"Styx: Shards of Darkness" im Test:Kraxeln, schleichen, dumme Witze reißen

Styx Shards of Darkness

"To infinity and beyond", ruft der Goblin Styx, wenn er das erste Mal an einem Seil hinuntergleitet. Nur eine von in der Summe viel zu vielen Anspielungen (in diesem Fall auf Toy Story) in "Styx: Shards of Darkness"

(Foto: Focus Home Interactive/PR)

"Styx: Shards of Darkness" ist ein großartiges Videospiel für alle, die Dinge gern heimlich erledigen. Der Goblin, der die Hauptrolle spielt, könnte aber einfach mal die Klappe halten.

Spieletest von Caspar von Au

Ein Schatten huscht durch die Gasse. Ein gelbes Augenpaar leuchtet kurz auf, dann ist es wieder dunkel. Sekunden später öffnet sich wie von Geisterhand eine Tür. Styx ist am Ziel, vor ihm auf dem Tisch steht die Schatulle mit dem Sold der Wache. Mit einem höhnischen Grinsen lässt er die Beute in seinem Umhang verschwinden.

Styx ist ein Goblin: etwa so groß wie ein fünfjähriges Kind, grüne Haut, lange spitze Ohren, bernsteinfarbene Augen. Und er ist der Protagonist des Games "Styx: Shards of Darkness". Ziel des Spiels: Gold von Menschen stehlen, Dunkelelfen ausspionieren und magische Quarzkristalle finden - möglichst ohne dabei erwischt zu werden. Glücklicherweise ist Styx ein äußerst geschickter Meisterdieb und Assassin. Schon ein wenig Halbdunkel reicht ihm aus, um sich ungesehen an den meisten Gegnern vorbeizuschleichen.

Zudem beherrscht der Goblin magische Tricks: Er kann sich unsichtbar machen, mit seiner Spucke Trinkwasser vergiften, einen Klon seiner selbst erzeugen und steuern. Und er kann mit seinem Zauberblick erkennen, in welche Richtung feindliche Soldaten schauen; also, wo er besser nicht entlang schleichen sollte, um keinen Alarm auszulösen.

In der Welt von Styx sind Goblins alles andere als willkommen. Alle Nicht-Goblins sprechen nur von der "Grünen Plage". Die Menschen haben extra eine Militäreinheit gegründet: die Goblin-Schlächter. Die Dunkelelfen sperren die Grünhäuter ein und foltern sie. Die Zwerge riechen Goblins schon auf große Entfernung und machen für ein wenig Kopfgeld Jagd auf sie. Und dann sind da noch die mutierten Küchenschaben in Hundegröße, die zwar nichts sehen, Styx aber hören, wenn er sich zu schnell bewegt. Der Goblin hat eigentlich nur Feinde. Er überlebt, weil er der einzige seiner Art ist, der sprechen kann und über ein wenig Grips (und Zaubertricks) verfügt.

Das beste sind die vielen unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten

Wie in vergleichbaren Schleichspielen wie "Thief" oder "Dishonored" bewegt sich der Spieler nicht in einer offenen Welt, sondern reist für jeden Auftrag zu in sich geschlossenen Schauplätzen. Die Level in "Styx: Shards of Darkness" gleichen jedoch Hochseilgärten. Es gibt viele unterschiedliche Wege und Methoden, um das Ziel zu erreichen. Mal ist zwischen zwei Häusern ein Seil gespannt, an dem Styx sich entlanghangeln kann; mal befindet sich neben dem bewachten Eingang ein Loch, durch das er gerade so hindurchpasst. An Fels- und Häuserwänden sind Griffe befestigt, wie es sie in Kletterhallen gibt, nur sind sie nicht quietschbunt, die düstere Fantasy-Atmosphäre des Spiels soll ja erhalten bleiben.

