Windows 10:Microsofts Versionsüberraschung

Viele Nutzer sind unzufrieden mit dem aktuellen Microsoft-Betriebssystem Windows 8.1. Die neue Version muss unbedingt ein Erfolg werden. Um das zu schaffen, überspringt Microsoft sogar einfach eine Versionsnummer - und präsentiert Windows 10.

Von Mirjam Hauck

Die Welt der Computer ist im Wandel. Die Macht geht nicht mehr von den Rechnern auf dem Schreibtisch aus, sondern von smarten Geräten, die man in der Hand hält: Von Tablets und Smartphones. Microsoft hat diesen Wandel deutlich zu spüren bekommen. So schrumpfte im vergangenen Jahr der weltweite PC-Absatz um rund zehn Prozent. Zwar dominiert das Software-Unternehmen aus Redmond, das vor 39 Jahren von Bill Gates und Paul Allen gegründet wurde, immer noch mit etwa 90 Prozent Anteil den Software-Markt bei Desktop-Rechnern. Allerdings waren es 2005 noch satte 96 Prozent.

Bei den zukunftsträchtigen Smartphones und Tablets dagegen liegt Windows nur im unteren einstelligen Bereich und bekommt kaum ein Bein auf den Boden. Windows 8, vor zwei Jahren noch unter dem damaligen Chef Steve Ballmer veröffentlicht, sollte die Wende bringen: Das komplett neue Design mit großen Kacheln als Benutzeroberfläche war auf die Nutzung von Tablets und Smartphones optimiert. Doch die neue Optik verwirrte die Nutzer. Sie kamen mit den Kacheln nicht zu recht und vor allem fehlte ihnen der Startknopf. Nach massiven Nutzerprotesten besserte Microsoft nach und gab den Usern mit Windows 8.1 den Startbutton wieder zurück.

Jetzt kommt das Unternehmen unter dem neuen CEO Satya Nadella mit einer neuen Version: Sie soll Windows 10 heißen, kündigte der zuständige Manager Terry Myerson an. Die Versionsnummer 9, die eigentlich an der Reihe gewesen wäre, lässt Microsoft damit einfach aus. Der Softwareanbieter legte bei der Vorstellung in San Francisco am Dienstagabend einen deutlichen Fokus auf Unternehmen als wichtige Kunden. Windows 10 soll 2015 erscheinen. Zu Preisen äußerte sich Microsoft nicht.

"Es ist Zeit für ein neues Windows", erklärt Microsoft. Bei Windows 10 gibt es wieder das klassische Startmenü. Auch Nutzer des älteren Betriebssystem Windows 7 sollen sich ohne größere Anstrengungen zurechtfinden, betonte Microsoft-Manager Joe Belfiore. Anders als bei Windows 8 soll das Betriebssystem nicht automatisch in der Kachelansicht starten. Nutzer sollen wählen können, ob sie ihren Rechner im altbekannten Desktop-Modus oder in der neuen Ansicht starten möchten. Zudem soll sich Windows 10 nicht mehr auf allen Geräten gleich verhalten. Wird die neue Windows-Version auf einem klassischen Desktop-Computer oder Notebook verwendet, soll sich die Kacheloptik automatisch abschalten.

Ausruhen reicht nicht

Damit könnte CEO Nadella zum einen die Probleme beheben, die Windows 8 den PC-Benutzern gemacht hat. Zum anderen geht Microsoft damit den Weg von der Softwarezentrierten Firma hin zum Unternehmen, das passende Dienste für jede Plattform anbietet. Nadella, der gebürtige Inder, ist im Februar angetreten, um nicht alles, aber doch einiges anders zu machen als sein dominant auftretender Vorgänger Steve Ballmer. Dem träge gewordenen Unternehmen verpasste er bereits im Frühjahr eine neue strategische Ausrichtung, als er bei seinem ersten Auftritt vor der Presse die iPad-Version von Office präsentierte.

Zwar war die Entwicklung des populären Bürosoftware-Pakets noch unter Ballmer begonnen worden. Doch dieser trieb die Entwicklung nicht voran, da er befürchtete, dass es Konkurrent Apple dann noch leichter gelingen werde, sein iPad gegen die Microsoft-Tablets Surface zu etablieren. Eine Woche später überraschte Nadella auf der Entwicklerkonferenz von Microsoft mit der Ankündigung, künftig Windows für Tablets und Smartphones den Herstellern kostenlos zu überlassen. Genauso wie es eben Google mit seinem mobilen Betriebssystem Android macht und sich so riesige Marktanteile erobert hat. Ballmer hatte sich stets dagegen gewehrt, Windows zu verschenken. Nadella aber weiß, dass er sich nicht auf den 90 Prozent Marktanteil für Desktop-PCs ausruhen kann.

Tatsächlich läuft auf rund 715 Millionen Unternehmensrechnern weltweit Windows, auf mehr als der Hälfte, rund 361 Millionen, ist das Windows 7. Version 8 hingegen ist bislang lediglich auf etwas über 16 Millionen Geschäfts-Computern installiert. Besser läuft es nach Zahlen von IDC bei den Heimanwendern. Bei privaten Rechnern haben die Marktforscher rund 117 Millionen Nutzer von Windows 8 gezählt, dem stehen aber noch 322 Millionen Anwender von Windows 7 gegenüber.

Ob alle von ihnen freiwillig auf das Kachel-Betriebssystem umgestiegen sind, ist fraglich. Schließlich rüstet seit mehreren Jahren kaum ein Laptop- oder PC-Hersteller seine Komplettrechner mehr mit dem alten System Windows 7 aus. Stattdessen ist Windows 8 im Kaufpreis bereits enthalten und schon vorinstalliert. Wer heute noch Windows 7 auf einem neuen Rechner haben will, muss also draufzahlen. Und so schlimm ist Windows 8 dann doch nicht.

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