Allianz Global Investors:Größter Fondsanbieter will Provisionen abschaffen

Revolution in der Finanzberatung? James Dilworth, Chef von Allianz Global Investors, pocht auf einen Systemwechsel: Honorare statt versteckter Gebühren, von denen der Kunde nichts erfährt.

Markus Zydra

James Dilworth geht in die Offensive. Der Chef von Allianz Global Investors, mit einem verwalteten Vermögen von 350 Milliarden Euro Deutschlands größte Fondsfirma, plädiert für ein völlig neues Gebührenmodell im deutschen Finanzvertrieb. Wenn der Kunde bisher beispielsweise einen Fonds kauft, zahlt der Fondsanbieter an die Bank des Kunden versteckte Provisionen, von denen der Kunde nur auf Nachfrage erfährt - für Verbraucherschützer eine Benachteiligung des Anlegers. "Die Verkaufsprovisionen sind nicht förderlich, aber deswegen wird keine Bank sie abschaffen. Ich favorisiere deshalb ein Modell wie in Großbritannien", sagte Dilworth der Süddeutschen Zeitung.

Euro-Geldbörse

Versteckte Provisionen - ein Ärgernis für Fondskäufer.

(Foto: ag.dpa)

In Großbritannien hat der Gesetzgeber Verkaufsprovisionen auf Finanzprodukte ab 2012 verboten. "Dort bezahlt der Kunde direkt ein Beratungshonorar, was eine unabhängigere Beratung ermöglicht", meint der 54-jährige Amerikaner. Dilworths Vorschlag wird vielen Vertriebsleuten missfallen. Sie glauben nicht daran, dass deutsche Kunden Beratungshonorare bezahlen würden. Zudem gilt das Provisionsmodell als lukrativer. Gerade deshalb kann der Wandel eigentlich nur vom Gesetzgeber ausgehen. Und so wird auch Allianz Global Investors ihr Gebührenmodell nicht ändern, bevor die Bundesregierung dem britischen Beispiel folgt. Die Gruppe vergütet ihre Vertriebskanäle mit Abschluss- und Bestandsprovisionen. So machen es auch die anderen Fondsgesellschaften.

An diesem Modell gibt es seit 2006 scharfe Kritik von Verbraucherschützern: Damals hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil festgestellt, wie leicht das Provisionsmodell den Bankberater in einen Interessenkonflikt bringt. Hintergrund sei der Umsatzdruck auf den Berater. Der Kunde könne nicht ausschließen, dass er ein Produkt nur deshalb verkauft bekomme, weil es der Bank hohe Gebühren einbringt. In Deutschland wächst deshalb das Angebot an Honorarberatern. Dort bezahlt der Kunde - wie beim Rechtsanwalt - die Expertise auf Stunden - oder Pauschalbasis. In den USA erreichen die Honorarberater einen Marktanteil von rund 15 Prozent. Auch in Skandinavien gibt es gesetzliche Beschränkungen für Verkaufsprovisionen auf Altersvorsorgeprodukte.

Dilworth - seit einem Jahr bei der Allianz Global Investors Deutschland an der Führungsspitze - fordert ein grundlegendes Umdenken in der Branche. "Ich halte nichts von Modefonds, wir müssen langfristige Themen voranbringen", sagt Dilworth und verweist auf den hauseigenen Thailand-Fonds, der im laufenden Jahr rund 70 Prozent Plus gemacht hat. "Das ist sehr gut, aber dieser Erfolg wird schwer zu wiederholen sein. Deswegen wäre eine Kampagne für Thailand-Aktien zu diesem Zeitpunkt ein falsches Zeichen", sagt der Familienvater, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt. "Wir haben die Pflicht gegenüber dem Kunden, sein Kapital zu schützen."

Dilworth räumt Fehler der Fondsindustrie in der Finanzkrise ein. "Die Bankbilanzen hätten oft aggressiver hinterfragt werden müssen." Dilworth glaubt nicht, dass Finanzmarktprognosen den Privatkunden nützen. "Eine Prognose ist der Ratschlag, einen bestimmten Fonds zu kaufen", sagt er. Allerdings erhalte der Sparer dann selten im richtigen Moment den Ratschlag, das Produkt wieder zu verkaufen.

"Am besten geeignet für Privatsparer sind Multi-Asset-Fonds, in die der Anleger dann etwa 15 Jahre oder länger anspart", sagt Dilworth. Multi-Asset-

Fonds sind eine Quasi-Vermögensverwaltung. Der Fondsmanager mischt Aktien, Rohstoffe oder Immobilien, um Risiken zu streuen. Viele Finanzberater verkaufen den Kunden statt solcher Mischfonds häufig viele Einzelprodukte oder raten zu häufigem Wechsel. Das kostet den Sparer hohe Gebühren.

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