Twitter:Neue Geschäftsstrategie: Gründer tritt ab

Jetzt soll Geld verdient werden: Mit Evan Williams verlässt der letzte Twitter-Gründer die Führungsriege. Die Investoren wollen Erlöse sehen, der Druck wächst.

Der Internet-Kurznachrichtendienst Twitter hat einen neuen Chef. Mitgründer Evan Williams gab die Firmenführung an den Manager Dick Costolo ab, der bisher für das operative Geschäft zuständig war.

Twitter CEO Evan Williams attends the WEB 2.0 summit in San Francisco

Twitter-Gründer Evan Williams macht Platz, damit Twitter Geld verdienen kann.

(Foto: REUTERS)

Er wolle sich wieder mehr auf die Entwicklung von Produkten konzentrieren, erklärte Williams in einem Blogeintrag am Montagabend. "Ich bin am zufriedensten, wenn ich dem Produkt die richtige Richtung geben kann. Es ist meine Leidenschaft, Dinge zu bauen", heißt es dort. Während Williams' Zeit als Chef wuchs das Unternehmen von 20 auf 300 Mitarbeiter.

Beobachter sehen die Rochade als Teil der verstärkten Anstrengungen von Twitter, endlich Geld zu verdienen. Der Dienst hat 160 Millionen registrierte Nutzer und gewinnt laut jüngsten Angaben von Costolo jeden Tag 370.000 neue hinzu.

Diverse Investoren steckten seit 2006 rund 160 Millionen Dollar in Twitter und wollen ihr Geld irgendwann auch wiedersehen. Die Twitter-Gründer ließen sich bisher nur sehr zaghaft auf Experimente mit Online-Werbung ein, da sie befürchteten, die Nutzer zu verschrecken.

In den vergangenen Monaten wurde jedoch klar, dass Twitter fest auf angepasste Formen von Online-Werbung setzt. Zeitgleich zum Wechsel an der Spitze kündigte das Unternehmen einen neuen Dienst für Unternehmen an.

Sie können künftig Geld dafür bezahlen, dass Twitter Nutzern empfiehlt, die Nachrichten der Firmen zu abonnieren. Twitter betont, dass solche Empfehlungen grundsätzlich auf den bisher sichtbar gewordenen Interessen der Nutzer basieren und somit für sie auch einen Mehrwert darstellen sollen.

"Sie wollen Unsterblichkeit"

Bei Twitter können Nutzer bis zu 140 Zeichen lange Botschaften oder Links zu Inhalten im Internet absetzen. Man kann den Nachrichtenstrom einer bestimmten Person oder Firma abonnieren - damit wird man im Twitter-Sprachgebrauch deren "Follower".

Williams ist bereits der zweite Twitter-Gründer, der die Spitzenposition abgibt - er selbst hatte den Chefposten von seinem Kollegen Jack Dorsey übernommen. Dorsey hatte seinerzeit mit großen Serverausfällen des Dienstes zu kämpfen, ein Problem, das Williams trotz hoher Wachstumszahlen weitgehend in den Griff bekommen hat.

Costolo war vor seinem Twitter-Job Mitgründer und Chef der Internet-Firma Feedburner, die 2007 von Google gekauft worden war.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Gerüchte gegeben, dass Google auch Twitter übernehmen könnte. Der gut vernetzte IT-Journalist bezweifelt dies jedoch. Die Twitter-Verantwortlichen seien nicht wegen des Gelds angetreten. "Sie wollen Unsterblichkeit, und das ist eine viel, viel größere Sache", schreibt er auf seinem Blog.

Ein tragfähiges Geschäftsmodell hat auf dem Weg dorthin allerdings noch nie geschadet.

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