So sahen Futurologen 2010:Schatz, die Raketenpost ist da

Briefe kommen per Rakete, der Chef taucht in der Brille auf, und die Sowjets manipulieren uns mit gemeinen Tönen: Das prophezeiten Futurologen in den vergangenen 60 Jahren für 2010.

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Zukunftsprognosen 2010

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Briefe kommen per Rakete, der Chef taucht in der Brille auf und die Sowjets manipulieren uns mit gemeinen Tönen: Das prophezeiten Futurologen in den vergangenen 60 Jahren für das Jahr 2010.

Die Brille mit dem Chef

1999 schrieb Michio Kaku, einer der Top-Physiker der USA, seine Visionen für die technologischen Revolutionen des 21. Jahrhunderts auf. Darin stellt er unter anderem eine Chef-Brille vor: "Ihre Brille wird irgendwann vollkommen ans Internet angeschlossen sein, da können Sie irgendwann am Strand liegen und plötzlich meldet sich Ihr Chef über Ihre Sonnenbrille", schrieb er. Die Internetbrille ist bislang ebensowenig Realität wie Kakus Vision von der Toilette, die sofort Körperflüssigkeiten analysiert und Gesundheitstipps gibt. Allerdings gab der Forscher einen Zeitkorridor bis 2020 an - es kann also noch viel passieren.

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Die Raketenpost

1969 gehörte das Stanford Research Institute zu den ersten vier Knotenpunkten des Internets, doch die Idee einer elektronischen Post schien offenbar zu gewagt. In ihren Zukunftsprognosen des Jahres 1970 gingen die Wissenschaftler deshalb von einer anderen Möglichkeit aus, Briefe zu transportieren: Die Post sollte im 21. Jahrhundert per Rakete verschickt werden - und so innerhalb weniger Stunden von einem Ende der Welt zum anderen gelangen. Die Idee wurde allerdings relativ schnell hinfällig: 1971 erfand der US-Informatiker Ray Tomlinson das erste E-Mail-Programm.

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Der automatische Chauffeur

Ende der fünfziger Jahre horchte der Westen auf: Erstmals präsentierten Sowjetforscher, wie sie sich das Leben in fünfzig Jahren vorstellten. Autos, so die Prophezeiung, werde es zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer noch geben. Die Lenkung würden jedoch "Automaten" übernehmen. Der Mensch sitzt auf dem Beifahrersitz und gibt per Zuruf Kommandos, so die Vorstellung. Tatsächlich arbeiten Automobilhersteller bereits an automatischen Pkw-Lenkungsprogrammen - ob diese dann allerdings wie von den Sowjetforschern vorhergesagt dafür sorgen, dass wir mit 250 km/h über die Landstraße preschen, ist zu bezweifeln.

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Gefährliche Melodien

Unter dem Namen "Wir werden es noch erleben" stellte die Münchner Abendzeitung im Jahr 1958 die Welt der Zukunft vor. Geprägt vom Kalten Krieg wurden dort auch heimtückische Erfindungen erwähnt, mit denen die Sowjetunion die Menschheit unter das Joch des Kommunismus zu bringen versuchen würden. So sollten künftig hohe, fast unhörbare Töne aus dem Osten kommen, um die Bürger der freien Welt einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Dagegen sind die prophezeiten Maschinen, die sich selbst nachbauen ("Roboter, die Kinder bekommen") schon beinahe das kleinere Übel.

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Internet mit Warteschleifen

Zur Jahrtausendwende blickte auch die inzwischen eingestellte Wochenzeitung Die Woche in die Zukunft. Dabei warnten die Autoren vor der "E-Depression". Dies, so die Erklärung, sei "eine neue Vokabel für Digital-Frust angesichts unzähliger ungelesener E-Mails und zermürbender Warteschleifen im Internet." Letztere dürften der Post-Modem-Generation heute so antiquiert wie die Idee der Raketenpost vorkommen.

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Briefmarkenkameras für alle

Bereits Anfang der neunziger lag der Wandel der Fotografie in der Luft. Einige Futurologen lehnten sich dabei weit aus dem Fenster: In zwei Jahrzehnten, so sagten sie vorher, würden wir alle mit Videokameras in der Größe einer Briefmarke ausgestattet sein. Tatsächlich gibt es inzwischen solche Mini-Kameras, allerdings dürfte die Forscher von damals eine andere Tatsache viel mehr erstaunen: Mobiltelefone sind inzwischen auch Fotoapparate.

