Affäre um Ecclestone und Gribkowsky:"Das ist eine Sauerei"

Haben Ex-Vorstand Gerhard Gribkowsky und Formel-1-Chef Bernie Ecclestone geheime Absprachen zu Lasten der BayernLB getroffen? Dubiose Geldflüsse erhärten diesen Verdacht.

Klaus Ott und Nicolas Richter

Seit mehr als einem Monat schon sitzt der frühere Risiko-Vorstand der Bayerischen Landesbank, Gerhard Gribkowsky, in Untersuchungshaft. Er schweigt, hartnäckig. Zum Beispiel darüber, warum er vor einigen Jahren heimlich 50 Millionen Dollar bekommen hat. In dieser Woche hat es die Staatsanwaltschaft München noch einmal versucht: Sie hat Gribkowsky aus dem Gefängnis Stadelheim ins Justizzentrum bringen lassen und ihn aufgefordert, endlich auszusagen, zu seinem eigenen Vorteil.

Affäre um Ecclestone und Gribkowsky: Bernie Ecclestone erhielt von der BayernLB 67 Millionen Dollar - und leitete offenbar einen gehörgen Batzen davon an Gerhard Gribkowsky weiter.

Bernie Ecclestone erhielt von der BayernLB 67 Millionen Dollar - und leitete offenbar einen gehörgen Batzen davon an Gerhard Gribkowsky weiter.

(Foto: AP)

Vergeblich.

Sein Schweigen dürfte ihm kaum helfen. Akten und Aussagen liefern ständig neue Hinweise auf einen schweren Fall von Untreue und Korruption rund um die Formel 1 und die BayernLB. Im Umfeld der Bank kursiert nun ein neuer Verdacht: Als die Landesbank Ende 2005 ihren Anteil an der Formel 1 an einen Finanzinvestor verkaufte, soll der Chef der Rennserie, Bernie Ecclestone, 67 Millionen Euro von dem Institut erhalten und dann womöglich ausgerechnet an Gribkowsky weitergeleitet haben. Dieser hätte sich danach mit dem Geld des eigenen Arbeitgebers bereichert.

Für diesen Verdacht finden sich mehrere Anhaltspunkte. 50 Millionen Dollar hat Gribkowsky von 2006 an über zwei Briefkastenfirmen auf Mauritius und in der Karibik als Beraterhonorare erhalten und in einer Privatstiftung namens "Sonnenschein" in Österreich versteckt. Als dies Anfang des Jahres bekannt wurde, kam der einstige Finanzstratege wegen des dringenden Tatverdachts der Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft.

Bevor Gribkowsky zu diesem Vermögen kam, hatte Ecclestone seinerseits noch mehr Geld eingenommen. Ende 2005 verkaufte die bayerische Staatsbank ihre Anteile an der Formel-1-Holding Slec für 837 Millionen Dollar an den Finanzinvestor CVC. Auch die anderen Formel-1-Mitinhaber verkauften: die Banken Lehman Brothers und JPMorgan sowie die Ecclestone-Holding Bambino. CVC erklärt auf Anfrage, es habe den Kaufpreis "in vollem Umfang direkt an die Verkäufer" gezahlt.

Aber nicht alles, was die BayernLB damals einnahm, blieb in der Münchner Kasse. Internen Unterlagen zufolge leitete die Landesbank alsbald 40 Millionen Dollar an Bernie Ecclestone weiter. Sie wurden, das sagt ein Kenner der Akten, als eine Art "Provision" deklariert. Als Dank dafür, dass Ecclestone das Geschäft zwischen BayernLB und CVC vermittelt habe. Weitere 27 Millionen Dollar schickte die BayernLB an die Ecclestone-Holding Bambino, die angeblich noch offene Forderungen an die Formel-1-Dachgesellschaft Slec hatte.

Der Verwaltungsrat der BayernLB, der die Staatsbank beaufsichtigt und den Verkauf der Formel-1-Anteile an CVC gebilligt hatte, soll über die beiden Millionenzahlungen nicht informiert worden sein. Das habe der Bankvorstand verschwiegen, sagen mehrere Ex-Verwaltungsräte, die damals für Bayerns Regierung im Aufsichtsrat saßen: "Das ist eine Sauerei."

Ecclestone dementiert

Im Umfeld der Landesbank geht man inzwischen davon aus, dass der größte Teil der Millionen, die von der BayernLB an Ecclestone flossen, in den folgenden Jahren von Ecclestone an Gribkowsky weitergereicht wurde. Das liege "auf der Hand", heißt es. Träfe dies zu, dann hätten Gribkowsky und Ecclestone geheime Absprachen zu Lasten der Staatsbank getroffen.

Wenig Sinn ergibt jedenfalls die Vorstellung, die BayernLB hätte Ecclestone als Vermittler gebraucht, um ihre Anteile an CVC zu verkaufen. Jeder in der Motorsportbranche wusste, dass der BayernLB die Beteiligung an der Rennserie eher lästig war. Der Anteil war der Bank nach der Pleite eines großen Kreditkunden, des Medienhändlers und früheren Formel-1-Hauptinhabers Leo Kirch, als Sicherheit zugefallen. CVC wiederum hatte sich schon bei der Motorrad-Weltmeisterschaft MotoGP engagiert und suchte weitere Investitionen in dieser Sparte. Im November 2005 stieg CVC dann auch bei der Formel 1 ein, durch den Kauf der Anteile der BayernLB.

Gerade in diesem Monat soll ein Beratervertrag entworfen worden sein, der Gribkowsky zu hohen Zusatzeinkünften verhelfen sollte. Als Vertragspartner soll in diesem Entwurf die Bambino Holding genannt gewesen sein, also eine Gesellschaft der Familie Ecclestone. Als solche Beraterabkommen in den Jahren 2006 und 2007 tatsächlich zustande kamen und die Zahlungen an Gribkowsky begannen, war von Bambino keine Rede mehr. Stattdessen zahlten dann zwei Briefkastenfirmen namens First Bridge und Lewington Invest die insgesamt 50 Millionen Dollar. Damit führte zunächst keine Spur zu Ecclestone. Diese entstand erst später, als ein Anwalt Gribkowskys eine Mahnung direkt an Ecclestone schickte.

Ecclestone wollte sich auf Anfrage der SZ nicht zu den jetzt bekannt gewordenen Zahlungen an ihn und Bambino äußern. Auch gab er keine Auskunft, ob aus diesen Mitteln die 50 Millionen Dollar für Gribkowsky abgezweigt worden seien. In den vergangenen Wochen hatte Ecclestone wiederholt erklärt, weder er noch die Formel 1 seien in diese Zahlungen an Gribkowsky "involviert", noch hätten sie Kenntnis davon.

Gribkowskys Anwalt will während der laufenden Ermittlungen keine Stellungnahmen abgeben. CVC beteuert, "in keiner Form in mutmaßliche illegale Zahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Formel 1 involviert" zu sein. Außer den normalen Honoraren für externe Berater wie etwa Anwälte und Wirtschaftsprüfer habe CVC keine anderen Zahlungen geleistet.

Nach Bekanntwerden der heimlichen Millionen-Überweisungen an Gribkowsky war die Vermutung aufgekommen, der damalige BayernLB-Vorstand sei geschmiert worden, damit die Staatsbank die Formel 1 unter Marktpreis verkauft habe. Für Ecclestone jedenfalls hatte der Verkauf der Rennserie Vorteile: Der Brite blieb Chef der Formel 1.

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