Abzocke im Internet:Mit der Maus in die Schuldenfalle

Ein falscher Klick und es wird teuer: Verbraucherschützer warnen vor Abofallen im Internet - und fordern von Hilfe von der Justizministerin.

Daniela Kuhr

Eigentlich wollte Rüdiger B. nur die neueste Version des Adobe Acrobat Reader aus dem Internet herunterladen. Normalerweise ist das kein Problem, weil sie vielfach und kostenlos angeboten wird. Doch Rüdiger B. hatte Pech. Er landete auf einer Seite, wo er Namen, Adresse und Alter angeben musste. "Das hat mich überrascht, aber ich habe es gemacht", erzählt er.

Maus, Computer, Internet, Foto:istock

Ein falscher Klick - und für Computernutzer wird es teuer: Doch Verbraucher können sich gegen Abzocke im Internet wehren.

(Foto: Foto: istock)

Was ihm nicht klar war: Rechts am Bildschirmrand, zwischen lauter Werbebannern, stand geschrieben, dass er für 96 Euro einen zwei Jahre laufenden Vertrag abschließt und auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. Kurz darauf kam die Rechnung. "Ich möge bitte sofort bezahlen", sagt Rüdiger B. Er war aufgebracht, ärgerte sich, aber er überwies den Betrag. "Okay, dachte ich, du bist reingefallen und zahlst jetzt eben Lehrgeld." Und wieder mal hat eine Firma erfolgreich jemanden abgezockt.

Rüdiger B. ist nur eines von unzähligen Opfern. Mal geht es um Horoskope, ein anderes Mal um ein Kuchenrezept, das sich jemand heruntergeladen hat. Kurz darauf kommt die Rechnung über 200 Euro, weil die Nutzer angeblich gleich einen Jahresvertrag über Horoskope oder Rezepte abonniert haben. "Wir schätzen, dass pro Tag Tausende Verbraucher auf so eine Abofalle reinfallen", sagte Gerd Billen, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen am Montag. Vor kurzem habe eine Firma in einer einzigen Woche 170.000 Rechnungen versandt über den Betrag von je 96 Euro. "Hat nur jeder Zehnte die Forderung beglichen, bleibt ein Gewinn von rund 1,5 Millionen Euro, erzielt innerhalb von wenigen Tagen", sagt Billen.

Software bietet Hilfe

Der Verbraucherschützer spricht von einer "kriminellen Industrie". 40 unseriöse Onlineanbieter hätten die Verbraucherzentralen bereits mit juristischen Klagen überzogen. Aber es sei wie in der Geschichte vom Hasen und vom Igel. "Die machen eine Seite dicht und öffnen am nächsten Tag, leicht verändert, eine andere." Bislang sei es weder gelungen, die Gewinne abzuschöpfen, noch hätten Strafanzeigen Erfolg gehabt. "Es ist leider sehr schwer, die betrügerische Absicht nachzuweisen."

Billen fordert eine Regelung wie in Frankreich. "Wenn durch die Nutzung des Internets Kosten entstehen, muss das in einem auffällig markierten Button deutlich hervorgehoben werden", sagt er. Zudem sollten Anwälte, die für solch dubiose Firmen Mahnungen verschicken, ihre Zulassung verlieren, und Banken sollten einschlägig bekannten Anbietern ein Konto verweigern.

Hilfe kann auch eine neue Software bieten, die von der Zeitschrift Computerbild entwickelt wurde. Sie ist bei www.computerbild.de kostenlos herunterzuladen und enthält "garantiert keine Abofalle", versichert Chefredakteur Hans-Martin Burr. Die Software lässt beim Aufrufen bestimmter Internetseiten einen Warnhinweis aufleuchten: "Achtung! Diese Seite sollten Sie nicht besuchen." Dahinter steckt eine Datenbank, in die die Experten von Computerbild nach entsprechenden Meldungen von Nutzern solche Seiten aufnehmen, die sie für Abofallen halten.

Das Ziel heißt Angst

Verbraucherschützer Billen rät Betroffenen zudem, die Rechnung nicht zu begleichen, sondern sich Rat bei einer Verbraucherzentrale zu holen. "Die Gefahr, von den Anbietern verklagt zu werden, ist erfahrungsgemäß gering", sagt er. Das ganze System sei darauf angelegt, die Rechnungsempfänger zu verängstigen und direkt zur Zahlung zu bewegen. "An einer gerichtlichen Klärung haben die Anbieter gar kein Interesse."

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist der Meinung, das neue Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung schütze auch vor den Kostenfallen im Internet. Anders als bisher können Kunden künftig die Zahlung auch dann verweigern, wenn sie schon einen Teil der Leistung in Anspruch genommen haben. Voraussetzung ist aber, dass sie nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden.

Und genau das sei der Haken an dem Gesetz, sagt Tarek Brauer, Anwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle. "In der Regel belehren die Anbieter über das Widerrufsrecht." Der Kunde lade sich daraufhin das Rezept oder die Software sofort herunter und erfahre Tage später, dass er dafür bezahlen soll. "So läuft es meist ab, und dann hilft leider das neue Gesetz nichts, auch wenn es sicher ein Fortschritt ist."

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