Zukunft des Smartphones:Biegsam und flexibel

Zukunft des Smartphones: Das gebogene G-Flex von LG - die Vorstufe für die neuen, komplett biegsamen Smartphones, die es in einigen Jahren geben könnte.

Das gebogene G-Flex von LG - die Vorstufe für die neuen, komplett biegsamen Smartphones, die es in einigen Jahren geben könnte.

(Foto: AFP)

Smartphone-Hersteller bringen Tablets und Smartphones mit gebogenem Bildschirm heraus. Für die Firmen ist das allerdings nur ein Zwischenschritt im Rennen um den Hauptpreis: Das erste Gerät, das biegsam ist und sogar zusammengefaltet werden kann.

Von Min-Joeng Lee und Jonathan Cheng, Wall Street Journal Deutschland

Samsung Electronics und LG Electronics haben - nur wenige Wochen hintereinander - jeweils ein Smartphone mit gebogenem Bildschirm auf den Markt gebracht und damit eine Frage aufgeworfen: Warum sollte irgendwer ein krummes Smartphone haben wollen?

Um diese Frage scheinen sich die beiden südkoreanischen Elektronik-Giganten allerdings nicht groß zu kümmern. Sie sehen den gebogenen Bildschirm nur als Zwischenschritt zum eigentlichen Ziel: Tragbare Mobilgeräte mit biegsamen Bildschirmen, die beispielsweise um das Handgelenk gelegt oder wie Papier aufgerollt werden können.

Vergangenen Monat meldete Samsung in Südkorea ein Patent an. Es ging um ein Tablet, dessen Bildschirm sich zusammenfalten lässt. Samsung, das geht aus einer weiteren Patentanmeldung im Oktober hervor, arbeitet außerdem an einem tragbaren Gerät für den Kopf, das Musik abspielen und Anrufe entgegennehmen kann, wenn es mit dem Smartphone verbunden wird. Details sind nicht bekannt, das Unternehmen äußert sich grundsätzlich nicht zu Patentanmeldungen und künftigen Produkten.

Derartige Geräte benötigen neuartige Bildschirme, die anders als bei den meisten aktuellen Modellen nicht rechtwinklig und flach sind. Noch ist offen, wann solche Geräte auf den Markt kommen. Die Pläne von Samsung und LG für flexible "Wearables", wie die tragbaren mobile Geräte auch genannt werden, zeigen aber, dass es große technische Fortschritte gibt und auch dass die Unternehmen unter Druck stehen, in zunehmend gesättigten Smartphone-Märkten neue Geräte auf den Markt zu bringen.

Die Zukunft: Organische Leuchtdiodentechnik

US-Konkurrenten wie Microsoft, Apple oder Google arbeiten ebenfalls an tragbaren Geräten und haben Prototypen mit Zulieferern aus Asien getestet, wie mit der Sache vertraute Personen sagen.

So wie vor Jahren LCD-Bildschirme die Röhrenmonitore ersetzten, wetten koreanische Displayhersteller jetzt darauf, dass der organischen Leuchtdiodentechnik (OLED) die Zukunft gehört. OLED ermöglicht lebendigere Farben und noch dünnere Bildschirme als bei LCDs, da keine Hintergrundbeleuchtung benötigt wird. Bildschirmhersteller in Japan und Taiwan haben ebenfalls mit verschiedenen Arten von flexiblen Bildschirmen experimentiert, die aber niemals die nötige Reife für die Massenproduktion erreicht haben.

Andere konkurrierende Labore von Samsung und LG nutzen die einfacheren OLED-Strukturen, um die unterste Schicht des Displays elastischer zu machen, damit sie nicht zerbrechen, wenn sie gebogen werden. Die Techniker erreichen das, indem das Glas der Rückseite des Bildschirms durch Plastik ersetzt wird. Mit Plastik sind die Bildschirme leichter und biegbarer. Sie werden allerdings auch leichter zerkratzt und es ist schwierig, sie gegen eindringende Feuchtigkeit zu schützen - eine technische Hürde, an deren Überwindung die Unternehmen noch immer arbeiten.

