Handelsskandal in London:Schweizer Großbank UBS feuert den Chef

Oswald Grübel hat die Verantwortung für den Handelsskandal in London übernommen, der die Bank mehr als zwei Milliarden Euro kostet: Der UBS-Boss tritt zurück. Lange hatte er davon nichts wissen wollen.

Es ist das bittere Ende eines langen Arbeitslebens. Oswald Grübel tritt ab, gefeuert von der Bank, die ihn erst vor kurzem geholt hatte, als das einst stolze Schweizer Institut gefährlich ins Schlingern geraten war. Er wollte die Krise vergessen machen, in die die UBS durch Größenwahn und wüste Spekulationen auf dem US-Immobilienmarkt gerutscht war.

File picture of Swiss bank UBS CEO Gruebel as he is silhouetted walking on stage prior the start of the general shareholders meeting in Zurich

UBS-Chef hat die Verantwortung für die Verluste übernommen, die ein Händler in London verursacht hatte.

(Foto: REUTERS)

Nun ist Grübel über einen Händler in London gestolpert, der viel zu einfach 2,3 Milliarden Dollar verzocken konnte. Die UBS, die sich ganz schweizerisch als wichtigste und sicherste Vermögensverwalterin der Welt präsentieren will, kann sich ein solches Desaster nicht leisten, ohne Konsequenzen zu ziehen. Schon in der Finanzkrise waren ihr die Kunden in Scharen davongelaufen - mehr als 200 Milliarden Franken an Anlagegeld ging ihr verloren.

UBS-Präsident Kaspar Villiger hatte Grübel bei seiner Einstellung als einen "Glücksfall für die UBS" bezeichnet - jetzt zeigt sich: Er war es nicht, zumindest nicht uneingeschränkt. Villiger lobte zwar jetzt, dass Grübel einen "beeindruckenden Turnaround" bewerkstelligt habe und der Verwaltungsrat die Entscheidung von Grübel "zutiefst" bedauere. Doch unlängst musste die Bank die ehrgeizigen Gewinnziele für die nächsten Jahre zurücknehmen und in wenigen Tagen könnte das Institut für das auslaufende dritte Quartal womöglich einen Verlust von 500 Millionen Franken melden.

Ist der Grübels Schuld? Ein Tat eines 31-Jährigen Händlers in London? Zunächst sah Grübel überhaupt keinen Grund für einen Rücktritt. Später aber deutete er dann doch an, dass wohl er es sei, der am Ende die Verantwortung für alles tragen müsse, was in der Bank geschehe. Von da an zeichnete sich ein Abgang Grübels ab.

Der Verwaltungsrat, der mehrere Tage in Singapur über die Folgen des Skandals debattiert und seine Beratungen am Wochenende via Konferenzschaltungen fortgesetzt hatte, nahm Grübels Rücktrittsgesuch an.

Sergio Ermotti als Interim-Chef

"Oswald Grübel betrachtet es als seine Pflicht, für den kürzlichen Vorfall im Zusammenhang mit dem unautorisierten Handel die Verantwortung zu übernehmen", erklärte Villiger.

Bis für Grübel ein Nachfolger gefunden ist, soll Europa-Chef Sergio Ermotti einspringen und den Konzern vorübergehend leiten. Ermotti, der von Unicredit kam, ist seit Frühjahr bei der UBS.

Spartenchef Carsten Kengeter, über dessen Rücktritt auch spekuliert worden war, wird offenbar in der Bank bleiben. Sein Name wurde in der UBS-Mitteilung nicht erwähnt. Das Investmentgeschäft wird allerdings umgebaut: Die knapp 18.000 Personen umfassende Sparte wird in Zukunft nur noch die zweite Geige im UBS-Konzern hinter dem Vermögensverwaltungsgeschäft spielen. Die Investment Bank soll stärker auf das Wealth Management ausgerichtet werden.

"In Zukunft wird die Investment Bank weniger komplex sein, weniger Risiken eingehen und weniger Kapital beanspruchen" erklärte Villiger. Kengeter hatte nach der Finanzkrise vor allem das kapitalintensive Geschäft mit Anleihen und anderen Zinsprodukten ausgebaut.

In der Euroschuldenkrise kam dieses Geschäft jedoch weitgehend zum Erliegen und bei den großen Investmentbanken brachen die Umsätze ein. Im Vorfeld der UBS-Verwaltungsratssitzung waren Beobachter und UBS-Insider davon ausgegangen, dass Konzernchef Grübel sich für eine Weiterführung des Investmentbanking in seiner bisherigen Struktur starkmachen würde, wenn auch in einem verkleinerten Rahmen.

Für Grübel sei ein einzelner Unfall kein Grund, die ganze Strategie über den Haufen zu werfen, hatten Insider Reuters gesagt. Dagegen hatten Analysten wiederholt gefordert, UBS müsse die schlecht funktionierende Sparte stark zurückfahren. Vor der Verwaltungsratssitzung hatte auch der Singapurer Staatsfonds GIC der UBS-Spitze die Leviten gelesen und eine stärkerer Konzentration der Bank auf die Vermögensverwaltung gefordert.

Insofern ist der Rücktritt Grübels wohl nicht allein einem Händler in London geschuldet. Eine Entschädigung erhält er nicht, bekommt allerdings noch das Gehalt für die nächsten sechs Monate.

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