Vorratsdatenspeicherung:Denn sie wissen nicht wie

Ab dem Jahreswechsel müssen auch E-Mail-Verbindungsdaten und IP-Adressen gespeichert werden - obwohl eine technische Richtlinie zur Umsetzung nicht vorliegt, wie die Provider klagen.

Am 1. Januar tritt die nächste Stufe der Vorratsdatenspeicherung in Kraft - dann müssen auch E-Mail-Verbindungsdaten sowie IP-Adressen gespeichert werden. Unmittelbar vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Vorschriften klagen Internet-Provider, dass sie noch keine technische Richtlinie zur Umsetzung der Bestimmungen hätten.

Vorratsdatenspeicherung: Mehrere hundert Millionen investierten die Internetanbieter in Hardware für die Vorratsdatenspeicherung. Ob die jedoch bestand hat, ist noch ungewiss.

Mehrere hundert Millionen investierten die Internetanbieter in Hardware für die Vorratsdatenspeicherung. Ob die jedoch bestand hat, ist noch ungewiss.

(Foto: Foto: AP)

"Wir wissen zwar, was wir speichern sollen, aber nicht, wie wir das tun sollen", sagt der Sprecher des Internet-Anbieters 1&1, Andreas Maurer. "Wir werden die gesetzlichen Anforderungen umsetzen, obwohl die technischen Rahmenbedingungen dafür fehlen."

Die "Technische Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation", kurz TR TKÜ genannt, enthält in der aktuellen Ausgabe der Bundesnetzagentur vom Februar 2008 noch keine Vorgaben, auf welche Weise die geforderten Daten gespeichert werden sollen.

Dazu gehören ab 1. Januar nach dem Gesetzeswortlaut bei den "Diensten der elektronischen Post" auch "die Kennung des elektronischen Postfachs und die Internetprotokoll-Adresse des Absenders sowie die Kennung des elektronischen Postfachs jedes Empfängers der Nachricht" sowie "die Zeitpunkte der ... Nutzungen des Dienstes nach Datum und Uhrzeit". Hinzu kommen die IP-Adressen jedes Internet-Nutzers, die Anschlusskennung des Providers und Zeiten der Internet-Nutzung, einschließlich der Verbindungsdaten von Internet-Telefonaten.

Unmengen von Daten fallen an

Bereits seit einem Jahr müssen die Verbindungsdaten von Telefongesprächen im Festnetz und Mobilfunk für die Dauer von sechs Monaten aufgehoben werden. Bei einem begründeten Verdacht schwerer Straftaten müssen die Daten dann den Strafverfolgsbehörden vorgelegt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat dies in einer Entscheidung zu einem Eilantrag gegen das Gesetz so vorgeschrieben. Die Grundsatzentscheidung zur Vorratsdatenspeicherung wird in Karlsruhe in der ersten Hälfte des neuen Jahres erwartet.

Die Provider müssen die Verbindungsdaten aber ab dem Neujahrstag speichern und vorrätig halten. "Das sind unglaubliche Datenmengen, die da zusammenkommen", sagt Firmensprecher Maurer. Allein bei 1&1 sind das nach seinen Angaben täglich mehr als drei Millionen DSL-Verbindungsdaten und monatlich die Daten von fünf Milliarden E-Mails.

Für die Anforderungen der Vorratsdatenspeicherung hat der Internet-Provider spezielle Hardware angeschafft und arbeitet mit Software-Dienstleistern zusammen. Da dabei auch eine Backup-Lösung erforderlich ist, muss darauf geachtet werden, dass die Originaldaten mit den Backup-Daten synchron gehalten und nicht länger als sechs Monate aufbewahrt werden. "Das ist technisch gar nicht mehr so trivial", sagt Maurer.

Millionen in Überwachungstechnik investiert

Bei 1&1 werden die Investitionen zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung mit mehr als einer Million Euro beziffert. Geld vom Staat soll es nur dann geben, wenn die Behörden beim Provider auch eine Anfrage nach Daten stellen. Der Vorsitzende des Provider-Verbands Eco, Michael Rotert, kritisiert einen Gesamtaufwand der Branche von 332 Millionen Euro "für die Anschaffung von Überwachungstechnik zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung - und das, obwohl es wegen der zahlreichen Verfassungsbeschwerden ungewiss ist, ob die Vorratsdatenspeicherung überhaupt Bestand hat".

Bei der Bundesnetzagentur heißt es, dass eine technische Richtlinie für "automatisierte Abfragen" der Strafverfolgungsbehörden bei den Providern geplant sei. Dafür gebe es aber noch nicht den Auftrag des Gesetzgebers, da die Überarbeitung der Telekommunikations-Überwachungsversordnung (TKÜV) im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie noch nicht abgeschlossen sei. Was aber, wenn die technische Richtlinie andere Anforderungen stellt, als sie das Internet-Unternehmen jetzt praktiziert? "Dann hätten wir ein Problem", sagt Maurer. "Dann wären die Investitionen alle für die Katz."

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