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Datenschutz als Bürgerrecht

1987 warf eine deutsche Forschergruppe des Technologiekonzerns IBM einen Blick in die Zukunft. Neben vielen korrekten Prognosen wie der Digitalisierung des Büroalltags und des Privatlebens lagen die Wissenschaftler allerdings auch daneben: "Auch im Jahre 2010 wird die aufgeklärte und demokratische Gesellschaft ihre spezifischen Ängste haben, aber sie werden wenig mit dem Computer zu tun haben", zitiert die FAZ das Papier, "Themen wie 'Angst vor Überwachung', 'Jobkiller', 'Datenschutz' u. a. werden nicht mehr im Zusammenhang mit dem Computer gesehen. Datenschutz wird als Bürgerrecht akzeptiert und respektiert sein." Datenschützer mögen sich heute wünschen, IBM hätte mit der Prognose recht behalten.

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Zurück zur Offline-Welt

Die Datenflut sorgt für eine neue Umweltverschmutzung und die "Überbetonung der totalen Computisierung wird zu Ende gehen", erklärte der Zukunftsforscher Matthias Horx in einem Interview im Jahr 1999. Horx, der sich zu Unrecht in die Rolle des Internetpessimisten gedrängt sieht, hat 2010 Unrecht: Computer bestimmen unseren Alltag, das Internet ist mit Hilfe von Smartphones inzwischen überall erreichbar und längst für Informationssammlung, Einkäufe oder Reisebuchungen der erste Anlaufpunkt. Glaubt man der aktuellen Mediendebatte über die Freuden des Offline-Lebens, könnte er allerdings durchaus noch recht behalten. Ob wir allerdings jemals wieder "Schriftgröße 18 verwenden und die Nachrichten auf Büttenpapier drucken" werden (Zitat 2002), ist durchaus anzuzweifeln.

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Künstliche Menschen sind die besseren Gesprächspartner

Der amerikanische Futurologe Ray Kurzweil prophezeite 2002 in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit nicht nur virtuelle Räume, in denen wir uns in 3-D treffen können, sondern auch künstlich erzeugte Personen. "2010 wird man die noch nicht mit wirklichen Menschen verwechseln, aber sie dürften ganz unterhaltsam sein", sagte er. Von virtuellen Menschen ist jenseits von Spambots, die mit allzu hölzern wirkenden Skype-Nachrichten die Kontodaten von Internetnutzern erschnüffeln wollen, allerdings bislang wenig zu sehen. Oder sind sie längst unter uns?

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Überwachte Welt ohne Verbrechen

Im Jahr 1999 versuchte sich der Science-Fiction-Schriftsteller Arthur C. Clarke, der gemeinsam mit Stanley Kubrick das Drehbuch zu 2001: Odyssee im Weltraum geschrieben hatte, an einer Prognose der nächsten hundert Jahre. Für das Jahr 2010 sah er eine zunehmende elektronische Überwachung vorher - eine Vision, die in Zeiten von Vorratsdatenspeicherung und Kameras auf zahlreichen öffentlichen Plätzen durchaus in Grundzügen nachvollziehbar ist. Bei der Konsequenz lag Clarke jedoch falsch: Er prophezeite, dass 2010 buchstäblich alle Berufskriminellen aus der Gesellschaft verbannt sein würden - diese Vorstellung bleibt weiterhin Science-Fiction.

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Der faltbare Monitor für die Handtasche

Im Jahr 1998 befragte das Bundesforschungsministerium rund 2000 Experten über ihre Visionen für die Zukunft. Heraus kam die "Delphi-Studie" mit mehr als 1000 Thesen - viele davon allzu optimistisch. So fliegen 2010 weder Autos über den US-Himmel, noch gibt es den "faltbaren Monitor für die Handtasche". Wozu auch zusätzliche Monitore, in Zeiten von Smartphones, E-Book-Readern und Tablet-Computern?

© sueddeutsche.de/Johannes Kuhn/holz
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