"Gebogene Formen sind ein erster Schritt in Richtung biegsamerer Bildschirme", sagt Lee Bang-soo, ein Spitzenmanager bei LG Display, wo Bildschirme für Unternehmen wie Apple hergestellt werden. "Die Technik dahinter wird die Entwicklung neuer Produkte ermöglichen, die biegbar, faltbar und aufrollbar sind", sagt der LG-Manager.

Plastik statt Glas

Damit ein Bildschirm wirklich zusammengefaltet werden kann, muss Samsung sämtliche Glasbauteile des Bildschirms durch haltbares Plastik ersetzen - eine Technik, die noch Jahre entfernt ist, sagen Ingenieure. Die Plastikfolie müsste kratzfest, hochgradig hitzebeständig, durchsichtig wie Glas und elastisch genug sein, damit sie sich um scharfe Kanten legen kann. Eine Massenproduktion solcher Folien zu hoher Qualität ist eine Herausforderung angesichts der komplexen chemischen Strukturen des Materials.

Sobald die Technik ausgereift ist, eröffnen sich aber zahlreiche Möglichkeiten. Ein Tablet oder sogar ein tragbarer Fernsehbildschirm könnte dann mehrfach gefaltet werden und in eine Handtasche oder Hosentasche passen.

Doch bis es so weit ist, werden sich die meisten Hardwarehersteller vermutlich weiter für eine Kombination von Glas und Plastik entschieden. Um einen faltbaren Bildschirm herzustellen, könnte ein Unternehmen beispielsweise zwei Schichten Glas nebeneinanderlegen und sie mit einer Plastikfolie verbinden, sagt Kang Chung-seok, Manager bei Kolon Industries, einem Hersteller, der neue Materialien wie Plastik und dünne Folien für die kommende Generation von Bildschirmen entwickelt.

Laut Kang könnte derartige Technik schon in weniger als einem Jahr auf den Markt kommen. Im geschilderten Fall wäre die Herausforderung, dass sich die Verbindung des Faltbildschirms unsichtbar in den Rest der Konstruktion einfügt.

Probleme gibts bei Prozessor und Akku

In Finnland hat das Unternehmen Canatu Oy eigenen Angaben zufolge eine flexible, kohlenstoffbasierte Folie für Touch-Sensoren entwickelt, die zerstörungsfrei deutlich stärker gefaltet werden kann als jene in konventionellen Bildschirmen. Das Unternehmen schätzt anhand der potenziellen Nachfrage von Smartphone- und Wearables-Herstellern, dass es monatlich einige Millionen der Folien bis Ende 2014 produzieren wird.

Doch hinter dem Display stecken noch immer wichtige Bauteile, die sich noch nicht beliebig verbiegen lassen - darunter der Prozessor und der Akku. Bei den Akkus ist die wichtigste Herausforderung, sie auf sichere Weise biegsam zu machen, so dass sie nicht explodieren. Samsung versucht das Problem anzugehen, indem es den Elektrolyt - eine Schlüsselkomponente des Akkus, die entweder in Form einer Flüssigkeit oder eines Gels im Akku steckt - in einen festen Aggregatzustand überführt, sodass er gegenüber äußerem Druck widerstandfähiger wird.

"Ohne garantierte Sicherheit können flexible Akkus zu Problemen führen", sagt Kim Tae-sik, ein Techniker bei Samsung SDI. Dort werden die Akkus für die Galaxy-Smartphones gefertigt, darunter auch das jüngste gebogene Gerät mit dem Namen Galaxy Round. Laut Kim gibt es für die Sicherheitsprobleme bei Feststoff-Akkus Lösungen - doch die Akkulaufzeit bleibe ein Problem.

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Die Probleme werden vermutlich zu saftigen Preisen für die neuen biegsamen Bildschirme führen. Samsungs Smartphones Galaxy Round wird 1.000 US-Dollar kosten und nutzt einen flachen Akku, der in das gebogene Gehäuse eingebaut ist. Das G Flex von LG, das in diesem Monat auf den Markt kommen soll, besitzt einen gebogenen Akku, der an die Form des Gehäuses angepasst ist. Den Preis für das Gerät hat LG noch nicht verraten.

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