Umstrittenes Anti-Piraterie-Abkommen:FDP will Acta gerichtlich prüfen lassen

Nach der EU-Justizkommissarin Viviane Reding will nun auch die FDP Acta vom Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Während die genauen Gründe für den Stopp der Unterschrift durch das Justizministerium weiter unklar bleiben, deutet sich an, dass die Acta-Regeln zum digitalen Urheberrecht noch einmal separat diskutiert werden.

Susanne Höll

Auch aus der FDP wird nun der Ruf laut, wonach der Europäische Gerichtshof das höchst umstrittene internationale Abkommen gegen Produktpiraterie Acta überprüfen soll. Eine solche Expertise wäre sinnvoll, weil dann feststehe, ob die Übereinkunft mit der europäischen Grundrechtecharta vereinbar sei, sagten die Innen- und Rechtsexperten der FDP-Bundestagsfraktion am Donnerstag in Berlin.

Die Vize-Fraktionsvorsitzende Gisela Piltz und die Abgeordneten Hartfrid Wolff und Marco Buschmann sagten, wenn der Gerichtshof den Vertrag gutheiße, könne die Bundesregierung ihn unterzeichnen und der Bundestag ratifizieren. Andernfalls wäre das Abkommen gescheitert.

Die drei FDP-Politiker sprachen sich zudem dafür aus, vor jedweder weiteren deutschen Entscheidung in dieser Frage das Votum des Europäischen Parlaments über das Acta-Vertragswerk abzuwarten.

Leutheussers Gründe bleiben unbekannt

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte vergangene Woche die lange geplante und weitgehend unumstrittene Unterzeichnung des Abkommens vertagt, nachdem Internetaktivisten, Grüne und die Piratenpartei am Wochenende europaweit gegen das Projekt protestiert hatten. Dieser Zeitgewinn könne nun genutzt werden, um neue Zweifel an dem Vertrag auszuräumen, sagten die FDP-Politiker.

Zugleich machten sie aber deutlich, dass sie die Einwände der Acta-Kritiker nicht teilen und zumindest für Deutschland bislang keine Einschränkung von Rechten der Internet-Nutzer und der Freiheit im Netz sehen. Aus welchen Gründen Leutheusser die vom Bundeskabinett gebilligte Unterzeichnung des Vertrags verschoben hatte, vermochten auch die drei Parlamentarier nicht zu erklären.

Die Grünen im Europaparlament befürworten seit langem eine Prüfung des Acta-Vertrags durch den Europäischen Gerichtshof, inzwischen sind auch Sozialdemokraten dafür. Eine solche Expertise kann das Europaparlament anfordern.

Wird das Abkommen aufgeschnürt?

Nach Einschätzung des grünen EU-Abgeordneten Jan Philipp Albrecht dürfte eine solche Prüfung die bislang für den Sommer angesetzte Ratifizierung des Vertrages um mindestens drei bis sechs Monate verzögern. Der Acta-Kritiker Albrecht sprach sich dafür aus, die Übereinkunft aufzuspalten. Gegen die Regelungen zur Produktpiraterie gebe es kaum Widerstand. Die könnten international vereinbart werden, etwa in der Welthandelsorganisation WTO.

Internationale Regeln zum Urheberrecht im Internet sollten aber zunächst in Europa ausführlich und auch mit Netz-Aktivisten diskutiert werden. Erst wenn sich die EU geeinigt habe, solle es neue internationale Verhandlungen mit den USA und weiteren Ländern geben.

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