Youtube-Reimtalent:Rap für Zocker

Wenn Dan Bull ein Spiel gefällt, reimt er kurzerhand eine Lobeshymne. Die Klickzahlen sind so gut, dass Bull davon leben kann - ohne live auftreten zu müssen. Das will er sowieso nicht. Dan Bull ist Autist.

Von Hakan Tanriverdi

In unserer Rubrik Spielwiese befassen wir uns mit Aspekten der Gaming-Kultur, die über die reine, klassische Rezension von einzelnen Games hinausgeht. Von Drehbuchautoren für Games bis hin zu Gaming Sickness ist alles dabei. Dieses Mal: Gerappte Spiele-Rezensionen.

"Wer ist der Rapper? Dovahkiin! Drachen? Ich bin nicht gerade begeistert. Ich zerteile sie in Würfel, so wie mit dem Messer eine Aubergine!" Was sich auf deutsch gestelzt anhört, ist in englischer Sprache ein kleines Meisterwerk in Reimform. Die Zeilen sind der Beginn eines Youtube-Videos, das gleichzeitig ein Lied und eine Spielrezension ist. Gerappt von Dan Bull. 27, Autist, reimender Zocker.

Dovahkiin, das ist der Hauptcharakter des Spiels "The Elder Scrolls V: Skyrim", das von der Fachpresse direkt nach dem Erscheinen Ende 2011 gefeiert wurde. Auch Bull hat das Spiel gefeiert, genauer genommen den Trailer, das Spiel selbst war noch gar nicht erschienen, als er sein Video veröffentlicht hat. Er hat sich den Trailer angeschaut und anschließend einen Nachmittag lang seine Verse geschrieben. Dan Bull rappt Spielanleitungen. Damit verdient er sein Geld.

"Ich habe mich beim Schreiben von meinen Emotionen leiten lassen", sagt Bull. In einer Minute und 26 Sekunden führt er die Zuschauer durch die Welt von Skyrim. Gesehen haben das Video mittlerweile acht Millionen Menschen. Bull weiß genau, wie talentiert er ist. Seine Songs tragen alle ein "Episch gut" im Titel.

Skyrim, Halo, Mass Effect, Bioshock, Assassin's Creed, so gut wie jeder Spieleknüller wird von Dan Bull in Reimen zusammengefasst. Die Videos sind in der Regel alle kurz, keine zwei Minuten. "Das ist die perfekte Länge für YouTube", sagt Bull. Die Videos bestehen aus aneinandergeschnittenen Szenen aus Spiele-Trailern. Manchmal aber sind die Videos ausgefeilter: Im Rap zu Minecraft hat sich Bull seine Welt kurzerhand passend zum Text zusammengewürfelt.

Was die Klickzahlen angeht, ist das Skyrim-Video zwar eine Ausnahme, in der Regel werden seine Videos dennoch häufig angeklickt: regelmäßig im sechsstelligen Bereich. Sein Youtube-Kanal hat ihn so bekannt gemacht, dass Dan Bull von seinen gerappten Spielanleitungen leben kann - "es reicht für die Miete und ein leckeres Currygericht", sagt er. Auch die BBC hat eine Zeit lang seine Reime eingekauft.

Das aktuellste Video von Dan Bull heißt "Gay Gay Games" und bricht aus dem gewohnten Muster aus. Im japanischen Äquivalent zu Die Sims ("Tomodachi Collection: New Life") konnten Männer einander heiraten. Als Gerüchte laut wurden, dass Nintendo diese Möglichkeit nicht länger erlauben wolle, hat Bull sein Video veröffentlicht. Er rappt: "Es ist okay zu gaymen".

Angefangen hat alles im Krankenhaus. "Ich durfte das Krankenhaus sehr lange nicht verlassen und alles, was ich dort machen konnte, war zu spielen", sagt er heute. Also hat Bull einen Song über seine Beziehung zu Spielen geschrieben: "Generation Gaming". Ein Song, ein Thema, das war es eigentlich für ihn.

Kurz darauf wurde er angefragt, ob er wöchentlich ein solches Video veröffentlichen wolle. Bull sagte zu und machte sich relativ schnell selbstständig. Seither veröffentlicht er seine Songs und wurde mittlerweile in das Youtube-Partnerprogramm aufgenommen.

Die Spielvideos sind der geschäftliche Teil des Youtube-Rappers; Bull hat mehrere Alben veröffentlicht, die ein thematisch breites Spektrum abdecken. In einem Video Anfang Mai rappt er über seinen Autismus. "Die Welt ist eine Bühne, auf der ich nie auftreten wollte", heißt es dort im Refrain. Bull sagt, dass das Asperger-Syndrom der Grund für seinen Perfektionismus sei: Er könne konzentriert an einem Song schreiben, sich fokussieren und so lange an ihm sitzen, bis er die exakte Wortfolge gefunden habe, die ihm passt.

Diese Kontrolliertheit ist auch der Grund, warum er selten regulär auftritt, live und vor einem Publikum. Das komme vor, sagt Bull, sei aber die Ausnahme: "Ich mag es nicht, live zu performen. Da darf man absolut keine Fehler machen. Wenn ich zu Hause einen Song performe, kann ich sicherstellen, dass der Song auch genau so klingt, wie ich es haben will."

Also arbeitet er lieber online. Dan Bull rappt mittlerweile seit mehr als zehn Jahren. Das Internet sei sein Zuhause, dort fühle er sich wohl, verglichen mit der schnöden britischen Gegend, aus der er komme, und in der Geeks (salopp übersetzt: Streber) nicht akzeptiert würden. Anders im Internet: "Dort sind Geeks die Könige."

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