Studie zur Informationswirtschaft:Deutschland wird abgehängt

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Die Bundesrepublik verliert in der digitalen Wirtschaft den Anschluss, rund 30.000 Spezialisten fehlen. Ausländische Fachkräfte sollen nun das Problem lösen.

Susanne Klaiber

Die deutsche Informations- und Kommunikationswirtschaft (IKT) hat im vergangenen Jahr im internationalen Vergleich in vielerlei Hinsicht schlechter abgeschnitten als im Jahr 2008. Das geht aus dem "Monitoring-Report Deutschland Digital" des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Die Branche gilt als Motor für das wirtschaftliche Wachstum des Landes.

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Die Autoren haben für ihren Bericht die 15 wichtigsten IKT-Länder verglichen. In der Gesamtwertung schnitt Südkorea, das die USA verdrängte, am besten ab. Dabei sei das US-Monopol allerdings nicht durch ein südkoreanisches Monopol ersetzt worden, heißt es in dem Bericht. Jetzt holten stattdessen viele Länder auf, vor allem auch aus Europa.

Deutschland aber war nicht darunter, in der Gesamtwertung liegt es wie schon im Jahr 2008 auf Platz sieben, zusammen mit den Niederlanden. "Wir müssen aufs Gaspedal treten", sagte Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Deutlich wird die Verschlechterung Deutschlands bei den einzelnen Disziplinen: Anders als im Jahr 2008 hat die Bundesrepublik bei keinem der 24 Indikatoren einen ersten oder zweiten Platz belegt. Dafür fiel die deutsche IKT bei 14 Indikatoren zurück, nur bei fünf schnitt sie besser ab.

"Deutlich verschlechtert" hat sich nach Ansicht der Experten der Anteil der Ausgaben für IKT am Bruttoinlandsprodukt. Sogar als "dramatisch" bewerten die Autoren, dass in anderen Ländern der Umsatz in der Branche wesentlich stärker gestiegen sei als in Deutschland. Beim Umsatzwachstum sei die Bundesrepublik geradezu abgesackt.

Trotzdem steht dem Bericht nach die IKT im Vergleich zu anderen deutschen Branchen noch gut da. Ihre Umsätze lagen im Jahr 2009 immerhin bei 127 Milliarden Euro, das entspricht einem Anteil am Weltmarkt von 5,7 Prozent. Wegen der Rezession sollen die Umsätze nur um 3,7 Prozent zurückgegangen sein, während es im Maschinenbau knapp sechs Mal so viel war.

Zudem verbessere sich die Lage schon wieder, heißt es in dem Bericht, der private Konsum wachse. Allein die Nachfrage nach Smartphones, Mobiltelefonen mit Anwendungsmöglichkeiten wie Internetnutzung werde im laufenden Jahr um 33 Prozent steigen. Und das Cloud Computing, bei dem Software und Speicherkapazität nicht vor Ort sondern übers Netz bereitgestellt werden, biete ein Wachstum von 48 Prozent jährlich.

Viele Fachkräfte fehlen

"Beachtliche Erfolge" erzielte Deutschland zum Beispiel bei der Zahl der Patentanmeldungen aus der IKT-Branche und verbesserte sich um16 auf 61 Punkte. Zudem habe sich die Zahl der Breitbandanschlüsse ebenfalls erhöht. Breitbandnetze haben der Studie nach heute "eine ähnliche wirtschaftliche Bedeutung wie Straßen" und seien damit Grundlage und Treiber wirtschaftlichen Wachstums.

Da der wirtschaftliche Erfolg des IKT-Standorts Deutschland nach Ansicht der Autoren vor allem von der Forschung und Entwicklung abhänge, empfehlen sie, Investitionen von Unternehmen dafür steuerlich zu begünstigen und insgesamt mehr zu investieren. Im vergangenen Jahr habe Spitzenreiter Finnland 1,33 Prozent des BIP dafür investiert, Deutschland nur 0,29 Prozent. Allerdings sei die Forschung in Deutschland effizienter als in den meisten anderen Ländern.

Außerdem brauche Deutschland mehr Fachkräfte - und zwar dringend. Im Jahr 2009 arbeiteten 846.000 Personen in der IKT. Derzeit fehlen aber bis zu 30.000 Spezialisten, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Otto. Allein mit dem Hinweis, dass eigene Fachkräfte in fünf Jahren zur Verfügung stünden, sei das Problem nicht zu lösen, sagte er, und plädierte dafür, auch Fachkräfte aus dem Ausland zu holen. Man brauche die Experten schon zu Beginn des kommenden Jahres. "Sonst kostet uns das Wachstum."

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