Soziale Netzwerke:Facebook verstärkt Liebeskummer

Auf der Pinnwand ist der Schnappschuss des gemeinsamen Urlaubs noch für alle sichtbar, tatsächlich ist man aber längst kein Paar mehr: Facebook macht eine Trennung schmerzhafter, sagen Forscher. Und eine Sache fällt allen Facebook-Nutzern besonders schwer.

Von Regina Brand

Die Eltern haben noch Fotos zerrissen oder Liebesbriefe verbrannt. Im heutigen digitalen Zeitalter plagt man sich bei Liebeskummer hingegen mehr als früher. Zwar können digitale Fotos oder E-Mails mit einem Klick entfernt werden, die Überwindung dies zu tun, ist aber offensichtlich groß. Wie Wissenschaftler der University of California Santa Cruz herausgefunden haben, fällt Nutzern das Löschen von digitalen Fotos, Videos oder Nachrichten vor allem in sozialen Netzwerken nach einer Trennung besonders schwer. Für ihre Studie haben sie 24 Personen im Alter von 19 bis 34 Jahren befragt (hier als PDF).

Ein Drittel gab an, es nach einer Trennung nicht übers Herz zu bringen, die digitalen Erinnerungen aus ihrem persönlichen Account zu löschen. So horten sie Unmengen von Fotos lieber weiter in ihrem digitalen Fundus. Ob Smartphone, Laptop, Tablet oder Kamera - überall ist der digitale Besitz abgespeichert. "Viele Leute sammeln Unmengen von digitalen Besitztümern", sagt Psychologie-Professor Steve Whittaker. Nach Forschungsaufträgen unter anderem für IBM oder HP Labs untersucht er nun gemeinsam mit Corinna Sas (University Lancaster) die Interaktion zwischen Mensch und Computer.

Die digitalen Erinnerungen nach einer Trennung sollen die Personen so sehr belasten, dass sie kaum über den Liebeskummer hinwegkommen. Die Vielfalt der Endgeräte, auf denen das Material abgespeichert ist, erschwere es den Personen zusätzlich konsequent alles zu löschen.

Hinzu kommen technische Feinheiten der sozialen Plattformen. Bei Facebook können beispielsweise Fotos, auf denen man zwar selbst verknüpft ist, allerdings das Foto nicht eigens eingestellt hat, nicht einfach so gelöscht werden. Laut Whittaker und Sas benötige es eine hohe emotionale Anstrengung, um die Markierung der Fotos und damit die Verknüpfung mit dem eigenen Account zu entfernen.

Zugang für den Ex-Partner sperren

Die Hälfte der Befragten ist allerdings besonders rigoros: Direkt nach dem Beziehungs-Aus löschen diese Nutzer alle digitalen Erinnerungen an die verflossene Liebe und sperren den Zugang zum eigenen Profil oder streichen ihn oder sie von der Freundesliste. Im Nachhinein geben die Befragten allerdings an, dies meist zu bereuen. Der übrige Teil der Interviewten praktiziert dahingegen eine selektive Vorgehensweise und wählt mühselig aus, was weg muss und was bleibt. Eine Sache fällt allen Facebook-Nutzern besonders schwer: das Abändern des Beziehungsstatus in "Single".

Um dem Kummer ein schnelles Ende zu bereiten, schlagen Whittaker und Sas vor, dass Softwarelösungen entwickelt werden müssten, die Personen dabei unterstützen, ihre eigenen Fotos und Texte schnell aus dem Internet zu nehmen.

Mithilfe biometrischer Gesichtserkennung, maschinellem Lernen oder automatischer Erkennung von Texteinheiten sollten die persönlichen Spuren rasch gelöscht werden können. Ein weiterer Vorschlag ist, mithilfe einer speziellen Software das digitale Erinnerungsmaterial wenigstens vorübergehend an einem bestimmten Ort abzuspeichern. Nach dem Motto "Aus den Augen, aus dem Sinn". Mindestens so lange, bis der Trennungsschmerz überwunden ist.

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