Gesichtserkennung:Facebook demaskiert die Foto-Freunde

Facebook setzt künftig Software zur Gesichtserkennung ein, um Freunde auf Fotos einfacher zu identifizieren. Das ruft in Deutschland Datenschützer auf den Plan.

Wenn in Diskussionen über die Zukunft des Internets das Wort "Gesichtserkennung" fällt, läuten bei Datenschützern die Alarmglocken: Die Vision, einen Menschen per Handy zu fotografieren und über das Internet automatisch Informationen zu dieser Person zu erhalten, mag für neugierige Zeitgenossen und Stalker durchaus seinen Reiz haben - andere sehen mit einer solchen Entwicklung das Ende der Privatsphäre gekommen.

Facebook Tag Gesichtserkennung

Markiert und erkennbar: Die neue Tagging-Funktion bei Facebook benutzt Software zur automatischen Gesichtserkennung.

(Foto: Screenshot: Facebook.com)

Entsprechend groß ist die Beunruhigung, wenn ein großes Unternehmen wie das soziale Netzwerk Facebook ankündigt, künftig eine automatische Gesichtserkennung für Fotos einzuführen.

Die Funktion, die vorerst nur in den USA freigeschaltet werden soll, hat allerdings mit der mobilen Menschenerkennung wenig zu tun: Facebook-Nutzer können schon jetzt auf Fotos, die sie in das Netzwerk hochladen, manuell Freunde und Bekannte markieren.

Mit einem Klick auf die Markierung lassen sich dann alle Bilder des Markierten anzeigen. Die neue Funktion soll das Markieren automatisch übernehmen: Wenn Facebook-Nutzer künftig neue Fotos hochladen, analysiert Facebook die Gesichter auf bereits markierten anderen Fotos und schlägt dann Namen vor.

"Wenn du jetzt Fotos von der Hochzeit deines Cousins hochlädst, gruppieren wir alle Bilder der Braut und schlagen ihren Namen vor", schrieb Facebook-Entwickler Justin Mitchell in einem Blogeintrag von Facebook. "Anstatt 64 Mal ihren Namen zu schreiben, musst du nur noch 'Speichern' klicken, um alle Fotos auf einmal zu markieren."

Funktion automatisch aktiviert

Bei der Umsetzung verfährt Facebook einmal mehr nach dem Motto "Wer nichts verändert, hat die Funktion automatisch aktiviert". Sprich: Nutzer, die auf diese Weise nicht gefunden werden möchten, müssen die Gesichtserkennung in den Datenschutz-Einstellungen explizit ausschalten.

Genau dies kritisiert der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar: Der nachträgliche Widerspruch reiche nicht aus, sagte er Handelsblatt.com. "Es darf nicht sein, dass Nutzer des Dienstes befürchten müssen, künftig auf allen - gerade von dritten Personen eingestellten Bildern - aufgerufen zu werden." Ohne eine Einwilligung der Betroffenen dürfe dies nicht geschehen, sagte Caspar.

Derzeit ist noch nicht klar, ob und wann die Funktion in Deutschland eingeführt wird. In den USA reagieren Beobachter gelassen: "Wie sind Schlagwort-Vorschläge aufdringlicher als der Rest der Informationen wie Interessen, Gefällt-mirs, Status-Updates, politische und sexuelle Vorlieben?", schreibt ein Autor des US-Magazines Fortune. "All das wird katalogisiert und ist innerhalb des Netzwerks durchsuchbar."

Ganz so einfach mag der Fall nicht liegen, da mit der automatischen Zuordnung von Gesichtern zu Mitgliedern des Netzwerks der Nutzer wiederum ein bisschen mehr Kontrolle über seine Informationen an Facebook abgibt.

Bundesregierung plant Regelung

Gleichzeitig hat die Foto-Taggingfunktion nichts mit der oben beschriebenen Vision der mobilen Identifizierung von Menschen durch Smartphone-Kameras zu tun. Die wäre bereits technisch möglich, doch Unternehmen wie Google haben erklärt, diese aus rechtlichen und ethischen Gründen nicht freizuschalten.

Zudem möchte auch die Bundesregierung in Sachen Gesichtserkennung aktiv werden: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte kürzlich einen Gesetzentwurf zum Datenschutz im Internet vorgelegt.

Dabei betonte er, er sehe bei diesem Thema Handlungsbedarf. Konkrete Vorschläge machte er dazu allerdings noch nicht - es könnte deshalb sein, dass Facebook vor der Freischaltung in Deutschland abwartet, was der Gesetzgeber hierzu plant.

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