Vodafone und Deutsche Telekom:Ringen um das Internet der Zukunft

Landesregierung berät über Perspektiven für ländlichen Raum

Ein Verteilerkasten für Glasfaser-Kabel in Sachsen-Anhalt.

(Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Deutschland ist beim Ausbau des schnellen Internets Entwicklungsland. Konkurrenten wie Vodafone gehen gegen die Macht der Telekom in die Offensive.

Von Helmut Martin-Jung und Benedikt Müller

Glasfaser-Verbindungen, darin sind sich die Experten einig, gehört die Zukunft. Je nachdem, wie viel Intelligenz man in die Geräte an den jeweiligen Enden der Fasern steckt, können die hauchfeinen Glasröhrchen per Lichtimpuls schier unglaubliche Datenmengen übertragen. Genau das, was eine Gesellschaft braucht, die ihre Industrie vernetzen und Autos autonom fahren lassen will.

Doch ausgerechnet Deutschland, die stärkste Wirtschaftsnation Europas, hinkt beim Ausbau von Glasfaserleitungen dramatisch hinterher. Im OECD-Vergleich liegt Deutschland auf Platz 28 von 32. Nur 6,6 Prozent der deutschen Haushalte haben Zugang zu Glasfaserleitungen, auf dem Land sind es gar nur 1,4 Prozent. In Estland dagegen sind es 73 Prozent, in Schweden 56. Ermittelt hat diese Daten das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.

Zwar wurde in den vergangenen Jahren bei mittleren Bandbreiten, also etwa 25 bis 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) einiges erreicht, doch dafür werden für die letzte Meile meist die vorhandenen Kupferleitungen genutzt - recht viel mehr Leistung lässt sich aus ihnen meistens nicht herausquetschen, da es stark von der Länge des Kabels bis zum nächsten Anschlusskasten abhängt, wie viele Daten tatsächlich beim Kunden ankommen. Außerdem lassen sich Daten wesentlich langsamer hochladen, als man sie herunterladen kann.

Bei Glasfaser-Anschlüssen aber ist viel zu wenig passiert: "Das eigentliche Drama ist, dass der Aufholprozess durch politische Weichenstellungen unzureichend unterstützt wird", sagt Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Das zu ändern, dazu rufen nun die versammelten Verbände der Glasfaser- und Kabelnetz-Anbieter auf. In einer gemeinsamen Erklärung fordern sie die künftige Bundesregierung auf, die Vergabe von Fördergeld zwingend auf Gigabit-Netze zu beschränken.

Forderungen an die künftige Regierung und eine Milliarden-Investition

In dieselbe Kerbe schlägt auch Hannes Ametsreiter, der Chef von Vodafone Deutschland , der gerade eine milliardenschwere Investition in Gigabit-Netze angekündigt hat. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Deutsche Telekom. Der Vorwurf: Indem sie auf Kupferleitungen setze, die mit dem sogenannten Vectoring noch etwas aufgepeppt werden, blockiere sie den Wechsel zu schnelleren und zukunftssichereren Technologien wie Glasfaser oder Koaxialkabel.

Bei der Deutschen Telekom sieht man das anders. Pro Jahr investiere man etwa fünf Milliarden Euro in Deutschland. Bis etwa Vodafone mit seinen angekündigten Investitionen starte, habe man längst eine großflächige Versorgung mit schnellen Internetanschlüssen geschaffen. Auch die Telekom werde weiter in Gigabit-Anschlüsse investieren. Und anders als Vodafone habe man längst damit begonnen, Gewerbegebiete ans Glasfasernetz anzuschließen. Die Telekom argumentiert zudem, es wäre teurer und langwieriger, Glasfaser-Anschlüsse in jedes Haus zu verlegen, als das vorhandene Kupfer zu nutzen. In ländlichen Regionen sei auch die Nachfrage nach Glasfaser-Bandbreiten niedrig, zumindest unter Privatkunden.

Doch Tatsache ist auch, dass 80 Prozent der heute verfügbaren Glasfaser-Anschlüsse in Gebäuden oder Wohnungen von den alternativen Anbietern errichtet wurden. Diese haben zusammen auch mehr Geld in den Breitbandausbau investiert als die Telekom. Der deutsche Landkreistag begrüßte denn auch die Offensive von Vodafone. Sein Präsident, der ostholsteinische Landrat Reinhard Sager, sagte, man müsse "auf Glasfaser setzen und vermehrt kommunale Betreibermodelle fördern".

Die Politik wird sich in der kommenden Legislaturperiode aber auch mit der Regulierung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland befassen müssen. Die alternativen Anbieter verlangen, dass die Kontrolle der Telekom durch die Bundesnetzagentur fortgesetzt werden müsse, wegen der marktbeherrschenden Stellung der Telekom. Diese muss Anschlüsse zu regulierten Preisen für Wettbewerber zur Verfügung stellen. Die Telekom dagegen wäre diese Fesseln gerne los. Aus Sicht des Bonner Konzerns ist das verständlich. Sie müssten dann den Zugang zu ihren Anschlüssen für andere nicht mehr zu einem regulierten Preis anbieten, sondern könnten ihn selbst festsetzen. Zu hohe Preise aber könnten es für Konkurrenten unrentabel machen, Anschlüsse zu nutzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: