Zugeständnisse an China:Googles Angst vor Baidu

Der US-Konzern schließt Kompromisse, weil er das Geschäft in dem Land nicht dem Konkurrenten Baidu überlassen will. Doch der Rivale profitiert längst von der Kontroverse.

Varinia Bernau

Der Internetkonzern Google kämpft gegen die aufstrebende Konkurrenz um das Geschäft in China. Dazu gibt er im Streit um eine Zensur seiner Suchmaschine nun doch dem Druck der Behörden nach. Das US-Unternehmen stellt die monierte automatische Weiterleitung seines Internetdienstes ins freiere Hongkong ein.

Zugeständnisse an China: Google droht der Verlust der Geschäftslizenz für China - das dürfte dem Konkurrenten Baidu nutzen.

Google droht der Verlust der Geschäftslizenz für China - das dürfte dem Konkurrenten Baidu nutzen.

(Foto: ap)

Über einen von der chinesischen Seite aus ansteuerbaren Umweg sollen die Chinesen den unzensierten Suchdienst in der Sonderverwaltungszone Hongkong dennoch weiter nutzen dürfen, schrieb Googles Chefjustiziar, David Drummond, in der Nacht zum Dienstag in seinem Blog.

Fraglich ist, ob der Konzern damit bei den chinesischen Behörden durchkommt. Peking verlangt von Internetunternehmen beispielsweise, dass sie Informationen zu Tibet oder der Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 herausfiltern.

Geschätzte 600 Millionen Dollar Umsatz

Zu Beginn des Jahres hatte Google nach wochenlangem Streit die Selbstzensur seiner Suchmaschine eingestellt - und angekündigt, sich notfalls ganz aus dem Land zurückzuziehen. Doch der chinesische Markt für Internetdienste ist jung, die Wachstumschancen sind groß.

Und so relativierte Google-Chef Eric Schmidt kurz nach dem Rückzug das kategorische Nein zur Selbstzensur: "Wir würden das gerne auf eine etwas andere Art machen, als wir müssen. Aber wir setzen uns dafür ein, dort zu bleiben. Wir schätzen die Geschäftschancen dort."

Analysten schätzen, dass der vor vier Jahren gegründete chinesische Ableger von Google im vergangenen Jahr einen Umsatz von etwa 600 Millionen Dollar gemacht hat. Das Unternehmen selbst veröffentlicht seine Zahlen nicht.

Googles Betreiberlizenzen für die chinesische Internetseite wären ohne ein Einlenken zu Donnerstag ausgelaufen. Dann hätte Google die Adresse abschalten und den wachsenden chinesischen Markt seinem aufstrebenden Konkurrenten Baidu überlassen müssen. Der chinesische Suchmaschinenbetreiber galt bereits als der größte Profiteur von Googles Rückzug nach Hongkong.

Wie Baidu in China aufholt

In der westlichen Welt ist Google die erste und wichtigste Suchmaschine, in China jedoch nur die Nummer zwei - mit einem Marktanteil von etwa einem Drittel. Den restlichen Markt deckt fast ausschließlich Baidu ab. Es verarbeitet bereits mehr Suchanfragen als Yahoo oder Microsofts Suchdienst Bing.

Noch allerdings sind bezahlte Suchergebnisse Baidus wichtigste Einnahmequelle - zum Verdruss der Internetnutzer. Selbst viele Chinesen vertrauten in der Vergangenheit auf die Suchergebnisse von Google.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres hat das chinesische Unternehmen einen Umsatz von 177 Millionen Dollar gemacht, seinen Gewinn auf 65 Millionen Dollar nahezu verdoppelt und damit selbst die Erwartungen von Analysten übertroffen.

Baidu will auch Videos anbieten

Entsprechend zuversichtlich gibt sich Firmengründer Robin Li: Zum zehnjährigen Firmenjubiläum im vergangenen Januar kündigte er vor Mitarbeitern an, die Welt zu erobern. Davon ist der in der westlichen Welt noch nahezu unbekannte Suchmaschinenbetreiber allerdings noch weit entfernt.

Der Umsatz des Internetriesen Google lag im letzten Quartal bei etwa sieben Milliarden Dollar, der Gewinn bei zwei Milliarden Dollar. Dennoch sehen Analysten durchaus Wachstumschancen für Baidu. Um zum Branchenprimus Google aufzuschließen, müssten die Chinesen ihr Geschäftsmodell allerdings noch stärker an das von Google anpassen und beispielsweise auch andere Dienste anbieten, so die Einschätzung der Experten.

Kalifornische Programmierer gesucht

Kürzlich hat Baidu bereits eine Tochtergesellschaft gegründet, um ähnlich wie die Google-Tochter Youtube Videos im Internet zu zeigen. Es wurde zudem darüber spekuliert, dass Baidu in den Onlinespielemarkt einsteigt.

Wie aggressiv Baidu gegen Google vorgeht, zeigt sich nicht zuletzt auch daran, wo sich die Chinesen das für den weiteren Wachstumskurs unerlässliche Fachwissen holen: Bei einer Job-Messe im Juli wolle Baidu etwa 30 Software-Ingenieure aus dem kalifornischen Silicon Valley unter Vertrag nehmen, teilte ein Konzernsprecher mit.

Dies ist das erste Mal, dass Baidu die Experten direkt vor Googles Haustür anheuert. Im April war bereits in China ein führender Entwickler von Google zu Baidu gewechselt. Dies hatte für Aufsehen gesorgt, weil sich viele der etwa 700 chinesischen Mitarbeiter von Google ihrem Arbeitgeber als dem besseren Suchmaschinenbetreiber verbunden fühlen.

Lesen Sie hierzu Berichte in der Süddeutschen Zeitung.

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