Weltmeisterschaft in League of Legends:Wie koreanische Teams den E-Sport dominieren

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12 000 Menschen verfolgten in Berlin das WM-Finale des Computer-Spiels League of Legends. (Foto: Paul Zinken/dpa)
  • Zum Finale der Weltmeisterschaft im Computerspiel League of Legends kommen 12 000 Fans in die Mercedes-Benz-Arena in Berlin.
  • Beide Finalisten sind Mannschaften aus Südkorea: Ein Beweis dafür, wie das Land den E-Sport dominiert.
  • Die Computerspieler genießen in Korea Star-Status. Vor allem ein 19-Jähriger hat es den Fans angetan.

Von Caspar von Au, Berlin

Weiße Blitze, rote Blitze zucken über die Bühne. Lee Sang-Hyeoks Augen hinter der dicken Brille sehen müde aus. Er umklammert auf der ovalen Bühne in der Mitte der Arena das Mikrofon. Das Gesicht des schmächtigen 19-Jährigen aus Korea ist mehrere Meter groß auf den vier Videoleinwänden der Berliner Mercedes-Benz-Arena zu sehen. "Hi guys!", sagt Lee. Der Rest geht unter, im Kreischen, Jubeln, Klatschen von 12 000 Menschen. Lee hat gerade mit seinem Team eine Million Dollar gewonnen. Er ist der Lionel Messi der Computerspieler.

An diesem Samstag ist Lees Mannschaft "SK Telecom T1" zum zweiten Mal nach 2013 Weltmeister in League of Legends geworden. 67 Millionen Menschen spielen das Spiel weltweit. Es geht darum, das gegnerische Team zu vernichten. Jedes Team besteht aus fünf Spielern, von denen jeder eine bestimmte Rolle erfüllt und einen von 125 Helden mit einzigartigen Fähigkeiten steuert. Die Spieler müssen vorbei an gegnerischen Helden, an Wachtürmen, um schließlich die feindliche Basis zu zerstören.

Für die meisten ist das Spiel ein Hobby, für einige wenige ein Beruf. Sie sind E-Sportler. Woche für Woche treten sie in Ligen auf ihren Heimatkontinenten gegeneinander an. Die besten von ihnen nehmen an den "League of Legends World Championships" teil, deren Finale in Berlin zum fünften Mal ausgetragen wurde. Die Tickets waren nach nur 90 Sekunden ausverkauft.

Die Teams sitzen sich in zwei Reihen mit je fünf Computern gegenüber. Konzentriert starren sie auf ihre Bildschirme, bedienen Maus und Tastatur. Hinter ihnen tigern die Trainer auf und ab, geben den Spielern über Headsets Anweisungen.

Mit Leuchtkugeln gegen den Skorpion

Lee Sang-Hyeok spielt seinen Lieblingshelden, einen großen, glatzköpfigen Zauberer mit blauer Haut. Er bewacht einen Turm im Zentrum der "Kluft der Beschwörer", als sich ein riesiges skorpionartiges Etwas und ein anderer Zauberer mit Schwert auf ihn stürzen. Lee zieht seinen blauen Zauberer zurück. Gleichzeitig schießt er fünf blaue Leuchtkugeln auf die Angreifer. Er tötet den Skorpion, gewinnt alleine gegen gleich zwei gegnerische Helden.

Lee gilt als der talentierteste und aktuell beste League-of-Legends-Spieler der Welt. Ein Messi unter lauter Schweinsteigers, Lahms und Götzes. Die Fans kennen ihn unter dem Namen, den er im Spiel benutzt: Faker. "Er ist ein Magier", sagt Trevor Henry, einer der Kommentatoren der Weltmeisterschaft. "Faker! Faker!", skandiert die Menge nach Lees Sieg.

Entscheidend ist, was auf dem Bildschirm passiert: Beim E-Sport ist höchste Konzentration gefragt. (Foto: dpa)

E-Sportler genießen in Südkorea Star-Status, Lee ist dort so bekannt wie ein Fußballnationalspieler in Deutschland. Die Turniere werden im Fernsehen übertragen. Spieler wie Faker dürfen sogar den verpflichtenden Militärdienst zugunsten ihrer Karriere um ein paar Jahre verschieben.

