Youporn-Gründer Fabian Thylmann:Computernerd, Pornokönig, Multimillionär

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Sex sells: die Website Youporn

(Foto: Screenshot: YouPorn)

Brille, Kapuzenjacke, weiches Gesicht, massiger Körper: Fabian Thylmann ist ein Nerd, ein Computerfreak - und der größte Pornokönig, den es je gab. Auf seinen Webseiten schauen Tag für Tag Millionen Menschen Sexvideos an. Seine Verhaftung ist der erste Dämpfer einer außergewöhnlichen Karriere.

Von Johannes Boie

Brille, Kapuzenjacke, weiches Gesicht, massiger Körper. Keine Goldketten. Kein Nerzmantel. Keine überdimensionale Sonnenbrille. Stattdessen: ein Nerd, ein Computerfreak, blass im Gesicht.

Dieser Mann ist Fabian Thylmann, der größte Pornokönig, den es je gab. Ein deutscher Multimillionär, der die Branche auf der gesamten Welt verändert hat, indem er ein völlig neues Geschäftsmodell geschaffen hat. Auf dessen Webseiten Tag für Tag Millionen Menschen Sexvideos anschauen. Thylmann ist gerade mal 34 Jahre alt.

Seit ein paar Tagen allerdings sitzt der "Herrscher im Reich der Lust" (Focus) in seiner Wahlheimat Belgien im Gefängnis. Er soll nach Deutschland ausgeliefert werden, wo ihm Steuerhinterziehung vorgeworfen wird. Den Vorwurf, sein Firmenimperium unterschlage massive Steuerbeträge, hatten zuvor Journalisten der Welt erhoben. Der Beschuldigte streitet das ab, die Berichterstattung der Zeitung ließ er verbieten. Eine endgültige Entscheidung des Düsseldorfer Landgerichts steht noch aus. Seine Verhaftung ist der erste Dämpfer einer außergewöhnlichen Karriere.

Bereits mit 18 Jahren hat der gebürtige Aachener seine ersten Computerprogramme geschrieben. In einem Alter, in dem andere ihr Studium beenden, hatte Thylmann bereits pornografische Internetseiten erworben. Heute ist er der Chef der von ihm gegründeten Firma Manwin. Zu dem Firmengeflecht, das von Zentralen in Kanada und Luxemburg gesteuert wird, gehören mehr als 35 Tochterfirmen und Marken wie Youporn, Brazzers, Pornhub, Tube8 und Mydirtyhobby.

Effektives Geschäfstmodell

Die Produkte, Sexvideos für jeden erdenklichen Fetisch, sind schmuddelig, das Geschäft aber ist einträglich. Und zwar weniger, weil die alte Regel "Sex sells" auch hier noch gilt, sondern vielmehr, weil Thylmann ein effektives Geschäftsmodell fürs Internet entwickelt hat. Also etwas, wonach Unternehmen aus der Musik-, Film- oder Nachrichtenwelt noch händeringend suchen.

Auf zahlreichen Webseiten, die alle zum Manwin-Imperium gehören, können sich Nutzer kostenlos pornografische Inhalte anschauen. Viele dieser Seiten gehören zu den 100 am häufigsten besuchten Internetangebote der Welt. Sie werden öfter besucht als beispielsweise die New York Times, sie spielen in einer Liga mit Facebook, Google und Twitter. Die vielen Millionen Nutzer, die sich gratis Filme anschauen, werden auf den Seiten permanent in einer ausgeklügelten Strategie mit Anzeigen für pornografische Bezahlwebseiten konfrontiert. Diese gehören ebenfalls zum Manwin-Netzwerk. Nur ungefähr jeder tausendste Nutzer soll Schätzungen zufolge darauf eingehen.

Er (oder sie) bezahlt dann einmalig oder in einer Art Abonnement für Pornografie, zum Beispiel, weil auf den Bezahlseiten längere Filme in besserer Qualität zur Verfügung stehen. Doch weil so viele Menschen auf den kostenlosen Seiten unterwegs sind, reicht es auch, wenn sich nur ein sehr kleiner Teil dafür entscheidet, zu bezahlen. Das Manwin-Konzept der größtmöglichen Reichweite rechnet sich. Und wie.

Von circa 60 Millionen Menschen angesurft

Genaue Geschäftszahlen veröffentlicht das Unternehmen zwar nicht. Klar ist aber, dass mehr als ein halbes Dutzend der weltgrößten Gratis-Seiten zu der Firma gehören. Diese werden allein schon von circa 60 Millionen Menschen angesurft, und zwar täglich. Thylmann selbst will zur Finanzierung der Seiten 277 Millionen Euro von einem Hedgefonds bekommen haben. Der Name des Fonds ist nicht bekannt.

Klick für Klick hat der junge Nerd aus Deutschland eine ganze Branche in die Zange genommen. Dass die kleinen Erotikläden in den Innenstädten sterben, weil die Kunden lieber auf Thylmanns Seiten surfen als mit hochgeklappten Mantelkragen in die Shops zu schleichen, ist dabei nur ein Randaspekt.

Längst kümmern sich die Manwin-Tochterfirmen um jeden Schritt der pornografischen Wertschöpfungskette: Vom Dreh bestimmter Filme bis zur Vermarktung der fertigen Produkte beherrschen sie heute den Markt und diktieren die Bedingungen, zum Schaden auch der bestehenden großen Pornoproduzenten aus Los Angeles. Quasi nebenher betreuen die circa 1000 Mitarbeiter des Manwin-Netzwerks auch klassische Erotikseiten wie die des Playboy, die neben den sonstigen Angeboten fast bieder wirken.

Mit Kürzel @ftyl auf Twitter aktiv

Von Thylmann selbst hat man bisher aus mehreren Gründen wenig gehört. Er legt selbst Wert darauf, nicht zu sehr in der Öffentlichkeit zu stehen. So meldet er sich zwar auf Twitter unter dem Kürzel @ftyl regelmäßig zu Wort, etwa zur viel diskutierten Kondompflicht für amerikanische Pornodarsteller. Er unterstützt das Gesetz nicht.

Oder er unterhält sich auf Twitter öffentlich mit seinem Bruder Oliver Thylmann, ebenfalls Internetunternehmer, über Fachfragen, etwa darüber, wie viele Inhalte auf Webseiten gratis sein sollten und wie viele nur für zahlende Nutzer zu sehen sein dürfen, damit am Ende der Gewinn stimmt. Anfragen von Journalisten oder gar Interviews zu seinem Unternehmen aber lehnt Thylmanns Pressesprecherin Kate Miller, die in Kanada arbeitet, in der Regel ab. Auch eine Anfrage zu den aktuellen Vorwürfen der deutschen Staatsanwälte blieb unbeantwortet.

Die Struktur der Manwin-Firmenwelt ist kompliziert und für Außenstehende kaum zu durchblicken. Neben Luxemburg und Kanada unterhält das Netzwerk wohl auch Präsenzen in Zypern, Deutschland, USA und Großbritannien. Auf die deutschen Steuerfahnder wird also viel Arbeit zukommen. Denn Videos stellt Thylmann jederzeit und für alle ins Netz. Die Zahlen, die dahinter stecken, aber eher nicht.

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