Überwachung:Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Recht

IT-Sicherheit

Die Vorratsdatenspeicherung tritt am 1. Juli in Kraft, doch schon jetzt steht sie auf der Kippe.

(Foto: dpa)

Erfolg per Eilantrag: Ein Internetprovider aus München muss vorerst keine Daten für Behörden bereithalten. Das entschied ein Gericht in Münster.

Von Marvin Strathmann

Der Münchner Provider Spacenet ist mit einem Eilantrag gegen die Vorratsdatenspeicherung erfolgreich gewesen: Das Unternehmen muss vorerst keine Internetzugangsdaten seiner Kunden für Behörden bereithalten. Denn die Vorratsdatenspeicherung ist "mit dem Recht der Europäischen Union nicht vereinbar". Das haben heute Richter am Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entschieden.

Diese Entscheidung gilt vorerst nur für Spacenet, allerdings könnten nun andere Internetprovider oder betroffene Unternehmen die Vorratsdatenspeicherung auf ähnliche Weise anfechten. "Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist der erste Schritt in die richtige Richtung", sagt Oliver Süme, der beim Branchenverband Eco für Politik und Recht verantwortlich ist. "Aber jetzt ist es an der Zeit für eine Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen, andernfalls laufen die Unternehmen Gefahr, ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit Gelder in Millionenhöhe in den Sand zu setzen."

Bis das Hauptverfahren entschieden ist, muss Spacenet die Anforderungen der Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzen. "Damit verringern sich unsere kalkulierten Kosten von einem hohen sechsstelligen Betrag auf vorerst null Euro", sagt Sebastian von Bomhard, Gründer und Vorstand des Münchner Unternehmens. Von Bomhard ist zuversichtlich, auch das Hauptverfahren für sich zu entscheiden. Zuvor war das Unternehmen im Januar mit dem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln gescheitert.

Eigentlich gilt ab dem ersten Juli 2017 die Vorratsdatenspeicherung. Das bedeutet: Provider, Mobilfunkkonzerne und andere Kommunikationsunternehmen müssen speichern, wer wann mit wem wie lange kommuniziert hat und diese Daten für Behörden bereitstellen. Standortdaten müssen für vier Wochen gespeichert werden, andere Informationen zehn Wochen. Inhalte, etwa von Gesprächen oder E-Mails, werden nicht erfasst. Eine Ausnahme gilt dabei für SMS, da es technisch nicht anders möglich ist. Auch ohne Inhalte lassen sich allerdings aus den Metadaten umfangreiche Rückschlüsse auf die Betroffenen ziehen.

In ihrer Begründung verweisen die Richter auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dezember 2016. Demnach darf es keine generelle, anlasslose Massenüberwachung der Bevölkerung geben. Der EuGH ist der Ansicht, dass nur begrenzt gespeichert werden darf, etwa, wenn jemand als Gefährder eingestuft wird. Eine erste Version der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland wurde 2010 vom Verfassungsgericht gekippt.

Neben Spacenet geht auch die Deutsche Telekom mit einem Eilantrag gegen die Vorratsdatenspeicherung vor. Das Unternehmen streitet darum, in welcher Form IP-Adressen gespeichert werden müssen. Außerdem stehen noch Beschwerden von Einzelpersonen und NGOs beim Verfassungsgericht aus.

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