Smartphones:Es muss nicht immer Apple sein

Das iPhone 4 ist gut gelungen, aber teuer. Andere Handys, am besten solche mit Android-Betriebssystem, haben aufgeholt.

Helmut Martin-Jung

Wann hätte man jemals gehört, dass Käufer nächtelang Schlange stehen für ein Mobiltelefon, auf dessen Rückseite kein angebissener Apfel prangt?

Smartphones: Eine Frage der Apps: Die Konkurrenz schickt sich an, den Smartphone-Markt endlich nicht mehr Apple und dem iPhone zu überlassen.

Eine Frage der Apps: Die Konkurrenz schickt sich an, den Smartphone-Markt endlich nicht mehr Apple und dem iPhone zu überlassen.

(Foto: ag.ap)

Nein, es ist das iPhone und das iPhone allein, das einen solch unwiderstehlichen Kaufreiz auslöst. Seit kurzem ist die vierte Generation des Multimediahandys zu haben, und man fragt sich: Machen die anderen Hersteller wirklich alles falsch? Dazu haben wir uns das jüngste iPhone sowie einige wichtige Konkurrenten angeschaut.

Das iPhone galt zwar schon immer als ein Muster dafür, wie man an sich komplizierte Minicomputer einfach bedienbar macht. Doch stets mäkelten Technikkundige daran herum, was dem schicken Multimediatelefon alles noch fehle.

Designerstück aus gehärtetem Glas

Allzu viel bleibt ihnen bei Apples jüngstem Wurf nicht mehr übrig. Und die Verkaufs- und Wachstumsraten des iPhones haben ohnehin gezeigt, dass es dem größten Teil der Kundschaft nicht auf noch mehr innere Werte ankommt, sondern um das Gerät an sich.

So ist das neue iPhone ein Designerstück aus gehärtetem Glas und Spezialstahl. Um den Akku zu wechseln, braucht man aber noch immer Spezialwerkzeug, die Kopplung mit bestimmten Freisprechanlagen im Auto funktioniert nicht, Flash-Videos kann auch das neue iPhone nicht abspielen und ein Steckplatz für Speicherkarten fehlt.

Dass die Antennen für die verschiedenen Funkstandards nun im Stahlrahmen sitzen, merken viele Benutzer daran, dass die Gesprächsqualität absinkt, wenn sie den Rahmen an einer bestimmten Stelle mit der Hand abdecken.

Gut gelungenes Werk

Der Rest aber ist gut gelungen: Der Bildschirm löst doppelt so hoch auf wie der alte, lässt sich aber auch bei Sonnenlicht noch ablesen. Das Konzept der Bedienung mit den Fingern hat Apple perfektioniert.

Und dann sind da noch die Apps: Eine Goldgrube für Apple und manche erfolgreiche Autoren sowie mittlerweile ein gutes Verkaufsargument. Die erstmals in einem iPhone eingebaute Zweitkamera erlaubt Videotelefonie nur über Apple, nur mit anderen neuen iPhones und nur über Wlan.

Android-Handys und Samsungs Wave

Handys mit Googles Betriebssystem Android sind die ernstzunehmendste Konkurrenz für Apple. Immer mehr Geräte drängen auf den Markt und mit jeder neuen Version des Betriebssystems werden Schwächen und Fehler ausgebügelt.

So richtig ausreizen lassen sie sich allerdings nur, wenn man tief ins Google-Universum eintaucht und dem Konzern seine Daten anvertraut. Das Legend genannte Smartphone von HTC ist Googles eigenem Nexus One sehr verwandt.

Sein Bildschirm aus organischen Leuchtdioden (OLED) ist ebenfalls knackscharf, bei Sonnenlicht aber nicht gut abzulesen. Die Bedienung geht nahezu ebenso flüssig von der Hand wie bei Apple, Googles Marketplace hält mehr und mehr Apps bereit.

