Geldanlage:Verbraucherschützer warnen vor geschlossenen Immobilienfonds

Hotels, Studentenwohnheime oder Seniorenresidenzen - geschlossene Immobilienfonds sind in den Augen der Stiftung Warentest zu riskant. Anleger tragen das volle unternehmerische Risiko. Im schlimmsten Fall führt das zum Totalverlust.

Daniela Kuhr, Berlin

In der Krise sind Immobilien zu einer beliebten Anlageform geworden. Doch nicht jeder, der sein Geld in Sachwerte stecken will, hat gleich so viel übrig, dass er sich eine Wohnung oder gar ein Haus leisten könnte. Wäre ein geschlossener Immobilienfonds ein guter Kompromiss? Keinesfalls - so die klare Antwort von Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest. "Für Kleinanleger ist das Risiko eines geschlossenen Fonds viel zu hoch", sagte Tenhagen anlässlich einer Studie der Stiftung Warentest, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Anders als offene Immo-Fonds, die permanent Anlegergeld für Immobilien einsammeln, beteiligen sich geschlossene Immo-Fonds nur an speziellen Projekten, beispielsweise an Büro- oder Wohnkomplexen, Hotels, Einkaufszentren, Studentenheimen oder auch Seniorenresidenzen. Dafür sammeln die Fondsinitiatoren gezielt Geld von Anlegern ein, die Beträge liegen in der Regel bei mindestens 10 000 Euro. Haben sie die benötigte Summe beisammen, schließen sie den Fonds und nehmen keine weiteren Anleger auf. Die Fondsbeteiligten können ab sofort von den Mieteinnahmen profitieren, sofern sie denn fließen, sowie am Ende der Laufzeit vom Verkauf der Immobilien. Anders als bei offenen Immobilienfonds handelt es sich bei geschlossenen nicht um eine Kapitalanlage, sondern um eine unternehmerische Beteiligung, mit allen Chancen und Risiken - auch dem Risiko eines Totalverlusts.

Die Stiftung Warentest hat 58 geschlossene Immobilienfonds untersucht. Das Ergebnis fiel verheerend aus: 36 fielen schon in der Vorprüfung durch, weil sie mindestens eines von sechs "K.-o.-Merkmalen" erfüllten. Dazu zählten die Tester etwa, wenn mehr als 50 Prozent des Kapitals durch Kredite finanziert werden sollen. Das könne leicht zur Überschuldung des Fonds führen, meinen die Tester. Erst recht, wenn die Mieteinnahmen geringer als geplant ausfielen. Auch Fonds, bei denen mehr als 20 Prozent des Anlegergelds für Kosten abgezwackt werden, fielen durch. Gleiches gilt für Fonds, die sich mit dem Angebot einer Ratenzahlung an Kleinanleger wenden. "Für Kleinanleger sind die Fonds völlig ungeeignet, weil immer das Risiko einer Pleite besteht", warnen die Tester.

Kein Fonds bekam die Note gut oder sehr gut

Von den verbliebenen 22 Fonds schnitt keiner mit gut oder sehr gut ab - und nur acht mit befriedigend. Der beste davon (Note 2,8) war der "FHH Immobilien 12 Studieren & Wohnen", der 30 Millionen Euro in zwei Apartmenthäuser für Studenten in Hamburg und Frankfurt investiert. Die Mindestbeteiligung liegt jedoch bei 50 000 Euro. Da nach Ansicht der Tester niemand mehr als fünf Prozent seines Vermögens in geschlossene Fonds stecken sollte und man in diesem Fall also eine Million Euro besitzen müsste, ist somit selbst der Testsieger für Kleinanleger ungeeignet.

Wer jedoch über genug Kapital verfügt, um sich an einem geschlossenen Fonds zu beteiligen, sollte laut Stiftung Warentest auf einige Punkte achten: Mindestens 90 Prozent der Immobilieninvestitionen sollten vor Vertragsunterzeichnung feststehen. Einzahlungen sollten nicht in Raten erfolgen. Denn wenn der Fonds pleitegehe, müssten Ratensparer dennoch bis zur vereinbarten Gesamtsumme weiterzahlen. Die zu Beginn fälligen Einmalkosten dürften maximal 20 Prozent betragen. Und schließlich dürften höchstens 50 Prozent der Investitionen kreditfinanziert werden.

Vor allem diesen letzten Punkt, wie überhaupt die gesamte Studie, hält der Verband Geschlossene Fonds (VGF) für völlig verfehlt. Im Schnitt seien deutsche Immobilienfonds zu 54 Prozent fremdfinanziert, sagte VGF-Hauptgeschäftsführer Eric Romba. "Gerade die Fonds mit einer höheren Fremdfinanzierungsquote waren in der Vergangenheit besonders erfolgreich." Zudem seien geschlossene Immo-Fonds sehr wohl auch für Privatanleger geeignet. Zwar stimme es, dass in der Vergangenheit 15 Prozent der Fonds Verluste erlitten hätten. Die Anleger dieser Fonds hätten im Schnitt 29 Prozent ihrer Einlage verloren. Doch im Vergleich zu so mancher Aktie sei das noch ein guter Schnitt. Wer 100 000 oder 200 000 Euro besitze, kann nach Ansicht von Romba "ohne Weiteres 15 bis 20 Prozent davon in geschlossene Immobilienfonds anlegen".

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