Abhängigkeit von Erdöl:Sparen kostet

Wie kein anderer Rohstoff bestimmt Erdöl den Alltag der Industrieländer. Es gibt Auswege wie die Häuserdämmung oder das Elektroauto, doch sie helfen nur bedingt. Denn wer Energie einsparen will, muss zunächst investieren.

Michael Bauchmüller, Berlin

Erdöl? Für Günther Oettinger ist die Sache einfach. "Ich weiß ja nicht, wie Sie fahren", sagt der Brüsseler Energiekommissar, "aber ich brauche dafür Benzin." Und so werde es auch noch eine ganze Weile bleiben. "Wir werden alles tun, damit Öl und Gas bezahlbar bleiben." Dann verschwindet Oettinger - mit der Limousine.

Abhängigkeit von Erdöl: Preisentwicklung bei Öl und Benzin. Für den Chart in voller Größe auf die Grafik klicken.

Preisentwicklung bei Öl und Benzin. Für den Chart in voller Größe auf die Grafik klicken.

So geht es seit fast 40 Jahren. Spätestens seit dem berühmten Manifest "Die Grenzen des Wachstums" ist - zumindest theoretisch - das Problem einer Abhängigkeit von endlichen Ressourcen erkannt.

Die naheliegenden Schlüsse mag niemand gerne ziehen. Zu groß ist die Abhängigkeit der Industriestaaten von Erdöl. Neben Autos, Flugzeugen und Schiffen verbrauchen vor allem Gebäude den fossilen Rohstoff. Rund 60 Millionen Tonnen Öl schluckten im vergangenen Jahr Autos, Schiffe und Flugzeuge, weitere 26 Millionen Tonnen wurden in Heizungen verbrannt. Dabei ginge es auch anders.

Fast der komplette Energieverbrauch in Gebäuden geht, Zahlen der Deutschen Energie-Agentur zufolge, für Heizen und Warmwasser drauf. Und bis zu 80 Prozent davon ließen sich durch eine ordentliche Sanierung einsparen. "Mit solchen Ölpreissteigerungen wie derzeit wird nur klarer, dass wir bei der Gebäudesanierung schneller vorankommen müssen", sagt Jochen Flasbarth, der Präsident des Umweltbundesamtes.

"Jeder Schritt schneller lohnt sich." Das hat auch die Bundesregierung erkannt, sie maß in ihrem Energiekonzept der Sanierung von Gebäuden die allerhöchste Priorität bei. Doch auf die nötigen Gesetze, die etwa Vermieter genauso von einer Sanierung profitieren ließen wie Mieter, wartet die Republik bislang vergebens. Denn auch das gehört zum Problem: Wer Energie einsparen will, muss zunächst investieren.

Die Zukunft ist noch fern

Auch in Sachen Mobilität ist die Zukunft derzeit noch fern. Zwar forschen alle großen Autohersteller an Elektrofahrzeugen. Noch aber sind insbesondere deren Stromspeicher teuer. Zwar gelang es den großen Autoherstellern, den Verbrauch ihrer Motoren zu drosseln. Gleichzeitig aber wächst hierzulande wie auch weltweit die Zahl der Automobile - und die Motoren werden größer. Das zehrt einen Teil der Fortschritte wieder auf.

Entsprechend nahm auch der Mineralöl-Absatz zuletzt wieder zu; die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, in Deutschland oberste Instanz in Sachen Ölverbrauch, konstatierte jüngst für 2010 einen Anstieg um ein Prozent. Grund: der Aufschwung und ein kühler Winter. Wäre nicht vermehrt Biosprit zum Einsatz gekommen, hätte der Zuwachs sogar bei vier Prozent gelegen.

Die Abhängigkeit schrumpft also nicht, sie nimmt derzeit wieder zu. Ob ein hoher Ölpreis daran etwas ändert? "Nicht unbedingt", sagt Claudia Kemfert, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Viele Konsumenten nehmen das einfach hin." Um tatsächlich vom Öl wegzukommen, müsse der Staat bessere Anreize setzen, etwa durch mehr Förderung für die Sanierung von Gebäuden. Oder durch Kaufprämien für sparsame Autos mit innovativen Antrieben: mehr Kilometer mit weniger Benzin.

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