Terrorabwehr:Deutschlands verschärfte Sicherheitsgesetze

Zur Abstimmung steht das Anti-Terror-Paket der großen Koalition. Es geht es um Datentausch mit Verbündeten, die Arbeit verdeckter Ermittler und anonyme Sim-Karten.

Von Ronen Steinke

Die große Koalition will die Regeln für die Sicherheitsbehörden vor allem in vier Punkten verändern. An diesem Freitag stimmt der Bundestag darüber ab.

Internationaler Datenaustausch

Die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder sollen künftig gemeinsame Dateien mit Diensten in EU-, Nato- und ausnahmsweise auch anderen Partnerländern anlegen dürfen. In der Terrorbekämpfung tauscht man sich ohnehin aus - bisher aber nur einzelfallbezogen, die deutschen Dienste prüfen also jede Anfrage. Wenn sie ihr Wissen nun stattdessen in einen gemeinsamen Datenpool einspeisen, beschleunigen sie diesen Prozess erheblich, verzichten andererseits praktisch auf die Möglichkeit, ihren Partnern einzelne Informationen zu verweigern - auch wenn das Bundesverfassungsgericht jüngst in seinem Urteil zum BKA-Gesetz gemahnt hat, man dürfe nicht Menschenrechtsverletzungen "die Hand reichen", wie sie die Bundesregierung beim Anti-Terror-Kampf etwa der Nato-Partner Türkei und USA mitunter sieht.

Die EU-Länder bauen gerade zwei große Datenpools für den Anti-Terror-Kampf auf. Unter dem Dach von Europol in Den Haag tauschen die Polizeien Erkenntnisse aus (European Counter-Terrorism Centre, ECTC), vom 1. Juli an wollen dies nun auch die Geheimdienste tun - in einem zweiten Datenpool, den federführend der niederländische Geheimdienst in einem Haager Vorort betreut (Counter Terrorism Group, CTG). Dazwischen liegen zwanzig Minuten Autofahrt. Grund ist das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten.

Islamisten unter 16 Jahren

Das von Islamisten inspirierte Mädchen, das am Hauptbahnhof Hannover einen Polizisten niederstach, war 15; die mutmaßlichen Bombenleger vor einem Sikh-Tempel in Essen waren 16 Jahre alt. Künftig soll das Bundesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse über Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren speichern dürfen; gelöscht werden sie in der Regel nach zwei Jahren. Bei den Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bleibt es wie bisher bei der Löschfrist von fünf Jahren.

Verdeckte Ermittler der Bundespolizei

Schon bislang darf die für spezielle, grenzüberschreitende Delikte zuständige Bundespolizei ihre Beamten undercover schicken, sie also mit falscher Identität ausstatten und in kriminelle Organisationen einschleusen. Voraussetzung war aber stets, dass diese wegen einer konkret begangenen Straftat ermitteln, so regelt es die Strafprozessordnung. Diese Hürde soll nun fallen. Nach der geplanten Gesetzesänderung muss die Bundespolizei kein Ermittlungsverfahren mehr vorweisen. Sie darf ihre verdeckten Ermittler auch präventiv einschleusen, was die Koalition mit der Notwendigkeit begründet, Schleuserbanden auf die Schliche zu kommen.

Der Einsatz verdeckter Ermittler ist in jüngster Zeit stark in die Kritik geraten: In Hamburg hatte das Landeskriminalamt die verdeckte Ermittlerin Iris P. in die linke Szene geschickt, sie war dort jahrelang auch intime Beziehungen eingegangen. Gerade vor zwei Monaten hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum BKA-Gesetz gesagt, dies gehe zu weit. Ein entsprechendes Verbot für verdeckte Ermittler der Bundespolizei, den observierten Personen zu nahe zu kommen, gibt es im neuen Gesetzentwurf aber nicht.

Prepaid-Karten

In der Debatte über das Anti-Terror-Paket war dies der am wenigsten kontroverse Punkt: Käufer von Prepaid-Karten für Mobiltelefone sollen künftig einen Ausweis vorlegen, das anonyme Telefonieren auf diese Weise erschwert werden. Ursprünglich war geplant, dass dies erst in 18 Monaten in Kraft tritt, nun soll es bereits in zwölf Monaten geschehen.

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