Yahoo:Ein Pionier gibt auf

Der traditionsreiche Internetdienst Altavista könnte bald aus dem Netz verschwinden - nur ein Beispiel für den steten Abstieg des Mutterkonzerns Yahoo.

Varinia Bernau

Es war der erste Kompass für ein unbekanntes Terrain: Altavista galt bis zum Ende der neunziger Jahre als die wichtigste Suchmaschine im Internet. Heute kennt sich jeder im Netz aus, kaum einer kennt noch Altavista. Und bald schon könnte der Kompass auch komplett aus dem Netz verschwunden sein.

Der Internetkonzern Yahoo setzt bei traditionsreichen, aber unprofitablen Geschäftsbereichen den Rotstift an - und will offenbar auch die Suchmaschine Altavista einstellen. Yahoo hatte das angeschlagene Unternehmen vor fast acht Jahren übernommen, ist inzwischen aber selbst ins Schlingern geraten.

Auch das Nachrichtenportal Buzz steht auf der Kippe sowie der beliebte Dienst Delicious, den Yahoo vor fünf Jahren gekauft hatte. Mit dem Programm lassen sich verschiedene Webseiten mit einem eigenen Lesezeichen versehen, die jeder dann online auch anderen Nutzern zur Verfügung stellen kann.

Erst vor wenigen Tagen teilte Yahoo mit, dass 600 Mitarbeiter die ohnehin schon stark ausgedünnte Mannschaft verlassen müssen. Damit streicht der Konzern fast jede zwanzigste Stelle, vor allem an den amerikanischen Standorten. Ob das mögliche Aus für die Dienste eine Folge des Personalabbaus ist, ist offen.

Yahoo tut sich seit Jahren schwer, seine hohen Nutzerzahlen in Gewinne umzumünzen. Es mangelt an zahlenden Kunden für Werbeanzeigen. Die stecken ihr Geld lieber in die Annoncen auf anderen Internetseiten, vor allem bei Facebook und Google.

Die Suchmaschine von Google entwickelte sich vor zehn Jahren zu dem, was zuvor Altavista gewesen war: Allein in Deutschland gehen heute neun von zehn Suchanfragen im Netz dort ein. Und auf den Seiten von Facebook, wo die Leute wie auf einer Pinnwand ihr Leben dokumentieren können, verbringt die Internetgemeinde inzwischen sogar mehr Zeit als bei Google.

Auch als Anbieter eines E-Mail-Dienstes hat sich Google längst etabliert - ausgerechnet in jenem Bereich also, in dem einst Yahoo die Nase vorn hatte und nun zahlreiche Stellen für Entwickler streicht.

Die neuen Aufsteiger

Und Facebook hält E-Mails sogar schon für überholt. Erst kürzlich hat der Konzern angekündigt, für die 500 Millionen Mitglieder seines sozialen Netzwerks eine Art digitalen Briefkasten einzurichten. Dort sollen neben E-Mails auch übers Handy verschickte Kurznachrichten und die Gesprächsfetzen aus Internet-Chats landen.

Die neuen Aufsteiger des Internets buhlen inzwischen eifrig um den qualifizierten Nachwuchs im Silicon Valley. Google schraubt die Gehälter seiner weltweit etwa 23000 Mitarbeiter im kommenden Jahr um ein Zehntel hoch, um sie nicht an die Konkurrenz zu verlieren.

Dagegen wirkt die Yahoo-Chefin Carol Bartz nahezu mutlos. Sie trat vor zwei Jahren an, um den einstigen Internetpionier vorm Untergang zu bewahren. In mehreren Runden hat sie insgesamt bereits 2000 Stellen gestrichen, um die Kosten zu drücken.

Die Logik hinter dieser Schlankheitskur: Yahoo streicht all das, was nicht mehr rentabel ist oder, wie es offiziell heißt, nicht mehr in die Strategie passt. Für Anwendungen, die auch auf den internetfähigen Handys funktionieren, wolle der Konzern dagegen Leute anheuern.

Aber den glanzvollen Namen aus den ersten Tagen des Internets wieder zu einer Referenzgröße im Netz zu machen, das hat Yahoo offenbar schon aufgegeben: Der Konzern betonte nun einmal mehr, weiterhin neue Angebote wie das Netzwerk von Facebook ins eigene Portal einzubinden.

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