Web Index vorgestellt:Deutschlands digitale Mittelmäßigkeit

Während Deutschland noch debattiert, ob das Internet dumm macht, treiben andere Länder den digitalen Wandel voran. Das macht sich negativ bemerkbar: Andere Nationen profitieren nach dem jetzt vorgestellten Web Index stärker von den Möglichkeiten des World Wide Web - die Bundesrepublik dümpelt dagegen im Mittelfeld.

Inga Methling

web index

Auf thewebindex.org zeigt eine interaktive Karte, welche Länder wie stark vom Internet beeinflusst werden und wie hoch das Einkommen dort ist. 

(Foto: Screenshot: thewebindex.org)

In welchen Ländern hat sich das World Wide Web in den letzten 20 Jahren am besten entwickelt? Das wollte sein Erfinder Tim Berners Lee wissen. Der Web Index, den er kürzlich in Berlin präsentierte, gibt die Antwort: Die Schweden profitieren am meisten vom World Wide Web, noch vor den USA und Großbritannien. Deutschland schafft es nur auf Platz 16.

Lee und seine Organisation die World Wide Web Foundation untersuchten insgesamt 61 Länder auf technische Rahmenbedingungen wie die Anzahl der Internetanschlüsse, Ladezeiten oder Qualität der Websites. Noch interessanter fanden die Wissenschaftler aber, wie stark die Bevölkerung der einzelnen Länder heute durch das Netz beeinflusst wird. Die Fragen, die sie sich stellten: Wie aktiv sind Politiker in sozialen Netzwerken? Wie schnell kommen Katastrophenwarnungen bei den Menschen an? Sind Schulen mit genug Computern versorgt und wie viele Jobs werden online angeboten?

Das Ergebnis: Schwedische Politiker ziehen den größten Nutzen aus dem Netz. Deutschland hingegen liegt beim Thema sogar hinter Ägypten, Mexiko und Russland. Auch auf das soziale Leben hat das Internet in China, Korea oder Qatar größeren Einfluss als in Deutschland. Lediglich beim technischen Fortschritt schafft es die Bundesrepublik in die Top Ten.

"Die Deutschen haben Angst vor dem Internet"

Doch woher kommt Schwedens Rolle als Internetpionier? Markus Beckedahl von der Lobbyorganisation Digitale Gesellschaft sieht den größten Unterscheid in der Mentalität: "Die Schweden haben ein starkes Gemeinschaftgefühl und gehen offen mit dem Internet um, in Deutschland werden doch nur Ängste geschürt." Die Regierung des Sozialstaats habe zudem früh mit dem Breitband-Ausbau angefangen, die deutschen Politiker verweisen dem Blogger zufolge immer nur auf den Markt." Aber der bringt die Glasfaser auch nicht bis ins hinterste Dorf", kritisiert er. Der 35-Jährige hat auch noch eine ganz praktische Antwort auf Schwedens Vorreiter-Rolle: "Die Menschen wohnen dort viel weiter auseinander und sind deshalb stärker auf das Internet angewiesen."

Der Web Index basiert unter anderem auf Zahlen der Vereinten Nationen, der CIA und der Weltbank. Google hat das Projekt mit einer Million Dollar gefördert.

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