Streit um Youtube in Brasilien:Google blockiert umstrittene Politiker-Videos

Google gibt sich geschlagen: Das Technologie-Unternehmen sperrt nun doch umstrittene Politiker-Videos für Nutzer aus Brasilien. Zunächst hatte Google sich geweigert, die Filme von Youtube zu entfernen.

Fabio Jose Silva Coelho

Googles Chef in Brasilien, Fabio Jose Silva Coelho, war vorübergehend festgenommen worden, weil Google sich weigerte ein Politiker-Video von Youtube zu löschen.

(Foto: AP)

Google habe die fraglichen Videos für Zugriffe aus Brasilien nun blockiert, teilte der dortige Google-Chef, Fabio José Silva Coelho, in einem Blogeintrag vom Donnerstag mit. Juristisch habe man alles versucht, um das Video zu entfernen. Nun habe man keine andere Wahl, als das Video zu sperren. Dennoch sei Google nach wie vor der Ansicht, dass die Videos dem Recht auf freie Meinungsäußerung entsprächen.

Hintergrund des Streits ist, dass Google sich trotz eines Gerichtsbeschlusses weigert, zweifelhafte Wahlvideos von Youtube zu entfernen, in welchen ein Lokalpolitiker heftig attackiert wird. Ein brasilianisches Wahlgericht hatte in der vergangenen Woche geurteilt, die Videos verletzten die Persönlichkeitsrechte des Politikers Alcides Bernal, der bei der Kommunalwahl am 7. Oktober aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von Campo Grande (Bundesstaat Mato Grosso do Sul) ist. Google sollte Verantwortung für das Video übernehmen, das nach Ansicht des Gerichts ""verleumdet, beleidigt und diffamiert".

Vorübergehend hatten die brasilianischen Behörden auch den dortigen Google-Chef, Fabio José Silva Coelho, festgenommen. Wie der Guardian berichtet, wurde Coelho wieder freigelassen, nachdem er zugesichert hatte, mit den Behörden zu kooperieren.

In einem der fraglichen Videos wird dem Kandidaten in reißerischer Aufmachung unter anderem vorgeworfen, er habe 1996 eine Geliebte zur einer in Brasilien strafbaren Abtreibung drängen wollen. Der Haftbefehl gegen Coelho war zunächst an die Polizei nach São Paulo weitergeleitet worden, wo der Google-Chef seinen Wohnsitz hat. Mehrere Tage lang wurde Coelho aber nicht festgenommen. Das amerikanische Unternehmen hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Der Streit wirft erneut die Frage auf, inwieweit Google für von Nutzern auf seinen Plattformen eingestellte Inhalte verantwortlich ist. Schon vor elf Tagen hatte ein Wahlgericht im nordöstlichen, brasilianischen Bundesstaat Paraiba ein ähnliches Urteil gegen Google-Direktor Edmundo Balthazar gefällt, weil dieser sich weigerte, ein Video zu sperren, in dem ein Bürgermeisterkandidat als "Esel" bezeichnet wurde. Google legte Berufung ein und erhielt Recht.

Google steckt in der Zwickmühle

Auch im Falle des umstrittenen Mohammed-Videos, das zu Protesten in Teilen der islamischen Welt geführt hatte, war Google ins Kreuzfeuer geraten. Einige Kritiker hatten gefordert, Google solle die Aufnahmen aus Rücksicht vor religiösen Gefühlen von Youtube verbannen. Andere Forderungen sahen Google in der Pflicht, für die Meinungsfreiheit einzutreten und das Video auf Youtube weiter zu zeigen. Das Unternehmen selbst wählte letztlich den Mittelweg und sperrte das Video nur in ausgewählten Ländern.

Schon in anderen Konflikten wurde deutlich, dass Google die Verantwortung für von Nutzern eingestellte Inhalte in der Regel von sich weist. Allerdings hält sich das Unternehmen laut eigener Aussage grundsätzlich an nationale Gesetze und sperrt Inhalte, die in den jeweiligen Ländern illegal sind, für Zugriffe aus dem Inland. Ein Google-Sprecher in Brasilien bekräftigte am Dienstag die Position des Unternehmens, wonach der Konzern nicht für den Inhalt der Videos verantwortlich sei.

Der Artikel wurde am 27. September gegen 10:30 Uhr und am 28. September gegen 10:00 Uhr mit neuen Informationen aktualisiert.

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