Mit seinem USB-Anschluss lässt sich das Handy auch als externe Festplatte nutzen - sehr praktisch. Das Legend mit seinem Alugehäuse sieht auch chic aus, kostet ohne Vertrag nur wenig mehr als 400 Euro und ist mithin eine empfehlenswerte Alternative.

Samsung wird knackscharf

Samsungs Wave genanntes Smartphone war eine der meistbeachteten Neuvorstellungen der weltgrößten Messe des Gewerbes in Barcelona. Der Bildschirm - mit der von Samsung selbst entwickelten SuperAmoledTechnik - ist extrem scharf und kontrastreich.

Auch bei hellem Umgebungslicht lässt er sich noch gut ablesen. Samsung hat auch das Betriebssystem selbst entwickelt. Es heißt Bada und basiert wie Googles Android auf Linux. Android-Apps laufen allerdings nicht auf Bada. Somit ist man darauf angewiesen, was Samsung selbst und jene Entwickler produzieren, die Programme für diese Plattform schreiben wollen.

Viele, das kann man vermuten, werden es nicht sein, da nicht sicher abzuschätzen ist, wie verbreitet Bada einmal sein wird. Zum Datenaustausch dient eine Kies getaufte Software, die allerdings noch nicht in einem Zustand ist, dass man sie empfehlen könnte.

Auch nach dreimaligem Installieren brach die Synchronisation mit Outlook mit kryptischen Fehlermeldungen ab; und auch ließ sich die neue Betriebssoftware für das Handy nicht installieren. Hier muss Samsung nachlegen, sonst wird es auch nichts helfen, dass das Wave, ein technisch und haptisch ansprechendes Gerät, schon für gut 320 Euro zu haben ist.

Palm: Kleine Kunststoffbomber

Mit großen Erwartungen gestartet und dann relativ bald abgeschmiert: das Multimediahandy Pre des früheren Taschencomputer-Herstellers Palm.

Es gefällt wegen seines innovativen Betriebssystems WebOS und erlaubt, mehrere Anwendungen gleichzeitig offen zu lassen, sodass man auch mal schnell zurückspringen kann - zum Beispiel, um etwas aus einem Programm in ein anderes zu kopieren.

Eine ziemlich gute Figur machen das Pre und sein kleinerer Bruder Pixi auch, wenn es darum geht, mehrere Mailzugänge zu verwalten, den privaten und den Firmenaccount zum Beispiel.

PIxi schlägt Pre

Das Pixi (350 Euro) kann sein Plastikgehäuse zwar nicht verleugnen, ist angesichts seiner Leistungsstärke aber erstaunlich flach. Mit seinen kleinen Tasten, die sich durch die runden Kuppen recht gut treffen lassen, spricht es Nutzer an, die sich mit virtuellen Tastaturen nicht anfreunden mögen.

Die Palm-Geräte lassen sich recht leicht zum Beispiel mit Musik bespielen, ihr Speicher (bis 16 GB bei Pre) ist aber fest eingebaut und nicht erweiterbar. Ein hübscher Gag ist der sogenannte Touchstone, eine induktive Ladestation, auf der die Handys einfach zum Laden abgelegt werden können.

Uns gefiel das flache Pixi besser als das Pre, obwohl das größere Gerät einen schnelleren Prozessor hat, mehr Speicher und auch einen größeren Bildschirm. Das Kleine ist handlicher und wirkt angenehmer als das Pre, das durch die Verwendung von Kunststoff schon sehr als Plastikbomber daherkommt.

Eine Frage der Apps

Auch für Palm-Handys gibt es einen eigenen App-Store, für den allerdings ähnliches gilt wie bei Samsung. Die Plattform spielt nur eine Nebenrolle - was sich ändern könnte, wenn HP, Palms neuer Eigner, wirklich wie angekündigt auf das Betriebssystem setzt. Die Palm-Handys allein konnten jedenfalls keinen großen Markt für Apps schaffen.

Fazit: Wem das iPhone zu teuer ist, für den ist ein Android-Gerät wie das Legend die attraktivste Wahl. Statt in den Fängen von Apple ist man dann eben in denen Googles.

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