Soziale Netzwerke:BH-Kampagne irritiert Facebook-Nutzer

Um auf Brustkrebs aufmerksam zu machen, geben Frauen auf Facebook intime Geheimnisse preis. Die Aktion findet nicht nur Zustimmung.

In den vergangenen Tagen dürften sich nicht nur männliche Facebook-Nutzer die Augen gerieben haben: Frauen, die sonst zu einer differenzierten Status-Nachricht durchaus fähig sind, hinterließen Meldungen wie "blau mit weißen Streifen", "rosa" oder "rote Spitze".

Soziale Netzwerke: Aus der Farbe ihres Büstenhalters machen derzeit einige Facebook-Nutzerinnen kein Geheimnis.

Aus der Farbe ihres Büstenhalters machen derzeit einige Facebook-Nutzerinnen kein Geheimnis.

(Foto: Foto: iStock)

Bei den Nachrichten handelte es sich nicht um einen Geheimcode oder die Nachwirkungen von LSD-Konsum, sondern um die BH-Farbe der Frauen. Eine Kettenmail, so die berichtet die Washington Post, hatte Facebook-Nutzer dazu aufgefordert, diese zu veröffentlichen, um Brustkrebs ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Inzwischen kursiert eine solche Aufforderung auch auf dem deutschen Studenten-Netzwerk StudiVZ, meldet das Blog Basicthinking.

Da viele Frauen der Aufforderung folgten und das Geheimnis ihrer Unterwäsche preisgaben, ist die Kampagne in den USA bereits zum Gesprächsthema geworden. Woher die ursprüngliche Kettennachricht stammt, ist derzeit allerdings unklar. Eine amerikanische Vertreterin des Vereins "Susan G. Komen", der sich weltweit für die Heilung von Brustkrebs einsetzt, begrüßte die Aktion: Man sei nicht involviert, doch handele es sich um ein "großartiges Instrument, um ein Bewusstsein für das Thema zu erzeugen" , ließ eine Sprecherin verlauten. "Wir hoffen, dass Menschen nun auch etwas tun. Macht Euch schlau, lasst eine Mammographie machen."

"Gutgemeint, aber ziemlich blöde"

Allerdings sind nicht alle Stimmen so wohlwollend: Im Netz macht bereits der Begriff "Slacktivism" die Runde. Das Wort ist eine Mischung aus Slackertum und Aktivismus und bezeichnet bequeme Symbolgesten per Mausklick, die keine realen Folgen auf politische oder soziale Entwicklungen haben.

"Es ist harmlos, aber sinnlos", schreibt die Gesundheitsbloggerin Mary Carmichael auf Newsweek.com, "im Moment kann es niemanden auf der Welt geben, der nicht weiß, dass es Brustkrebs gibt. Wir brauchen keine kontextfreie Erinnerung an seine Existenz, sondern Heilungsmethoden und wissenschaftliche Klarheit darüber, was ihn verhindern hilft." Die Lifestyle-Bloggerin Jessica Wakeman bezeichnet die Aktion als "gutgemeint, aber ziemlich blöde".

Neben einer Debatte hat die Kettenmail auch diverse Variationen zur Folge: In einer Facebook-Gruppe schließen sich Männer zusammen, um der Welt die Farbe ihrer Boxershorts mitzuteilen ("Es ist Zeit, dass auch Jungs die Farbe ihres Unterkleids verkünden"); Trittbrettfahrer versuchen Frauen dazu zu überreden, um der guten Sachen Wille Fotos von sich in Unterwäsche hochzuladen.

Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums erkranken jedes Jahr alleine in Deutschland mehr als 57.000 Frauen an Brustkrebs, etwa 17.000 sterben an den Folgen. Auch etwa 230 bis 500 Männer pro Jahr erkranken.

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