Finanzindustrie:Ärger über Banker-Gehälter

Die Chefs staatlich gestützter Kreditinstitute dürfen nicht mehr als 500.000 Euro erhalten. Doch mit einem Trick umgehen manche Banken die Idee dieser Richtlinie. Abgeordnete aller Parteien fordern schärfere Kontrollen der Vergütungen.

Martin Hesse

In der Politik wächst der Widerstand gegen hohe Bonuszahlungen und Gehälter in Banken, die staatlich gestützt werden mussten. Vertreter von FDP und Grünen forderten die Branche zum Maßhalten auf. An diesem Montag befasst sich das Finanzmarktgremium des Bundestages mit den Boni, die bei der Hypo Real Estate gezahlt werden.

Martin Blessing, Caroline Heigl-Labbow, Raimund Gross

Bei der Commerzbank verdienen manche Mitarbeiter mehr als der Chef Martin Blessing, dessen Gehalt gedeckelt ist.

(Foto: APN)

Neue Nahrung erhielt die Diskussion am Wochenende durch einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), wonach rund 200 Mitarbeiter staatlich gestützter Kreditinstitute mehr als 500.000 Euro erhalten. Auf diesen Betrag hatte die damals regierende große Koalition im Herbst 2008 die Gehälter von Vorständen und Aufsichtsräten gedeckelt. Für Mitarbeiter unterhalb dieser Ebene gibt es keine Obergrenze. Der Bankenrettungsfonds Soffin fordert im Gegenzug für seine Hilfen lediglich, dass die Gesamtvergütung "auf ein angemessenes Maß" zu beschränken ist.

Zwar zeigten sich Mitglieder des Finanzmarktausschusses im Bundestag, der den Soffin überwacht, nicht überrascht davon, dass Mitarbeiter unterhalb des Vorstands teils mehr verdienen als die oberste Bankspitze. Ausschussmitglieder werfen der früheren Bundesregierung aber vor, dies bei den staatlich gestützten Banken nicht unterbunden zu haben. Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Alexander Bonde, kritisierte, die Koalition habe es nur für eine symbolische Frage gehalten, ob Bankergehälter zu begrenzen sind, und die Deckelung daher auf Vorstände beschränkt. "Man sieht jetzt, dass dies Tür und Tor für hohe Bonuszahlungen selbst bei Banken öffnet, die wie die HRE zum Milliardengrab geworden sind." Die ganze Branche müsse sich fragen, "ob sie glaubt, dass die Steuerzahler weiter ihre Exzesse bezahlen."

Nach Angaben der FAS sollen bei der Commerzbank rund 40 Spezialisten ein höheres Gehalt beziehen als Konzernchef Martin Blessing. Die Commerzbank wollte das nicht kommentieren. Einige dieser Mitarbeiter hatten sich mit Klagen gegen eine Kürzung ihrer Bezüge gewehrt. Auch bei der Hypo Real Estate (HRE) werden Bonuszahlungen von der Bank teils mit der Vermeidung von Rechtsrisiken begründet. Der Vorsitzende des Finanzmarktausschusses Florian Toncar (FDP) forderte vor diesem Hintergrund, es sei zu prüfen, "ob es verfassungsrechtlich möglich ist, auch in bestehende Verträge einzugreifen."

Die Debatte hatte sich vor einer Woche daran entzündet, dass die 1400 Mitarbeiter der HRE für 2009 rund 25 Millionen Euro an Sonderzahlungen erhalten, obwohl die Bank in dem Jahr 2,2 Milliarden Euro Verlust machte. Die HRE hatte allerdings betont, dass kein Mitarbeiter in der Summe aus Festgehalt und Sonderzahlung mehr als eine halbe Million Euro verdient. Die Boni der HRE sollen an diesem Montag im Finanzmarktausschuss diskutiert werden. Für Unmut hatte in Berlin auch gesorgt, dass der frühere HRE-Chef Axel Wieandt Pensionsansprüche von jährlich 240000 Euro hat, obwohl er dort nur 18 Monate war. Zwei weitere Vorstände, Kai Wilhelm Franzmeyer und Frank Krings, werden die Bank nach Angaben aus Finanzkreisen in den nächsten Wochen ebenfalls verlassen und Pensionsansprüche von jeweils 186000 Euro mitnehmen.

Über diese Vorgänge fühlen sich die Mitglieder des Kontrollausschusses unzureichend informiert. Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Leo Dautzenberg (CDU), sagte: "Wenn eine Bank von den Steuerzahlern gerettet wird, muss man in solchen Fragen höchste Sensibilität zeigen." Er kritisierte, dass all diese Vorgänge vom Soffin oder der HRE selbst zumindest an die Mitglieder des Finanzmarktgremiums herangetragen werden müssen. Stattdessen zeigten die für die Regierung handelnden Personen in diesen Gremien sehr viel Verständnis für die Banker: "Das ist nicht nachvollziehbar und überhaupt nicht erklärbar."

Toncar forderte Mitarbeiter von Banken, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten, dazu auf, "maßvoller zu sein, in dem was sie tun und verdienen." Er verwies jedoch auch auf die Schwierigkeiten, Gehälter zu begrenzen. "Wir stecken in einem Dilemma, weil es nicht im Interesse der Steuerzahler ist, wenn Leute in Schlüsselpositionen die staatlich gestützten Banken verlassen."

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