Energieagentur warnt vor Engpass:"Die nächste Ölkrise kommt"

Die Knappheit des Rohstoffs Öl beschwört die nächste Weltrezession um 2013 herauf - sagt die Internationale Energieagentur. Im Jahr 2010 wird der Preis auf ein Rekordhoch steigen.

Michael Kläsgen

Die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris warnt vor einer neuen, noch schlimmeren Weltwirtschaftkrise um das Jahr 2013. Grund dafür sei das Stornieren von Investitionen großer Ölkonzerne in neue Förderprojekte. Ziehe die Nachfrage 2010 wieder an, könnte der Ölpreis explodieren, die Inflation befeuern und das Weltwirtschaftswachstum gefährden.

Ölpreis
(Foto: Foto: dpa)

"Uns besorgt, dass die Ölfirmen ihre Investitionen zurückfahren. Denn wenn die Nachfrage wieder anzieht, könnte es zu einem Versorgungsengpass kommen. Wir prophezeien sogar, dass dieser Engpass 2013 eintreten könnte", sagte Nobuo Tanaka, Chef der Internationalen Energieagentur, der Süddeutschen Zeitung.

Ölreserven sinken deutlich

Der Japaner ist alarmiert, weil ihm Daten vorliegen, die zeigen, dass die weltweiten Ölförderkapazitäten sinken und auch die Ölreserven sich bis 2013 voraussichtlich stark reduzieren werden. Je stärker die globale Ölnachfrage bei einem Aufschwung ab 2010 sein wird - vor allem in den USA, China und Indien -, desto früher könnte der Engpass eintreten und das Weltwirtschaftswachstum abwürgen.

Laut IEA könnte der Ölpreis dann den Höchststand vom Sommer 2008 noch übertreffen und bis zu 200 Dollar pro Barrel erreichen. "Wir könnten auf eine neue Krise zusteuern, deren Ausmaß die gegenwärtige übertreffen könnte", warnte Tanaka. "Deswegen mahnen wir die Ölgesellschaften, zu investieren", fügte Tanaka hinzu. Trotz Milliardengewinnen im vergangenen Jahr stornieren die Ölkonzerne ihre Investitionen, weil sie sich bei dem gegenwärtigen Preis von etwa 40 Dollar pro Barrel kaum noch rentierten.

Um ein Viertel reduzierten sie ihre Investitionen weltweit binnen Jahresfrist. Die erdölexportierenden Länder (Opec) wiederum drosseln ihre Produktion, weil sie gegenwärtig keine ausreichende Nachfrage sehen. 35 von 130 größeren Ölförderprojekten seien bis Anfang Februar eingefroren oder eingestellt worden, sagte Opec-Generalsekretär Abdullah al-Badri.

Diese Investitionen sind jedoch notwendig, um den Bedarf zu decken, wenn die Nachfrage wieder steigt. Zwar geht nicht das Öl aus, IEA-Studien belegen jedoch, dass die geförderte Menge Öl bei 580 der 800 größten Ölfeldern der Welt kontinuierlich sinkt.

Der Chef des französischen Ölkonzerns Total, Christophe de Margerie, rechnet sogar damit, dass weltweit nie wieder mehr als 89 Millionen Barrel pro Tag gefördert werden könnten, weil einerseits der Höhepunkt überschritten sei und andererseits Öl nur noch mit zunehmend hohem technischen Aufwand verfügbar ist.

Globaler Bedarf wächst

Die IEA prognostiziert jedoch einen wesentlich höheren globalen Bedarf. Fast die Hälfte des Bedarfs müsste in Zukunft über neu erschlossene Ölfelder gedeckt werden, weil bestehende Reserven nach und nach versiegen. Tanaka ruft deswegen die OECD-Staaten, also 30 westliche Industriestaaten, für die er spricht, zu einer radikalen Wende in der Energiepolitik auf.

Leider stelle er fest, dass wegen der Wirtschaftskrise die Investitionen auch in erneuerbare Energien und in Atomkraft zurückgingen. Wenn jedoch keine zusätzlichen Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen würden und die CO2-Emissionen weiter steil ansteigen, verursache dies einen Anstieg der Erdwärme um sechs Grad Celsius am Ende dieses Jahrhunderts. "Das wäre ein Desaster", sagt Tanaka. Denn dann würde es in Hannover so warm wie heute in Marrakesch.

Die IEA rät zu einer größeren Energieeffizienz. Die Regierungen sollten die Konsumenten dazu verleiten, Energie so zielgenau wie möglich zu verbrauchen. Global empfiehlt er einen Energie-Mix, bei dem die Hälfte der Energie aus erneuerbaren Ressourcen wie Wind, Wasser oder Sonne kommt. Ein Viertel müsste aus der Atomkraft kommen. Und bei einem weiteren Viertel muss der CO2-Ausstoß eliminiert werden, indem das CO2 unter der Erde gespeichert wird.

Weil dies aber schwierig umzusetzen sein wird, rechnet die IEA mit einer steigenden Abhängigkeit vom Öl. "Es stimmt, dass das Gewicht der Opec zunehmen wird, selbst wenn wir unseren Ölverbrauch senken. Und das ist eine zentrale Frage für unsere Energiesicherheit."

Tanaka kündigt an, an die Regierungen zu appellieren. "Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen treffen, wollen wir vor den Folgen der fehlenden Investitionen im Energiebereich warnen."

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