Youtube-Fragen an Angela Merkel:"Haben Sie sich das Regieren von Honecker abgeschaut?"

Bei Youtube können die Bürger die Bundeskanzlerin befragen - doch die bisher eingegangenen Beiträge deuten nicht auf einen fruchtbaren Dialog zwischen Angela Merkel und ihrem Volk hin.

Nico Fried

Wäre ja auch überraschend gewesen, wenn bei dieser Regierung mal auf Anhieb was geklappt hätte. Für 12 Uhr waren am Dienstag auf der Website des Bundespresseamtes alle rund 2000 Fragen angekündigt, die Menschen der Kanzlerin auf dem neuen Youtube-Kanal der Bundesregierung seit dessen Eröffnung im Oktober gestellt haben. Um 12 Uhr aber stand da nichts. Und um 13 Uhr auch nicht.

Youtube-Nutzer richten rund 1.700 Fragen an die Bundeskanzlerin

Youtube-Kanal der Bundesregierung: Es wäre überraschend gewesen, wenn bei dieser Regierung einmal auf Anhieb was geklappt hätte.

(Foto: dapd)

Allerdings war nicht Angela Merkel schuld, nicht ihr Regierungssprecher und auch nicht dessen Mitarbeiter. Zusammengebrochen war vielmehr der Google Moderator. Wenn man es richtig versteht, ist das eine Sortierhilfe im Internet, die von der Regierung für ihre neue Aktion genutzt wird, weil sie, laut Presseamt, "unbestechlich" ist. Vorausgesetzt, sie funktioniert.

Mit dem Google-Moderator wurden die Fragen gesammelt und "gerankt". Das heißt, aus der Unterstützung jeder Frage durch andere Frager und sonstige Interessierte wurde eine Tabelle aller Fragen erstellt. Die Formulierung "gerankt" auf der Website des Presseamtes war dabei vielleicht ein subtiler Protest Merkels gegen die Forderung der CDU, Deutsch im Grundgesetz zu verankern. Vielleicht aber auch nicht.

Für solche Abschweifungen blieb jedenfalls Zeit, weil auch um 14 Uhr nichts gerankt war. Die Spannung, welche der in den vergangenen Tagen schon lesbaren Fragen nun die Top Ten stellen würden, wuchs mithin minütlich. Die zehn Favoritenfragen nämlich wird Merkel in drei Folgen bei Youtube per Video beantworten.

"Bei Honecker abgeschaut?"

An einigen Fragen war gut zu erkennen, dass es sich bei den Fragern um sehr unterschiedliche Typen handeln muss. Da ist natürlich der Kritiker, Nutzername "Beierlein": Frau Merkel, zum 1000.Mal sagten sie das wir nicht über die Verhältnisse Leben sollten und selber lebt grade Ihr wie die Made im Speck, erhöht die Diäten, Weihnachtsgelder, Gehälter, dicke Pensionen usw. wollen Sie damit die Bürger für Dumm verkaufen?. Oder die Historikerin, "Lotty": Haben Sie sich dieses Regieren ohne den Bürger von ihren einstigen Staatsrat Honecker abgeschaut Frau Merkel?. Oder der Religiöse, "Pater Braun": Frau Kanzlerin, wieviel Tage würde es dauern wenn ich Ihnen die Beichte abnehmen würde?.

Na klar: Dies war nur eine sehr beschränkte Auswahl. Regierungssprecher Steffen Seibert fasste das Interesse ganz anders zusammen: "Im Mittelpunkt stand klar Europa und der Euro. Viele User interessiert aber auch Persönliches - etwa, was die Kanzlerin in ihrer Freizeit tut." Allerdings war dies am Dienstag auch um 15 Uhr noch nicht nachvollziehbar. Der Google-Moderator moderierte immer noch nicht.

Merkel soll das Hanf freigeben

Womöglich lag es daran, dass der Moderator an die Grenzen seiner Unbestechlichkeit geriet. Manche Fragen waren erkennbar von Interessierten besonders oft per Mausklick unterstützt worden. Vorneweg die Frage des Hanfverbandes, ob Merkel sich vorstellen könne, "den bestehenden Schwarzmarkt für Cannabis durch einen regulierten Markt mit Jugend- und Verbraucherschutz (Kontrolle von Qualität und THC-Gehalt) zu ersetzen und mehr Suchtprävention über Cannabissteuern zu finanzieren".

Um 15.13 Uhr dann der erlösende Anruf: Die Fragenliste ist wieder da. Gerankt. Bis Freitag ist die Abstimmung noch offen. Am 18. November wird Merkels erstes Antwort-Video gezeigt. Stand am Dienstag Nachmittag: Cannabis weiter auf Platz eins. Unter den Top 20 eine einzige Frage im weitesten Sinne zu Europa.

Und die erste Frage zum Privatleben der Kanzlerin lautet: Frau Merkel, was machen Sie jeden Monat mit Ihren Einkommen von über 20 000 Euro??? Name des Fragers: "Pappnase".

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