UMTS-Nachfolger LTE:Revolution aus dem Schuhkarton

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Der UMTS-Nachfolger LTE hat einen Datendurchsatz, wie ihn bisher nur schnelle kabelgebundene Internetanschlüsse leisten. Doch diese Bandbreite steht nur einmal pro Funkzelle zur Verfügung. Sogenannte Metrozellen sollen das Problem jetzt lösen.

Helmut Martin-Jung

Die Revolution passt in ein schlankes Gehäuse, etwa so groß wie zwei Schuhkartons. Die unauffälligen Kästen, im Fachjargon Metrozellen genannt, sollen ein Problem lösen, das auf die Nutzer mobiler Internetdienste und die Netzbetreiber zurollt. Zwar verspricht die neue Technik LTE (Long Term Evolution) einen Datendurchsatz, wie ihn bisher nur die schnellsten kabelgebundenen Internetanschlüsse leisten können.

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Doch dabei gilt, anders als beim Festnetz: Diese Bandbreite steht nur einmal pro Funkzelle zur Verfügung, man muss also mit allen anderen auf der virtuellen Autobahn fahren. Was aber, wenn es um belebte Plätze in Metropolen geht, um Sportstadien, wo sich Zehntausende drängen und mit ihren Facebook-Freunden kommunizieren, vielleicht sogar Videos übermitteln wollen? Dann sind Staus programmiert und der Ärger der Kunden auch.

Das Problem kennt man bereits von den bestehenden UMTS-Netzen, die von LTE langfristig abgelöst werden sollen. Doch den Fehler, dass man mit der Nachfrage nach immer mehr Datendurchsatz wieder mal nicht mithalten kann, will man nicht ein zweites Mal machen.

Kleine Metrozellen

Der Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent hatte dazu bereits zum Mobile World Congress 2011 eine Lösung vorgestellt, die nun, ein Jahr später, erstmals einem Massentest unterzogen wurde. In Kooperation mit dem spanischen Telefonica-Konzern und Samsung wurden mehr als 1000 Besucher der Fachmesse in Barcelona mit einem LTE-fähigen Tablet-Computer sowie mit einem LTE-Stick für den USB-Anschluss ausgestattet. Das gesamte Messegelände sowie angrenzende Gebiete wurden mit sogenannten Metrozellen versorgt.

Die Metrozellen, klein und unauffällig, sollen dort eingesetzt werden, wo es nicht reicht, eine große Antenne aufzustellen, die ein größeres Gebiet bestreicht. Das ist einer der Vorteile von LTE. Aber: Wollen viele gleichzeitig ins Netz, kommt es schnell zu Engpässen. Hier sollen die kleinen Stationen helfen: "Es ist, als ob Sie einer Autobahn ein paar zusätzliche Spuren spendieren", sagt Tom Gruba von Alcatel-Lucent. Die meiste Zeit, ergänzt er, fehle es ja im mobilen Datenverkehr nicht an Reichweite, sondern an der Kapazität, also der Menge an Daten, die man gleichzeitig durchs Netz schicken kann.

Auf dem Messegelände von Barcelona, wo jeder der rund 60.000 Besucher mindestens ein netzwerkfähiges Gerät mit sich herumträgt und die Netze oft genug verstopft sind, durfte man sich damit privilegiert fühlen. Auch hochaufgelöste Bilder ließen sich in wenigen Sekunden herunterladen, Videotelefonate über Skype liefen ruckelfrei durch.

Und noch ein Unterschied wurde im Test deutlich: Die Technik, die bei Long Term Evolution eingesetzt wird, hat wesentlich geringere Latenzzeiten, braucht also viel weniger Zeit, um eine Anfrage zu antworten als man dies von UMTS kennt. Man klickt auf einen Link, und unmittelbar darauf wird die Seite geladen. Dies macht das Nutzen von Internetdiensten angenehm, vor allem aber ist es unverzichtbar, wenn es darum geht, dass Maschinen zeitkritische Daten untereinander austauschen. Viele Entwicklungen in der Telematik und Verkehrssicherheit setzen daher ihre Hoffnungen auf diese neue Technik.

In Europa steht Deutschland dabei gar nicht so schlecht da. Die neuen Netze sollen von Juli dieses Jahres an in die Metropolregionen kommen, die Telefonica-Tochter O2 will dann beispielsweise den Großraum München (inklusive Augsburg und Rosenheim) nach und nach versorgen. Bis dann, so wird prognostiziert, haben die drei Netzanbieter, die sich an der Auktion der Frequenzen für LTE beteiligt hatten, ihre Verpflichtungen erfüllt. Es war ihnen auferlegt worden, mit der neuen Technik zunächst die Gegenden mit Internetzugängen zu versorgen, die bisher aus wirtschaftlichen Erwägungen außen vor geblieben waren.

© SZ vom 05.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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