Windows 8 vor Start:Microsoft kämpft sich zurück

Plötzlich ist Microsoft im Rampenlicht zurück. Computerhersteller, Handybauer und Netzbetreiber schwärmen vom neuen Betriebssystem Windows 8. Jetzt stellt sich die Frage, ob der Softwareriese die enormen Erwartungen auch langfristig erfüllen kann.

Sophie Crocoll

"Der Bestelleingang ist gut, das Privatkundengeschäft wird einen Schub erleben", sagt Wilfried Thom, Deutschlandchef des Computerbauers Acer. "Es wird mehr Wettbewerb auf dem Markt geben, das ist für uns Hersteller fantastisch", sagt Aongus Hegarty, bei Dell für die Regionen Europa, Naher Osten und Afrika zuständig. "Damit entstehen ganz neue Möglichkeiten, ein Gerät zu nutzen - und ganz neue Chancen für Hersteller", sagt Lenovos Marketing-Chef David Roman.

IFA 2012

Mit seinem neuen Betriebssystem will Microsoft wieder innovativ werden.

(Foto: dapd)

Auf der Internationalen Funkausstellung (Ifa) in Berlin schwärmen die Manager der großen Computerhersteller von Microsofts neuem Betriebssystem Windows 8, das Ende Oktober auf den Markt kommen soll. Sie sind sich einig: Es wird der Branche die ersehnte Wende bringen, es wird die Verkäufe auf dem stagnierenden Markt ankurbeln und die Konsumenten dazu bringen, ihr altes Notebook endlich gegen eines auszutauschen, das sich nicht nur über Maus und Tastatur, sondern mit dem Finger über den Bildschirm steuern lässt. Und auch Geschäftskunden, hoffen die Hersteller, werden neue Geräte anschaffen. In Büros ist Microsofts Betriebssystem vorherrschend - Tablet-Computer, die darauf basieren, lassen sich also leichter einbinden.

Es ist lange her, dass der Software-Konzern Microsoft so gefeiert worden ist. In den vergangenen Jahren lief das Unternehmen den Veränderungen in der Branche hinterher, statt sie mitzubestimmen. Von der Begeisterung der Käufer für Alleskönner-Handys und Tablet-Computer profitierten statt Microsoft die großen Widersacher Apple und Google, deren Betriebssysteme für mobile Geräte den Markt bestimmen. Windows 8 soll das Bild vom angestaubten, auf PCs festgelegten Unternehmen ändern, das früher innovativ war, den Anschluss aber verloren hatte.

Wie fühlt es sich an, der Heilsbringer einer ganzen Branche zu sein? "In Redmond ist die Stimmung so gut wie seit der Einführung von Windows XP nicht mehr", sagt Achim Berg. Seit bald einem Jahr kümmert sich Microsofts ehemaliger Deutschlandchef in der Zentrale des Konzerns darum, dass Partner wie Telekommunikationsunternehmen auf der ganzen Welt Microsofts Windows Phone und andere Geräte mit dem Betriebssystem an die Käufer bringen. Berg ist einer der wenigen Deutschen in einer solchen Position bei einem wichtigen US-Konzern. "Die Operator haben großes Interesse an Windows 8", sagt er.

Microsoft als Alternative für Samsung

Denn nicht nur die Computer-Industrie setzt auf das Betriebssystem. US-amerikanische Anbieter wie T-Mobile USA und Verizon haben bereits angekündigt, Windows Phone 8 ins Angebot zu nehmen. AT&T will Smartphones des Herstellers Nokia verkaufen, die mit Microsofts neuer Software laufen. Ein Grund für das Interesse: Jedes iPhone von Apple müssen die Netzbetreiber beim Verkauf bezuschussen. Das schmälert die Einnahmen.

Da dürfte es ihnen recht sein, dass mit Windows 8 nun auch neue Geräte auf den Markt kommen. Gerade hat Samsung auf der Ifa das erste Handy mit Microsofts neuem Betriebssystem vorgestellt - gut eine Woche, nachdem der Konzern dem Konkurrenten Apple in einem Patentstreit in den USA unterlegen war. Samsung braucht Alternativen. Microsoft bietet sie.

Am Mittwoch wird Nokia wohl drei neue Handys mit Windows 8 vorstellen. Seit der Konzern 2011 die Zusammenarbeit mit Microsoft verkündete, hofft er darauf, Kunden zurückzugewinnen, die in den vergangenen Jahren Apple, Samsung und auch HTC bevorzugt haben. Bislang lässt der Erfolg auf sich warten: Im Juni gab Nokia-Chef Stephen Elop, früher selbst bei Microsoft, zu, das Windows Phone verkaufe sich schlecht. Die neue Version des Betriebssystems soll nun endlich Auftrieb bringen.

Microsoft wird nicht nur die Erwartungen seiner Partner erfüllen müssen. Für den Konzern geht es auch darum, sich mit Windows 8 zu beweisen, dass er noch zum innovativen Unternehmen taugt. Ende Oktober bringt der Konzern ein eigenes Tablet auf den Markt. "Das Surface zeigt, was bei diesen Geräten möglich ist", sagt Achim Berg: "Wir müssen uns mit eigenen Geräten breit aufstellen, um gegen die Konkurrenz zu bestehen."

Die hat sich in den vergangenen Jahren einen Vorsprung erarbeitet. Doch manche in der Branche warnen davor, Microsoft zu unterschätzen. "Die haben gute Leute in ihren Laboren und viel Geld auf der hohen Kante", sagt etwa der Manager eines großen Mobilfunkkonzerns. So könne sich Microsoft auch einen langen Atem leisten. Das Lob ist da. Darauf ausruhen können wird sich Microsoft nicht.

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