Sony-Datenklau:Vorsicht, Datenspur im Netz

Bislang fehlt den Menschen das Bewusstsein für den Wert der Informationen, die sie im Netz hinterlassen. Der Fall Sony muss die Bürger nun aufrütteln: Ihre Daten sind ständig in Gefahr.

Thorsten Riedl

Einkaufen war früher so einfach. Jeder konnte in den Laden gehen, sich unbelästigt umschauen, an der Kasse in aller Ruhe zahlen, ohne Angst, dieser Kauf könnte ihm im Nachhinein noch Schwierigkeiten bereiten.

Datendiebstahl auch bei Sonys Computerspiele-Dienst

Sony-Messestand (Archiv): Der Imageschaden für das Unternehmen lässt sich kaum beziffern.

(Foto: dpa)

Wie folgenreich ist das nun im Internet: Name, Adresse, Geburtsdatum, Informationen über Kreditkarte oder Bankkonto, der Datenhunger der Verkäufer kennt keine Grenzen - die Offenheit der Kunden allerdings auch nicht. Der Fall Sony zeigt, wohin Fragelust und Freigebigkeit führen: Wer nur einmal seine Daten dem japanischen Elektronikkonzern preisgegeben hat, muss fortan in Angst leben, zum Opfer von Cyberkriminellen zu werden.

Informationen aus mehr als 100 Millionen Nutzerkonten sind Sony abhanden gekommen, darunter sehr persönliche Daten. Der Imageschaden für das Unternehmen lässt sich kaum beziffern.

Schon wird der Ruf laut, Sony-Chef Howard Stringer müsse gehen. Zu lange hat sich der Konzern Zeit gelassen, die Kunden nach dem Diebstahl zu warnen. Das Krisenmanagement ist eine Katastrophe; genau genommen gibt es das auch zwei Wochen nach dem Raub noch nicht.

Der Datendiebstahl geht weit über den Einzelfall Sony hinaus, und hat inzwischen auch viele Surfer nachdenklich gestimmt: Wem gebe ich eigentlich welche Daten, und was geschieht mit ihnen?

Nahfeldchips locken Gauner an

Das ist neu, denn in einer modernen Welt, die auf Informationen baut, fehlt bislang das Bewusstsein für den Wert der eigenen Daten. Das ist umso bedauerlicher, als die nächste technische Entwicklung bereits bevorsteht: Das Handy wird künftig Brieftasche und mobiler Datenspeicher zugleich - und damit zum Angriffsziel Nummer eins.

Die Bilder der Party vom Wochenende finden sich bei Facebook, die eigenen Vorlieben ebenso, die beruflichen Stationen stehen auf Xing. Seine Meinung gibt jeder freimütig in Internetforen preis. Beim Auktionshaus Ebay lässt sich verfolgen, wer was gekauft hat.

Datenkunde als Schulfach

Das Netz ist voll von freiwilligen Spuren. Und Suchmaschinen wie Google spüren alles auf, machen das Erstellen eines persönlichen Profils zum Kinderspiel. Dazu kommen Daten, die bei Händlern hinterlassen werden im guten Glauben, dort seien sie sicher aufgehoben.

Moderne Mobiltelefone verknüpfen all das mit einer weiteren wertvollen Angabe: dem Standort. Apple und Google wissen, wo ihre Kunden sich aufhalten. Künftig wird das Handy weitere Aufgaben übernehmen, das Bezahlen im Geschäft etwa, auch eine Ausweisfunktion liegt im Bereich des Möglichen.

Schließlich hat jeder sein Gerät immer dabei. So vielfältig allerdings Datenspuren und Möglichkeiten moderner Technik sind, desto kreativer werden die Bösen, die das Geld lockt, das sich mit den Informationen machen lässt.

Angesichts solcher Aussichten bedarf es eines neuen Umgangs der Nutzer mit ihren Daten: Jeder muss in jedem Einzelfall entscheiden, welche persönlichen Angaben er preisgibt. Eigene Fotos sind schlecht aufgehoben im Netz, das nichts vergisst.

Braucht der Onlinehändler die private Mail oder reicht eine mit Verfallsdatum? Im Web lassen sich solche Adressen einrichten, die nach einiger Zeit nicht mehr funktionieren. Muss es der eigene Name sein, genügt ein Pseudonym? Statt mit Kreditkarte lässt sich mit Bankeinzug zahlen, jederzeit widerrufbar.

Prinzip Versuch und Irrtum

Wie bei jeder neuen Technik gilt: Das Internet bietet Annehmlichkeiten fürs Leben, aber auch Gefahren. Wie bei jedem Fortschritt müssen wir lernen, mit beidem umzugehen. Die Gesellschaft steht hierbei noch ganz am Anfang. Längst müsste in der Schule Datenkunde auf dem Plan stehen. Stattdessen gilt auch dort weiterhin das Prinzip Versuch und Irrtum.

Das Lehrgeld im Fall Sony ist für die Betroffenen hoch. Es wäre ein kleiner Ausgleich, wenn es zu einem Umdenken bei vielen anderen Nutzern führte.

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