Soziale Netzwerke:Kartellamt: Facebook missbraucht seine Macht

FILE PHOTO: Balloons are seen in front of a logo at Facebook's headquarters in London

Facebook hat nicht nur Ärger mit deutschen Datenschützern, sondern nun auch mit der obersten Wettbewerbsbehörde.

(Foto: REUTERS)

Der Konzern habe ein "Quasi-Monopol", erklären die Wettbewerbshüter. Das gehe zu Lasten der Nutzer, die sich gegen den großen Datensammler nicht wehren könnten.

Von Jannis Brühl, München, und Benedikt Müller, Bonn

Das Bundeskartellamt wirft Facebook vor, seine marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen. Das soziale Netzwerk sei in der Lage, übermäßig viele Daten über seine Nutzer zu sammeln - ohne deren ausdrückliche Einwilligung. Damit verstoße der Konzern gegen europäische Datenschutzregeln. Diese vorläufige rechtliche Einschätzung hat das Kartellamt am Dienstag mitgeteilt. "Es handelt sich um ein komplexes Verfahren", sagte Andreas Mundt, Präsident der Behörde, der SZ. "Wir leisten hier auch Pionierarbeit."

Das Amt kritisiert, dass Facebook auch Daten zusammenführe, die seine Nutzer außerhalb des Netzwerkes hinterlassen: in den Diensten Whatsapp und Instagram, die zum Konzern gehören, aber auch auf Millionen anderen Webseiten. Viele Seiten im Netz haben den "Like-Button" von Facebook oder die Möglichkeit, sich im Netzwerk anzumelden, in ihre Inhalte eingebunden. Nutzer müssen diese Schnittstellen zu Facebook nicht einmal aktiv anklicken, schon der Besuch der externen Seite wird den Wettbewerbshütern zufolge an Facebook gemeldet. Dort werden die Informationen mit den Daten des Nutzers zusammengeführt. Er habe keine Möglichkeit, sich zu wehren.

Facebook ist das mit Abstand größte soziale Netzwerk, das über seine Schnittstellen weit ins Internet ausgreift. Diese Allgegenwart macht es Nutzern nach Ansicht des Kartellamts praktisch unmöglich, zu einem anderen Anbieter zu wechseln, für andere Unternehmen sei es kaum möglich, Konkurrenzangebote zu etablieren. Weil Facebook kostenlos sei, gebe es zwar keine finanziellen Nachteile für Nutzer. Der Schaden liege "in einem Kontrollverlust für den Nutzer: Er kann nicht mehr selbstbestimmt über seine persönlichen Daten verfügen", heißt es in der Erklärung des Amtes. Das sei keine reine Frage des Datenschutzes, sondern auch eine kartellrechtliche: Bei Netzwerk-Unternehmen wie Facebook kann der "Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten" laut Gesetz Grund für eine marktbeherrschende Stellung sein.

Verfügung gegen Facebook möglich

Das Netzwerk muss nun formell auf die Vorwürfe reagieren. "Wir sind mit Facebook im Gespräch", so Mundt. Wenn der Konzern seine Praxis verpflichtend anpasse, "würden wir das Verfahren beenden", sagte er. "Andernfalls können wir auch eine Verfügung gegen Facebook erlassen."

Yvonne Cunnane, europäische Datenschutzchefin des Unternehmens, bestritt, dass Facebook in Deutschland marktbeherrschend sei: "Beliebtheit ist nicht gleich Dominanz". Deutsche Nutzer hätten die Wahl, andere Netzwerke wie Snapchat zu nutzen. Das Kartellamt spricht dagegen von einem "Quasi-Monopol von Facebook mit mehr als 90 Prozent der Nutzeranteile". Facebook argumentiert auch, man halte sich an europäische Datenschutzgrundsätze. Cunnane zufolge gibt es keinen Grund, große Unternehmen wie Facebook strenger zu behandeln als kleine. Das Amt hingegen sieht sich in seinem Anfangsverdacht bestätigt, mit dem es 2016 das Verfahren einleitete. Eine Entscheidung soll frühestens im Frühsommer 2018 fallen.

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