Der sportliche Wettkampf zwischen Computerspielern ist in Südkorea längst kein Randphänomen mehr, sondern fester Bestandteil der Kultur. Seit 2000 kümmert sich die Korea E-Sports Association (KeSPA) als offizieller Dachverband um 22 Disziplinen - neben League of Legends sind das unter anderem die Spiele Dota 2, Starcraft II und Counter-Strike - und ist sogar Mitglied des olympischen Komitees in Südkorea.

Fans verkleiden sich mit Waffen und Lederrüstungen

Die Europäer und Amerikaner haben in Berlin denn auch nichts zu melden. Für das Finale haben sich zwei südkoreanische Teams qualifiziert: KOO Tigers und SK Telecom T1. Fakers Telecom-Mannschaft gilt als Favorit. Die fünf Spieler haben bisher kein einziges Spiel verloren und nach und nach alle Mitbewerber aus Nordamerika, Europa, China, Taiwan und Brasilien aus dem Turnier gekegelt. "Die koreanischen League-of-Legends-Teams haben so eine gute Infrastruktur von Trainern, Analysten und Talentsuchern", erklärt Trevor Henry. "Sie finden immer die richtigen Spieler zur richtigen Zeit und trainieren sie auf die richtige Art und Weise."

Seit einigen Jahren schwappt die Begeisterung für den E-Sport auch nach Europa über. Größere E-Sport-Turniere wie zuletzt im Frankfurter Fußballstadion, während der Gamescom in Köln und nun in Berlin locken Tausende Zuschauer an - selbst wenn das Finale wie in der Mercedes-Benz-Arena ohne europäische Beteiligung stattfindet.

Die Fans kommen aus Münster und Karlsruhe, aus Luxemburg, Österreich und Litauen angereist. Sie bringen Pappschilder mit. "Faker > all", steht auf einem - Faker ist besser als alle. Einige Zuschauer haben sich aufwändig verkleidet, mit Perücken, Lederrüstungen, Zauberstäben und nachgebauten Waffen. Andere decken sich am Fan-Shop mit Plüschhüten ein. Die Verkleidungen sind meist den Helden aus dem Spiel nachempfunden.

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Während der Spiele kleben die Zuschauer mit ihren Augen an der Leinwand. Wer den Bruchteil einer Sekunde nicht aufpasst, verpasst möglicherweise einen entscheidenden Spielzug, so schnell ist das Spiel. Überall funkelt es rot und blau von den Rängen, die Fans haben am Eingang leuchtende Armbänder und aufblasbare Stäbe zum Klatschen bekommen.

Nach zwei Spielen stehen die KOO Tigers mit dem Rücken zur Wand, SK Telecom T1 führt mit 2:0. Doch die KOO Tigers bäumen sich noch einmal auf. Sie schaffen das für unmöglich Gehaltene und fügen SK Telecom T1 ihre erste Niederlage bei der Weltmeisterschaft zu.

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Die Arena vibriert. Jeder Zuschauer jubelt jetzt für die Underdogs. Es scheint, als wären sie aus einer Trance erwacht. "Koo, Koo, Koo", schallt es immer wieder durch die Arena. Laola-Wellen.

Spiel vier gewinnt trotzdem SK Telecom T1. Auch weil Lee und sein Lieblingsheld, der blaue Zauberer, kein Erbarmen kennen. Gegner um Gegner vernichtet er mit seinen Leuchtkugeln, bis sein Team die Basis der KOO Tigers einrennt. Rund um die Bühne schießen Fontänen aus grellem Licht aus dem Boden. Die Spieler liegen sich in den Armen. Gemeinsam stemmen sie den silbernen Pokal in die Höhe.

Für den E-Sport ist das nur positiv, da sind sich alle Beteiligten einig. "Natürlich ist es großartig, die Weltmeisterschaft zweimal zu gewinnen", sagt Lee nach dem Spiel. "Aber ich glaube, dass das nur der Anfang von dem ist, wie groß E-Sport sein wird." Künftig wird sich die Szene weiter professionalisieren: Es wird mehr E-Sport-Trainer, mehr Kommentatoren und Analysten geben. "League of Legends ist jetzt schon eine richtige Sportart", sagt Henry. "Um das nachhaltig zu stärken, müssen erfahrene Spieler ihr Wissen an junge Talente weitergeben." Dann haben die Teams aus Europa und Nordamerika vielleicht wieder eine Chance gegen die Übermacht der Koreaner.

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