Das Tolle an "Styx: Shards of Darkness" ist, dass es zahlreiche Lösungsmöglichkeiten und Wege durch die Level gibt. Menschen, Dunkelelfen, Zwerge und mutierte Küchenschaben haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, so dass der Spieler seine Strategie individuell anpassen muss, um unentdeckt zu bleiben. Zwerge zum Beispiel wittern Styx, auch ohne ihn zu sehen. Der Spieler muss also einen großen Bogen um sie machen, während Styx sich an Dunkelelfen auch mal unmittelbar vorbeipressen kann. Es hilft, die Patrouillepfade der Feinde zu studieren. Mal kann Styx ein Getränk vergiften, mal einen Gegner mit einem Klon oder einem geworfenen Tonkrug ablenken. Der direkte Kampf macht eigentlich nie Sinn, da der Goblin in ihm meist sehr schnell stirbt.

Selbstironie kann auch nerven

Das Spiel lässt sich auch lösen, ohne einen Gegner zu töten - dafür gibt es sogar Bonuspunkte. Zusätzliche Punkte kriegt der Spieler am Ende jedes Levels außerdem, wenn er komplett unentdeckt geblieben ist oder besonders schnell war. Neben dem verpflichtenden Hauptauftrag, kann Styx auch zusätzliche Aufgaben erfüllen. Zum Beispiel alle Plakate abreißen, die dafür werben, Goblins abzuschlachten. Der Spieler kann jedes Level so oft spielen, wie er will, um neue Rekorde aufzustellen.

Styx Shards of Darkness

"Styx: Shards of Darkness" kann der Spieler auch problemlos lösen, ohne einen Gegner zu töten.

(Foto: Focus Home Interactive/PR)

Zwar ist "Styx: Shards of Darkness" kein Indie-Spiel im klassischen Sinne; entwickelt wurde es von Cyanide Studio, veröffentlicht von Focus Home Interactive. Die Entwickler hatten aber auch kein Budget wie für Blockbuster-Spiele zur Verfügung. Das merkt man dem Titel an einigen Stellen an.

Es hilft nur üben und Ton aus

Der Handlung fehlt an vielen Stellen erzählerische Tiefe, oder sie ist sogar widersprüchlich. So ist von der "Grünen Plage" nicht viel zu sehen. Ab und zu läuft Styx einer der nicht-sprechenden Goblins über den Weg, aber wie und warum diese wenigen Goblins der Stadt geschadet haben sollen, lässt sich nicht erkennen. Auch das Frauenbild von "Styx: Shards of Darkness" ist fragwürdig: Helledryn, Kommandantin der Goblin-Schlächter und die einzige menschliche Frau mit einer größeren Rolle, wird auf ihr "männliches" Aussehen reduziert. Styx und andere Männer beleidigen sie deshalb im Spiel bei jeder Gelegenheit.

Am anstrengendsten ist der penetrante und schlechte Humor des Spiels. Dauernd versucht Styx, die vierte Wand zum Spieler selbstironisch zu durchbrechen. Das nervt. Der Goblin wirft mit Anspielungen auf Bücher, Filme und andere Spiele nur so um sich. Die beliebte Spielereihe "Assassin's Creed" zum Beispiel: "Ich mag auf Dächern balancieren und Wände hochklettern. Aber du wirst mich bestimmt nicht in einem dummen, weißen Kapuzenumhang sehen." In einer Höhle vergleicht sich der Goblin mit Batman, fragt nach Fledermäusen und einem Butler.

Noch schlimmer bestraft wird der Spieler nur, wenn er stirbt. Styx fragt: "Wie wäre es, wenn ich rauskomme und weiterspiele, und du stirbst hier drin die ganze Zeit?" Oder: "Vorschlag - du hörst auf, dich dauernd umzubringen und ich verrate niemandem, was du mit dem Apfelkuchen gemacht hast." Die vielen Pimmelwitze sollen hier gar nicht erst zitiert werden. Um dem aus dem Weg zu gehen und das Spiel nicht schon nach wenigen Minuten wieder ins Regal zu stellen, hilft nur eines: so lange üben, bis man den Spieletod vermeiden kann, und Ton aus.

"Styx: Shards of Darkness" ist am 14. März 2017 für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: