Bayerns Wirtschaftsministerin:Aigner kehrt zu Facebook zurück

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Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sich "aktiv und kritisch" mit Facebook auseinandersetzen. Erster Schritt ist ein eigener Account. (Foto: dpa)
  • Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner kehrt nach fünf Jahren zu Facebook zurück.
  • 2010 war die damalige Verbraucherschutzministerin öffentlichkeitswirksam bei Facebook ausgetreten. Der Begründung: mangelnder Datenschutz.
  • Gleichzeitig hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen angekündigt, Facebook zu verklagen.

Von Simon Hurtz

2010: Der Abschied

"Facebook hat zwar einzelne Mechanismen verbessert, aber das reicht bei weitem nicht aus. Deshalb habe ich meine Mitgliedschaft gekündigt. Ich bin raus bei Facebook." Mit diesen Worten verabschiedete sich Ilse Aigner 2010 vom sozialen Netzwerk, weil dessen "Datenschutz-Einstellungen immer weiter gelockert" worden seien. Die CSU-Politikerin war damals Verbraucherschutzministerin, Facebook hatte in Deutschland noch keine zehn Millionen Mitglieder und war kurz zuvor von der Stiftung Warentest heftig für mangelnden Datenschutz kritisiert worden.

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Fünf Jahre später sind Facebook und die Datenschützer immer noch keine Freunde geworden, ansonsten hat sich die Welt aber ein gutes Stückchen weitergedreht: Aus zehn Millionen sind 30 Millionen Nutzer geworden, Aigner ist nicht mehr Bundesministerin, sondern kümmert sich in Bayern um Wirtschaft, Medien und Technologie - und sie ist wieder bei Facebook.

2015: Die Rückkehr

"Für eine Medien- und Digitalisierungsministerin ist es sinnvoll, sich aktiv und kritisch mit Facebook auseinanderzusetzen", ließ sie über einen Sprecher mitteilen. Facebook sei "ein unverzichtbarer Bestandteil politischer und gesellschaftlicher Kommunikation." Am Donnerstag will sie im Bayerischen Landtag erklären, "wie wir die Digitalisierung in allen Branchen voranbringen können". Gleichzeitig soll eine Ilse-Aigner-Fanpage bei Facebook eröffnet werden. Zwar habe sich an der grundsätzlichen Kritik am Umgang von Facebook mit den personenbezogenen Daten seiner Nutzer nichts geändert, auf den zusätzlichen Kommunikationskanal will Aigner aber trotzdem nicht verzichten.

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Verbraucherschützer verklagen Facebook

Beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) dürfte man über dieses Signal wenig begeistert sein. Der nämlich hat angekündigt, Facebook wegen seiner neuen Nutzungsbedingungen verklagen zu wollen. Am 30. Januar hatte Facebook neue Richtlinien eingeführt, im Februar folgte ein Unterlassungsverfahren der Verbraucherzentralen. Sie werfen dem Konzern insgesamt 19 Rechtsverstöße vor und mahnten ihn deshalb ab.

Die Verbraucherschützer kritisieren die neue Datenrichtlinie, da sich nicht erschließe, wann welche Daten für welche Zwecke verwendet werden. Insbesondere die Auswertung von Nutzerdaten zur Verknüpfung mit Werbung sei problematisch. Den Hinweis auf der Facebook-Startseite, dass die Mitgliedschaft nichts koste, hält der VZBV für irreführend. Verbraucher würden zwar nicht mit Geld, dafür aber mit ihren persönlichen Daten bezahlen und Facebook so jährlich Milliardenumsätze bescheren.

Aigner sieht weiter "erheblichen Nachholbedarf" beim Datenschutz

Hätte Facebook die Unterlassungserklärung unterschrieben, wäre das einem Eingeständnis gleichgekommen, dass Teile der Geschäftsbedingungen gegen deutsches Recht verstoßen. Wenig überraschend ist das nicht passiert und so "wird der VZBV die Angelegenheit gerichtlich klären lassen und prüft derzeit den Umfang der Klageerhebung", so eine Sprecherin.

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Auch Ilse Aigner will ihre Kritik "wie in Vergangenheit auch direkt gegenüber Facebook deutlich machen", da sie "im Hinblick auf das Datenschutzrecht weiter erheblichen Nachholbedarf" sehe. Immerhin ist die an Technik "interessierte und von ihr faszinierte" Ministerin zuversichtlich, dass sie sich auch nach fünf Jahren Abwesenheit "schnell wieder bei Facebook zurechtfinden" werde.

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