US-Anklage gegen Hacker:China weist Cyberspionage-Vorwürfe scharf zurück

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Die Klage der USA gegen chinesische Militärs wegen Hackerangriffen sorgt für Empörung in Peking: Die Vorwürfe seien "absurd", heißt es. China sei im Gegenteil selbst "Opfer von Cyberdiebstahl und Abhöraktivitäten".

Von Kai Strittmatter, Peking

Chinas Regierung hat die Cyberspionage-Vorwürfe der USA als "erfunden" und "absurd" bezeichnet. Das Außenministerium in Peking bestellte schon am Montagabend den amerikanischen Botschafter Max Baucus ein und verlangte von den USA die Zurücknahme der am selben Tag in Washington vorgestellten Anklage gegen fünf Angehörige der chinesischen Volksbefreiungsarmee.

Chinas Verteidigungsministerium beschuldigte in einer Erklärung am Dienstag die Vereinigten Staaten der "Heuchelei" und der "Doppelmoral". China sei "ein Beschützer der Internetsicherheit", hieß es in der Erklärung. Chinas Regierung und Militär hätten "sich niemals beteiligt am Diebstahl von Wirtschaftsgeheimnissen". China sei im Gegenteil selbst "Opfer von Cyberdiebstahl und Abhöraktivitäten" seitens der USA. Schon am Montagabend hatte China erklärt, das Land stelle aus Protest seine Mitarbeit in der erst vor einem Jahr geschaffenen chinesisch-amerikanischen Cyber-Arbeitsgruppe ein.

Der Schlagabtausch zwischen Peking und Washington um Cyberspionage hat in den vergangenen zwei Jahren erheblich an Schärfe gewonnen. Die nun auf Eis gelegte gemeinsame Arbeitsgruppe war erst im April 2013 gegründet worden. Damals stand vor allem China im Kreuzfeuer der Kritik. Ein Bericht des amerikanischen Sicherheitsanbieters Mandiant hatte im Februar vergangenen Jahres detailliert die Arbeit einer geheimen Abteilung der Volksbefreiungsarmee aufgedeckt, die von einem Bürogebäude in Shanghai aus offenbar jahrelang Cyberangriffe in großem Stil auf amerikanische Behörden und Firmen durchgeführt hatte. Die fünf nun von den USA offiziell gesuchten Männer gehören der Anklage zufolge dieser Einheit an. Opfer sollen demnach unter anderem der US-Atomkraftwerkbetreiber Westinghouse sowie die amerikanische Tochter der deutschen Solarworld sein. Das US-Justizministerium nannte die Klage, die nun vor einem Bundesgericht in Pennsylvania verhandelt werden soll, einen "Weckruf".

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Die USA seien "der Dieb, der 'Haltet den Dieb'" rufe

Spätestens seit den NSA-Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden allerdings ist die Glaubwürdigkeit der USA angeschlagen. Die Dokumente über das Prism-Programm deckten auf, wie die NSA flächendeckend chinesische Netzwerke und Universitäten infiltrierte und unter anderem den chinesischen Telekom-Anbieter Huawei ausspionierte. Die USA ziehen in ihrer Argumentation und auch in der Anklage vom Montag nun eine Linie zwischen Spionage im Interesse der nationalen Sicherheit - die sie eingestehen - und Wirtschaftsspionage. Die NSA behauptet bis heute, keine Wirtschaftsspionage zu betreiben. In der Debatte in China ist diese Unterscheidung allerdings kein Thema, auch nicht in Chinas sozialen Netzwerken und Internetforen. Die USA seien "der Dieb, der 'Haltet den Dieb'" rufe, hieß es in Kommentaren. Auch Chinas Verteidigungsministerium verwies am Dienstag auf Snowdens NSA-Enthüllungen, um zu belegen, dass "Chinas Militär ein ernsthaftes Opfer von US-Aktivitäten" sei.

Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte derweil neue Zahlen des Staatlichen Internet-Informations-Amtes, die das Ausmaß amerikanischer Cyberspionage in China belegen sollen. Demzufolge hätten chinesische Experten allein in den vergangenen zwei Monaten unter anderem mehr als 1,18 Millionen Rechner in China entdeckt, die durch Trojaner oder andere Spionagesoftware von den USA aus kontrolliert würden. Die amerikanischen Angriffe galten demzufolge Behörden ebenso wie Universitäten und Unternehmen. "Chinas Führer sind ebenso Ziel wie einfache Bürger und jeder mit einem Handy", schreibt Xinhua.

Die von den USA veröffentlichten Steckbriefe der fünf nun Angeklagten machten in Chinas sozialen Netzwerken schnell Karriere: "Helden", schrieb ein Nutzer darunter.

© SZ vom 21.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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