Strategie von Amazon und Co.:Willkommen im Klub

Operations At An Amazon.com Inc. Fulfillment Centre And An Argos Distribution Warehouse On Cyber Monday

Amazon: Mitarbeiter des Internethändlers im britischen Rugeley

(Foto: Bloomberg)

Dass Amazon die Schwelle für kostenlosen Versand anhebt, zeigt vor allem eines: Kundenbindung war schon immer wichtig, aber noch nie so sehr wie im digitalen Zeitalter. Wie Amazon, Apple, Google und Co. die Verbraucher ködern wollen.

Von Helmut Martin-Jung

18,95 Euro, das war ein blöder Preis. Oder 19,35 Euro - alles eben, was so knapp unter 20 Euro lag. Denn dann musste man drei Euro Versandgebühr berappen beim Online-Händler Amazon. Seit 2002 war das so, und nur Amazon selbst und seine gewaltigen Datenbanken wissen, wie viele Kunden noch etwas dazu bestellt haben, bloß um über diese Schwelle zu kommen. Auch das mag ein Grund dafür sein, dass Amazon sie nun auf 29 Euro angehoben hat - ohne Vorwarnung übrigens und mitten in der Urlaubszeit. Viel wahrscheinlicher jedoch ist etwas ganz anderes, was sich mit drei Worten beschreiben lässt: Willkommen im Klub!

Zahlt man Amazon nämlich einmalig 49 Euro im Jahr, fällt diese Grenze weg, und nicht bloß das: Die Bestellungen werden auch umgehend geliefert und man darf dann auch Amazons Dienst mit Filmen auf Abruf kostenlos nutzen. Und welcher Amazon-Stammkunde würde schon einen anderen Dienst nutzen, wenn er den von Amazon für kleines Geld obendrauf haben kann? Da man erwarten kann, dass nicht alle Kunden den Premium-Dienst voll ausreizen, rechnet sich das insgesamt, zumindest langfristig. Denn es geht ja darum, die Kunden an sich zu binden.

Dieselbe Absicht zeigt sich auch an den elektronischen Lesegeräten und Tablets von Amazon: Sie sind günstig zu haben, doch konsumieren kann man darauf am besten Inhalte, die ebenfalls von Amazon kommen. Die hochwertigen Kindle-Lesegeräte haben sogar SIM-Karten eingebaut, über die man ohne Kosten für die Datenübertragung neue Bücher herunterladen kann - auch im Urlaubsland. Das heißt aber auch, dass man Amazons elektronische Bücher nur auf den hauseigenen Lesegeräten oder mit solchen mit hauseigener Software lesen kann. Selbst die Android-Software der Fire-Tablets hat Amazon so beschnitten, dass die Flachcomputer sich vor allem für eines eignen: zum Konsum von Amazon-Inhalten. So gesehen ergab es auch Sinn, dass Amazon seine eigenen Geräte oft nahe am Selbstkostenpreis anbot - auf Kosten des Gewinns. Ein iPhone oder ein iPad ist teurer. Doch verfolgt auch der Hersteller Apple eine ähnliche Strategie. Wichtig ist vor allem, dass alles in der Familie bleibt. Apple war nicht nur Vorreiter bei Musik-Downloads, bei Apple konnten die Leute für eine Jahresgebühr von knapp 25 Euro auch als Erste ihre eigenen Musikdateien hochladen, die es womöglich gar nicht bei Apple zu kaufen gab, und von dort aus wieder abrufen - natürlich mit Apple-Geräten oder wenigstens mit Apple-Software. Würde man sich den Tort des Hochladens bei einem anderen Hersteller antun?

Eher nicht. Weil aber Apple überwiegend vom Verkauf von Hardware lebt, spielt diese auch die wichtigste Rolle. Die Software, die der Konzern im eigenen Haus entwickelt, ist nicht bloß den Geräten auf den Leib geschneidert, sondern es ist auch darauf angelegt, dass sich Apple-Geräte am besten mit anderen Apple-Geräten verstehen. iOS 8, das kommende Betriebssystem für Mobilgeräte, sorgt unter anderem dafür, dass man zum Beispiel eine E-Mail, die man auf dem iPhone zu tippen begonnen hat, auf einem Mac-Computer einfach fortsetzen kann - exakt da, wo man aufgehört hat. Oder dass Bilder, die man mit dem Handy aufgenommen hat, schon Sekunden später auf einem iPad erscheinen. Auch neu: Mediendateien, die ein Familienmitglied heruntergeladen hat, können nun auch die anderen nutzen, ohne sich dafür mit der Kennung des jeweils anderen anzumelden. Alles Anreize dafür, möglichst bei einem Hersteller zu bleiben. Natürlich bei Apple.

Geräte entwickelt der Internetkonzern Google nur ausnahmsweise, als Demonstrationsobjekte, was man mit der hauseigenen Software und - vor allem - den vielen Internetdiensten des Konzerns alles anfangen kann. Dass Google mit Android das mittlerweile weltweit führende Mobil-Betriebssystem programmiert, mit Chrome einen überaus erfolgreichen Browser und mit Chrome OS ein Betriebssystem für günstige Computer - es ist alles zwei Zielen untergeordnet: Die Nutzer auf die Dienste von Google und damit auch auf die Werbung zu lenken, mit der die Firma fast ihr gesamtes Geld verdient. Und dazu, Daten zu sammeln, mit denen man unter anderem die Dienste optimieren kann.

Hersteller wie Microsoft wirken da schon fast antiquiert, doch sollte man sich nicht täuschen: In Redmond hat man durchaus begriffen, dass man als Familie von Geräten und Diensten im Vorteil ist. Und so gibt es das Programmpaket Office nun auch im Abo; auf der Spielekonsole Xbox tut sich wenig, wenn man nicht ein kostenpflichtiges Abo abschließt. Verwerflich ist das alles nicht, nur zahlt der Kunde oft auch einen Preis dafür, alles bequem aus einer Hand zu bekommen: Das Gesamtpaket ist oft teurer oder aber einzelne Teile sind weniger gut als Angebote der Konkurrenz. Am Mittwoch teilte Amazon auch mit, nun noch ins Geschäft mit Bezahldiensten einzusteigen. Zusammen mit der entsprechenden App soll der Amazon Local Register es kleinen Geschäften ermöglichen, auf einfachem Wege Zahlungen mit Kredit- und EC-Karten entgegenzunehmen. Der Dienst setzt die Verknüpfung eines Bankkontos voraus. Er ist zunächst nur in den USA verfügbar - und macht es den Kunden dort noch etwas einfacher.

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