlanden

Wie groß die Verunsicherung ist, zeigt auch der Fall der Landsbanki. Nachdem die Bank unter staatliche Kontrolle gestellt wurde, sperrte sie die Konten ihrer Onlinetochter Icesave, die auch in Großbritannien und den Niederlanden aktiv ist. Die Kunden können weder Geld abbuchen noch einzahlen. In Holland beschlagnahmte das staatliche Inkasso-Büro NIB Guthaben von Icesave und forderte die Bank zur Freistellung der Guthaben auf.

Nach Angaben von NIB-Direktor Maarten van der Donk hatte Icesave den Kunden in den Niederlanden, Großbritannien und anderen europäischen Ländern noch bis Dienstagnachmittag wider besseren Wissens auf der Website versichert, liquide und kreditwürdig zu sein. "Davon war längst kein Wort mehr wahr", so van der Donk.

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